Rede vor KongressBiden bezeichnet Schweiz als Steueroase – Maurer widerspricht
sda
29.4.2021 - 21:26
Ueli Maurer widerspricht Joe Biden, der die Schweiz in seiner Rede vor dem US-Kongress als Steueroase bezeichnete. Der Bundesrat schickte ein Schreiben an die US-Regierung.
Keystone-SDA, sda
29.04.2021, 21:26
30.04.2021, 05:16
SDA
Joe Biden hat in seiner ersten Ansprache als US-Präsident vor dem Kongress die Schweiz im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung genannt und als Steueroase bezeichnet. Bundesrat Ueli Maurer widersprach umgehend und schickte ein Schreiben an die US-Regierung.
Die Schweiz sei ein Land, das sämtliche internationale Verpflichtungen vollumfänglich erfülle und sehr transparent sei, sagte Finanzminister Maurer in einem Interview mit dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) vom Donnerstag. «Ich denke nicht, dass das wirklich die Haltung der Regierung ist, sondern da haben die Redenschreiber die aktuellen Fakten noch nicht gekannt.»
Die Schweiz habe sich schriftlich bei der Biden-Administration gemeldet. Zudem will Maurer seinen Standpunkt bei einem Treffen mit US-Finanzministerin Janet Yellen in einigen Wochen nochmals persönlich darlegen.
«Ich glaube, solche Dinge passieren», sagte Maurer weiter. Biden sei als Präsident neu, er habe einfach eine Rede abgelesen. «Die Fakten sind ja völlig anders, es muss uns also nicht wirklich erschrecken.»
«Das ist nicht richtig»
Der 78-jährige Biden hatte am Mittwoch (Ortszeit) im Kapitol in Washington vor den beiden Kammern des US-Kongresses am Vorabend seines 100. Tages im Amt eine 65-minütige Ansprache gehalten. Darin kritisierte er unter anderem 55 der grössten Unternehmen in Amerika. Diese hätten im letzten Jahr keine Bundeseinkommenssteuer gezahlt und zugleich aber mehr als vierzig Milliarden US-Dollar Gewinn gemacht.
«Viele Unternehmen hinterziehen Steuern durch Steueroasen – von der Schweiz über die Bermudas bis zu den Cayman Islands», sagte Biden weiter. Sie profitierten von Steuerschlupflöchern und der Verlagerung von Arbeitsplätzen und Gewinnen nach Übersee. «Das ist nicht richtig.»
Die Schweiz war in der Vergangenheit wegen ihrer Steuerprivilegien für ausländische Unternehmen insbesondere von der EU und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kritisiert worden. Ein Dorn im Auge waren den Kritikern nach der Finanzkrise unter anderem die kantonalen Steuervergünstigungen für Holding- und andere Spezialgesellschaften. Die EU-Finanzminister führten die Schweiz vorübergehend auf einer grauen Liste mit Steueroasen.
Mit der jüngsten AHV-Steuerreform schaffte die Schweiz die kritisierten Steuermodelle per Anfang 2020 teils ab oder passte sie an, darunter die steuerfreie Ausschüttung von Kapitaleinlangen. Börsenkotierte Unternehmen dürfen nun steuerfrei nur noch den Betrag aus den Einlagen ausschütten, den sie auch als steuerbare Dividende auszahlen.
Internationale Debatte über Mindeststeuern
International ist seit jüngst eine Debatte zur Angleichung der Gewinnsteuern von international tätigen Firmen im Gang. US-Finanzministerin Janet Yellen forderte Anfang Monat die Einführung eines globalen Mindeststeuersatzes von 21 Prozent.
Die Idee würde den Druck auf Tiefsteuerländer wie die Schweiz erhöhen. Der durchschnittliche ordentliche Gewinnsteuersatz in der Schweiz beträgt laut der Beratungsfirma KPMG aktuell 14,9 Prozent.
Die USA arbeiten mit der G-20-Gruppe führender Volkswirtschaften zusammen, um einen Konsens in der Frage zu finden. An der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank Anfang April gingen die Meinungen über die Höhe einer solchen Steuer auseinander.
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