Abschottung unerwünschtBesuchsverbote sind dem Virus egal – Altersheime in der zweiten Welle
tafi
20.10.2020
Nach der strengen Abschottung im Frühjahr, setzen Alters- und Pflegeheimen im Coronaherbst Beschränkungen zurückhaltender ein. Statt strikte Besuchsverbote zu verhängen, setzt man auf punktuelle Massnahmen.
Die Heime sind nicht mehr so streng wie im Frühjahrs-Lockdown, und das ist auch gut so, wie die Fachwelt laut «Neue Zürcher Zeitung» konstatiert. «Für eine nationale Abriegelung von Heimen wie im Frühling gibt es keinen Grund», diktiert etwa Markus Leser vom Alters- und Pflegeheimverband Curaviva der NZZ in den Notizblock.
Die zweite Welle der Coronapandemie ist längst da, aber sie ist kein Grund, die Bewohnerinnen und Bewohner der Schweizer Alters- und Pflegeheime erneut komplett abzuschotten. Statt strikter Besuchsverbote und Ausgehbeschränkungen mit ihren Langzeitfolgen, gelte es nun vielmehr, allfällige Massnahmen punktuell einzusetzen und überlegt zu dosieren.
Ein Besuchsstopp hält das Virus nicht auf
Dies zum Wohl der Seniorinnen und Senioren. «Auch mit einem Besuchsstopp lässt es sich nicht verhindern, dass das Virus ins Heim kommt», begründet Gaby Bieri die neue Zurückhaltung der Heime. Manchmal seien es eben auch Mitarbeitende, die das Virus ins Heim tragen.
Die Direktorin der Pflegezentren der Stadt Zürich sagt zwar, dass die Massnahmen seit Montag strenger geworden sind und etwa Besuche auf den Zimmern nicht mehr erlaubt seien. Aber es sei weiterhin möglich, dass Angehörige in die Cafeteria oder in den Eingangsbereich kommen und mit den Bewohnerinnen und Bewohnern im Freien spazieren gehen.
Auch andere Häuser seien im Coronaherbst weniger streng, als noch vor einem halben Jahr, schreibt die NZZ und beruft sich auf eine Recherche unter privaten Heimen und Alterszentren. So seien bei Firma Senevita (29 Heime schweizweit) weiterhin Besuche mit Maske erlaubt, und Senioren dürften das Heim verlassen. Bei der Tertianum-Gruppe (70 Heime) würde Angehörigen bei Besuchen die Temperatur gemessen, und es gäbe Verhaltensempfehlungen, wie etwa den Verzicht auf Restaurantbesuche.
Heime brauchen Spielräume
Die punktuellen Massnahmen finden bei Markus Leser von Curaviva Anklang. «Jetzt ist das Vorgehen viel differenzierter», freut er sich und fordert statt strenger landesweiter Regulierung das konsequente Umsetzen bekannter Schutzmassnahmen: «Masken tragen, Hände desinfizieren, allgemein die Hygieneregeln einhalten.»
Mini-Lockdowns in einzelnen Einrichtungen seien zwar weiterhin denkbar, weiss Andreas Stuck, Präsident der Schweizerischen Fachgesellschaft für Geriatrie. Aber es müsse «national geregelt sein, dass Heime Besuche erlauben – es sei denn, ein Heim kämpft mit einem Ausbruch und wird unter Quarantäne gestellt.»
Stuck wünscht sich daher ein «nationales Schutzkonzept für Heime in genügendem Detaillierungsgrad». Die Heime bräuchten Spielraum und die Bewohner Transparenz.