Bundesstrafgericht14 Richter*innen müssen in Intrigen-Affäre in Ausstand treten
aula, sda
20.12.2023 - 12:15
In der Affäre um Intrigen am Bundesstrafgericht müssen alle 14 Richterinnen und Richter der Berufungskammer in den Ausstand treten. Es gibt Zweifel an ihrer Unabhängigkeit.
Keystone-SDA, aula, sda
20.12.2023, 12:15
20.12.2023, 15:39
SDA
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In der Affäre um Intrigen am Bundesstrafgericht müssen alle 14 Richterinnen und Richter der Berufungskammer in den Ausstand treten.
Das hat eine ausserordentliche Berufungskammer am Mittwoch entschieden.
Der Fall dreht sich um eine Anzeige von Richterin Andrea Blum. Sie wirft drei Bundesrichtern unter anderem Verleumdung, üble Nachrede und Amtsmissbrauch vor.
Die Aufarbeitung eine Affäre am Bundesstrafgericht ist um ein Kapitel reicher: Alle 14 Richterinnen und Richter der Berufungskammer müssen in den Ausstand treten. Das entschied eine ausserordentliche Berufungskammer, die aus drei kantonalen Obergerichtspräsidenten besteht, am Mittwoch.
In der Affäre geht es um eine Strafanzeige aus dem Jahr 2020 von Richterin Andrea Blum, Vizepräsidentin der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts. Die Anzeige richtet sich gegen die damaligen Mitglieder der Verwaltungskommission des Bundesgerichts: Bundesgerichtspräsident Ulrich Meyer, Vizepräsidentin Martha Niquille und Bundesrichter Yves Donzallaz.
Blum wirft ihnen Verleumdung, üble Nachrede, falsche Anschuldigung, Nötigung und Amtsmissbrauch vor. Die drei hätten in einem Untersuchungsbericht angedeutet, dass Blum das Amtsgeheimnis verletzt habe.
Verständnis des Durchschnittslesers
Den Aufsichtsbericht hatte die Verwaltungskommission im April 2020 veröffentlicht. Erstellt hatte sie ihn wegen Vorwürfen, die sich um mutmassliche Fehltritte am Bundesstrafgericht drehten. Die Rede war von Sexismus, Mobbing, Spesenreiterei, Liebschaften und mehr.
Im Bericht wird Blum – neben weiteren Personen – namentlich genannt. So heisst es darin, Blum habe als Vizepräsidentin der Berufungskammer gerichtsintern ungelöste Probleme, «vorab über das zu Nationalrat Pirmin Schwander bestehende Vertrauensverhältnis, ins Parlament» hineingetragen.
«Das direkte Angehen von Rats- oder Kommissionsmitgliedern durch Übermittlung von Informationen und Dokumenten aus dem Gericht durch einzelne Richterpersonen verletzt auch das Amtsgeheimnis.» Allein der Präsident vertrete das Bundesstrafgericht gegenüber dem Parlament, «was Bundesstrafrichterin Blum (...) durch den damaligen Präsidenten Ponti unmissverständlich klargemacht worden war.»
Für Blum versteht ein Durchschnittsleser diese Passagen so, dass ihr Amtsgeheimnisverletzung vorgeworfen wird. Gleich lasen auch verschiedene Medienvertreter die besagten Zeilen und berichteten entsprechend darüber. Und auch die Geschäftsprüfungskommission der beiden Räte verstand sie so.
Aus diesem Grund reichte Blum im Juli 2020 Strafanzeige gegen die drei Bundesrichter ein. Mit ihrer Klage scheiterte sie danach bereits mehrere Male. Doch das Ausstandsgesuch wurde nun teilweise gutgeheissen.
Zweifel an Unabhängigkeit
Die drei Obergerichtspräsidenten aus St. Gallen, Zürich und Aargau kamen nämlich zum Schluss, dass die Kollegialität zwischen den Richtern und der beschwerdeführenden Richterin zwar nicht ausreiche, um den Anschein der Befangenheit zu begründen. Doch in diesem Fall sei Blum nicht nur ein Mitglied der Beschwerdekammer, sondern auch deren Vizepräsidentin.
In dieser Funktion führe sie in vielen Verfahren den Vorsitz des Gremiums. Es liege damit auf der Hand, dass «von aussen und objektiv der Eindruck entsteht», dass die anderen Richterinnen und Richter möglicherweise nicht ausreichend unabhängig und unbefangen über die Anträge ihrer eigenen Vizepräsidentin entscheiden könnten.
So könnten in den Augen Aussenstehender Zweifel entstehen, wenn «die gleiche Richterperson im einen Fall mit ihren Kolleginnen im Richtergremium sitzt und im nächsten Fall den gleichen Kollegen als Partei gegenüber steht». Deshalb sei das Ausstandsgesuch für die Richter der Berufungskammer gutzuheissen.
Blum hatte auch verlangt, dass mehrere Richterinnen und Richter der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts in den Ausstand treten müssen. Da es bei diesen beiden Instanzen aber kein Abhängigkeitsverhältnis gebe, wurde dieses Gesuch abgewiesen, gleich wie die Forderung nach einem Ausstand der Gerichtsschreiber. Der Entscheid ist nicht rechtskräftig und kann an das Bundesgericht weitergezogen werden.
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