ETH-Studie zeigt Bevölkerung macht sich immer mehr Sorgen um die Weltlage

gg, sda

26.3.2024 - 14:00

Angesichts der vielen weltweiten Krisen sieht die Schweizer Bevölkerung die weltpolitische Zukunft immer pessimistischer. (Themenbild)
Angesichts der vielen weltweiten Krisen sieht die Schweizer Bevölkerung die weltpolitische Zukunft immer pessimistischer. (Themenbild)
Keystone

Die Schweizer Bevölkerung beurteilt die weltpolitische Lage immer negativer. Nur 18 Prozent sahen Anfang Jahr gemäss einer Umfrage positiv in die Zukunft.

Keystone-SDA, gg, sda

Pessimistischere Haltung zur weltpolitischen Lage, weniger Vertrauen in Bundesrat und Parlament, kritischere Rückmeldungen zur Entwicklungshilfe: Die Einstellungen der Schweizer Bevölkerung haben sich vor dem Hintergrund verschiedener Kriege gewandelt.

Das ergab die diesjährige Studie «Sicherheit 2024», die auf einer Meinungsumfrage im Januar basiert. Die Militärakademie (Milak) und das Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich veröffentlichten die Resultate am Dienstag. Aktualität erhält die Untersuchung durch den andauernden Ukraine-Krieg sowie den im Oktober 2023 ausgebrochenen Israel-Gaza-Krieg.

Insgesamt bewerteten die Stimmberechtigten die zukünftige Entwicklung der weltpolitischen Lage signifikant weniger optimistisch als noch Anfang 2023. Nur 18 Prozent sahen die Zukunft der weltpolitischen Lage optimistisch, was laut den Studienautoren dem tiefsten Wert seit Messbeginn im Jahr 2015 entsprach.

Die Zukunft der Schweiz wurde dagegen von fast vier von fünf Befragten optimistisch eingeschätzt. «Trotz der Kriege ist das allgemeine Sicherheitsempfinden in der Bevölkerung hoch», hiess es in der Studie. 92 Prozent der Befragten fühlten sich in der Schweiz sicher.

Das Vertrauen in die Institutionen blieb gemäss der Studie hoch. Jedoch vertraute die Stimmbevölkerung dem Bundesrat und dem Parlament im Januar 2024 weniger als ein Jahr zuvor. Laut den Studienautoren hat dies mit den vergleichsweise hohen Vertrauenswerten während der Corona-Krise zu tun.

Nato-Annäherung und Neutralität

Grösstenteils stabil blieb die Haltung der Befragten zu verschiedenen aussen- und sicherheitspolitischen Themen. Weiterhin unterstützte eine klare Mehrheit eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit mit EU (76 Prozent), das Engagement der Schweiz in der Uno und eine vermehrte Konfliktvermittlung durch die Schweiz.

Nachdem sich im vergangenen Jahr 55 Prozent der Befragten für eine Annäherung ans nordatlantische Verteidigungsbündnis Nato ausgesprochen hatten, waren es im Januar 2024 52 Prozent. Im Gegensatz zu diesen laut den Studienautoren stabilen Werten ging die Zustimmung für mehr Entwicklungshilfe signifikant um 7 Prozentpunkte zurück, wurde aber trotzdem von einer Mehrheit von 58 Prozent unterstützt.

Wie im Vorjahr wurde das Neutralitätsprinzip von 91 Prozent der Stimmberechtigten befürwortet. Gleichzeitig veränderten sich die Einstellungen der Befragten bezüglich der Schweizer Sanktionen gegenüber Russland signifikant, wie die Studienautoren mitteilten. Obschon immer noch eine Mehrheit von der Richtigkeit der Sanktionen und der Vereinbarkeit der Sanktionen mit der Neutralität überzeugt war, wurden tiefere Zustimmungswerte gemessen.

Forderung nach höherem Armeebudget

Vermehrt in den Fokus rückte im Jahresvergleich der Wunsch, dass die Einsatzfähigkeit der Schweizer Armee gestärkt werden soll. So wünschten sich mehr Stimmberechtigte eine «sehr gut ausgebildete» (92 Prozent; +3 Prozentpunkte) sowie eine «vollständig ausgerüstete» Armee (79 Prozent; +3 Prozentpunkte).

Bemerkenswert ist laut den Studienautoren der hohe Anteil an Personen, welche die Ausgaben für die Landesverteidigung als zu gering einschätzen (20 Prozent, +6 Prozentpunkte). «Dass jede fünfte Person die Armeeausgaben als zu gering einstuft, ist in der Längsschnittanalyse seit 1986 ein historisch hoher Wert.»

Hervorzuheben sei auch, dass insgesamt die Wichtigkeit von Armeeaufgaben aus Sicht der Stimmbevölkerung im Vergleich zur Zeit vor gut zwanzig Jahren zugenommen habe, so die Studienautoren. Schweizerinnen und Schweizer gingen davon aus, dass sich die Armee um mehr Aufgaben kümmern müsse als in früheren Jahren.

Seit dreissig Jahren wird befragt

Es falle auf, bilanzieren die Studienautoren, dass seit der Invasion Russlands einer Nato-Annäherung überdurchschnittlich stark zugestimmt werde, währenddessen die Neutralität seit dann vergleichsweise kritischer bewertet werde.

Die ETH-Organisationen führen die Studienreihe zur aussen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Meinungsbildung seit 1993 jährlich durch. Für die aktuelle Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut Yougov Schweiz (ehemals Link) vom 3. bis 22. Januar telefonisch 1223 repräsentativ ausgewählte Stimmberechtigte.