Asbest-OpferSchweiz muss Hinterbliebenen Genugtuung zahlen
SDA/tmxh
13.2.2024 - 20:20
Erneut muss die Schweiz die Hinterbliebenen von Asbest-Opfern entschädigen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sprach einer Witwe und deren Sohn eine Genugtuung von 20'800 Franken zu.
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13.02.2024, 20:20
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In einem Asbestfall muss die Schweiz abermals die Hinterbliebenen der Opfer entschädigen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Schweiz wegen Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren verurteilt.
Einer Witwe und deren Sohn wurde eine Genugtuung von 20'800 Franken zugesprochen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Schweiz erneut in einem Asbestfall wegen Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren verurteilt. Er hat einer Witwe und deren Sohn eine Genugtuung von 20'800 Franken zugesprochen.
Wie in anderen Fällen brach die Krankheit erst nach Ablauf der früher geltenden absoluten Verjährungsfrist von zehn Jahren aus. Heute beträgt sie 20 Jahre. Der Erkrankte konnte noch selbst eine Strafanzeige wegen schwerer Körperverletzung einreichen. Im Jahr 2006 starb er jedoch während des laufenden Verfahrens.
Seine Ehefrau und sein Sohn führten die Sache weiter und verlangten auf dem zivilrechtlichen Weg eine Genugtuung von der Eternit AG, zwei Söhnen des früheren Firmenbesitzers und den SBB. Das Bundesgericht wies ihre Forderung im November 2019 mit Verweis auf die Verjährung ab.
Die Lausanner Richter hatten die Revision des Verjährungsrechts abgewartet. Das Verfahren stand allein deshalb viereinhalb Jahre still. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Schweiz deshalb zudem wegen der langen Verfahrensdauer verurteilt.
Schädiger über Opfer gestellt
Der Gerichtshof schreibt in seinem Entscheid, es gebe keine wissenschaftlich anerkannte maximale Latenzzeit zwischen der Asbestexposition und dem Auftreten von Krebs. Es könne 15 bis 45 Jahre oder noch länger dauern, bis die Krankheit ausbreche. Dieser Umstand muss gemäss EGMR bei der Bemessung der Verjährungsfrist berücksichtigt werden.
Im vorliegenden Fall sei das nicht geschehen. Die Schweizer Justiz sei davon ausgegangen, die Verjährungsfrist habe mit der letzten Asbest-Exposition im Jahr 1972 zu laufen begonnen. Der Erkrankte habe damit keinerlei Möglichkeit gehabt, fristgerecht zu handeln.
Darüber hinaus kritisiert der Gerichtshof, dass die Schweizer Justiz der Rechtssicherheit der für den Schaden verantwortlichen Personen mehr Gewicht beigemessen habe, als dem Recht der Opfer auf Beurteilung ihrer Sache durch ein Gericht.
Der Verstorbene lebte in seiner Kindheit von 1961 bis 1972 in unmittelbarer Nähe des Eternit-Fabrikgeländes in Niederurnen GL in einem Haus, das der Eternit AG gehörte.