Aussergewöhnliche Trockenheit 40 Tage kein Regen – Frösche, Fische, Kulturpflanzen bedroht

Von Julia Käser

24.4.2020

Bern, Genf, Basel – vielerorts ist im April bisher kein einziger Regentropfen gefallen. Hält die aussergewöhnliche Trockenheit an, drohen erste Kulturpflanzen abzusterben. Auch Tierarten sind bedroht. 

12. März 2020: Es war der letzte Tag, bevor der Lockdown in der Schweiz Realität wurde und die Corona-Pandemie alles andere in ihren Schatten stellte. Gleichzeitig war es auch jener Tag, an dem die ununterbrochene Trockenheit in Genf ihren Anfang nahm. Kein einziger Regentropfen ist in der Welschen Stadt seitdem gefallen. 

So wurde am Donnerstag der bisherige lokale Rekord von 41 Tagen  pausenloser Trockenheit aus dem Jahr 1896 übertroffen, wie «MeteoNews» berichtet. Auch in Basel und Bern ist der April bis anhin ausnahmslos trocken geblieben. Seit dem 29. März hat es in diesen Städten keine Niederschläge mehr gegeben. 

Bei «MeteoSchweiz» heisst es, der Schweiz fehle aktuell die Regenmenge von deutlich mehr als einem Monat. Und das hat Folgen: Wegen drohender Waldbrandgefahr wurden in verschiedensten Kantonen bereits Feuerverbote verhängt. Auch die Tierwelt ist betroffen.

«Schlimmstenfalls fehlen ganze Jahrgänge von Fröschen»

Allen voran Amphibien und Fische würden unter dem ausbleibenden Regen leiden, sagt Rico Kessler, Sprecher von Pro Natura, zu «Bluewin». «Ausgewachsene Frösche zum Beispiel mögen die feuchte Witterung. Sie stellt eine ideale Bedingung für ihre Wanderungen dar.» Bei anhaltender Trockenheit werde das Jagen und Wandern für Amphibien problematisch.

Durch den zunehmenden Wassermangel drohen darüber hinaus kleine Gewässer wie Tümpel auszutrocknen. Laut Kessler führt das wiederum dazu, dass sämtliche Kaulquappen sterben. «Schlimmstenfalls werden regional ganze Jahrgänge von Fröschen fehlen.»



Und noch etwas bereitet Kessler Sorgen. Weil im Winter verhältnismässig wenig Schnee gefallen sei und Bäche und Flüsse wenig Schneeschmelze führten, seien sie bereits vor dem Regenmangel verhältnismässig leer gewesen – eine Bedrohung für die Fische. «Die Lage spitzt sich vor allem im Jura zu, wo überhaupt kein Schmelzwasser fliesst. Fällt in den nächsten Tagen kein Regen, müssen erste Gewässer elektrisch abgefischt werden.»

«Ohne Regen in 5 bis 10 Tagen sterben erste Pflanzen ab»

Die für diese Jahreszeit herausragend lange Trockenperiode wirkt sich weiter auf die Landwirtschaft aus – wenn auch nicht überall im selben Ausmass, wie Sandra Helfenstein vom Schweizer Bauernverband (SBV) gegenüber «Bluewin» erklärt. «Vor allem im Mittelland, dem Jurabogen und im Südtessin ist es besonders trocken. Das Gras wächst nicht mehr.»

Im Prinzip sei ein trockener Frühling vorteilhaft, die Pflanzen würden unter diesen Bedingungen tiefere Wurzeln schlagen. Zudem kämen sie der Erledigung der Feldarbeit entgegen, sagt Helfenstein. So hielten sich die meisten Ackerkulturen im Moment noch gut. «Gemüse, Obst, Beeren sowie Frühkartoffeln und zum Teil auch andere Kulturen werden bewässert.»

Doch das Ganze habe seine Grenzen: «Irgendwann brauchen die Kulturpflanzen Wasser, damit sie nicht absterben. Ohne Niederschläge erreichen wir diesen Punkt je nach Ort und Ausgangslage in den nächsten fünf bis zehn Tagen.»

Vorerst besteht noch Hoffnung für die Bäuerinnen und Bauern. Beginne es bald und in ausreichenden Mengen zu regnen, würde sich die Situation gemäss Helfenstein schnell bessern. 

Tendenz Richtung Niedrigwassersituation

Das Niederschlagsdefizit vom März und April wirkt sich schliesslich auch auf die Wasserstände von Seen und Flüssen aus – besonders im Mittelland, Jura und Südtessin. Laut Michèle Oberhänsli, Hydrologin beim Bundesamt für Umwelt, seien von den grösseren Flüssen die Aare, die Limmat sowie der Hochrhein betroffen.



Bei den grösseren Seen in der Schweiz erweise sich nur der Wasserstand des Zugersees als deutlich zu niedrig. Leicht unterdurchschnittlich hoch seien die Wasserstände des Bodensees, Genfersees, Sarnersees sowie des Lago Maggiore und des Lago di Lugano.

«Momentan haben wir es mit keiner Niedrigwassersituation zu tun, doch in den nächsten Tagen oder Wochen kann sich die Lage weiter in diese Richtung akzentuiert», sagt Oberhänsli. Nebst dem Regenmangel habe dies zwei weitere Gründe.

Erstens sei der Winter 2019/2020 unterdurchschnittlich schneereich ausgefallen, was zu weniger Schmelzwasser führe. Zweitens habe die Schneeschmelze infolge der hohen Lufttemperaturen sehr früh eingesetzt und ist für diese Jahreszeit in den meisten Regionen und Höhenlagen bereits sehr fortgeschritten.

Prognosen deuten auf verbreiteten Regen hin 

Wie sich die Lage entwickelt, hängt laut der Expertin von den Niederschlagsmengen der nächsten Wochen ab. «Ich gehe davon aus, dass zwei oder drei mehrtätige Niederschlagsphasen ausreichen, damit die Wasserstände der Gewässer im Flachland wieder auf einem saisonal durchschnittlichen Niveau sind.»

Klar ist: Bleibt es in Basel und Bern an den restlichen sechs Tagen dieses Monats trocken, wäre dies nach 1893 erst der zweite je gemessene niederschlagsfreie April. Laut «MeteoNews» ist damit aber nicht zu rechnen. Eine zunehmende Schauerneigung zeichne sich ab. Spätestens Mitte nächster Woche soll es schliesslich zu verbreitetem Regen kommen. 

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