Boris Johnson wird seinen Hut in den Ring um die Nachfolge der britischen Premierministerin Theresa May werfen. Das bestätigte er am Freitag am Swiss Economic Forum (SEF) in Interlaken.
Weiter Stellung nehmen zu seiner Kandidatur wollte der ehemalige britische Aussenminister zwar nicht. Aber er erklärte dafür, wie er sich das weitere Vorgehen beim Austritt der Briten aus der EU vorstellt. Dabei dient ihm auch die Schweiz als Vorbild.
«Die Frage ist, ob am Schluss der Wille des Volkes siegt», sagte Johnson im Gespräch mit Moderator Urs Gredig. Ein zweites Referendum hält der ehemalige Londoner Bürgermeister aber für keine gute Idee, es könnte Grossbritannien noch mehr spalten. «Es würde möglicherweise sowieso zum selben Ergebnis kommen.»
Bereit sein für No-Deal-Brexit
Johnson plädierte für mehr Härte gegenüber der EU: «Man muss in den Verhandlungen bereit sein, den Verhandlungstisch zu verlassen.» Diese Bereitschaft habe der bisherigen Regierung gefehlt. Man müsse auch klar sagen, dass ein No-Deal-Brexit ein realistisches Szenario sei.
Johnson zeigte sich sehr optimistisch, dass der Brexit positiv herauskommen könnte. Grossbritannien könnte zahlreiche Freihandelsabkommen aushandeln. «Der freie Handel ist bedroht. Wir wollen ihn verteidigen und ich denke, dass wir das können.»
Gemeinsamkeiten mit Schweiz
Johnson machte auch mehrmals klar, dass er die Schweiz als Vorbild sieht. Die Schweiz werde in Grossbritannien bewundert. «Gebt nicht nach», sagte er mit Blick auf das Rahmenabkommen mit der EU.
Ihm sei bewusst, dass die EU auch wegen des Brexit härter gegenüber der Schweiz auftrat. «Das ist ein Grund, warum ich hierherkam. Wenn ihr stark bleibt, bleiben wir auch stark.» Grossbritannien wolle wie die Schweiz die wirtschaftliche Nähe zur EU erhalten, aber die rechtliche Beziehung verändern.
Die grösste Bedrohung für den Wohlstand Grossbritanniens sei auch nicht der Brexit, sagte Johnson weiter, sondern Jeremy Corbyn, der Chef der Oppositionspartei Labour.
Neuer Ansatz möglich
Wie schon über Twitter drückte Johnson seinen Respekt für die abtretende Premierministerin aus: «Theresa hat unglaublich hart gearbeitet, sie war geduldig und stoisch.» Ihr Nachfolger oder ihre Nachfolgerin werde aber die Möglichkeit haben, die Dinge ganz anders anzugehen.
Johnson hatte in der Abstimmung zum Austritt Grossbritanniens aus der EU die Brexit-Befürworter angeführt. Der Politiker der Konservativen Partei hatte sich nach dem Abstimmungsergebnis überraschend nicht als neuer Premierminister beworben. Johnson übernahm aber bald darauf in der Regierung Mays das Amt des Aussenministers. Vor einem Jahr trat er allerdings im Streit über die Brexit-Pläne zurück.
Heute gilt der Brexit-Hardliner als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge von Premierministerin und Parteichefin Theresa May. May hatte am Freitagvormittag bekanntgegeben, ihr Amt als Parteichefin am 7. Juni abzugeben. Die Amtsgeschäfte als Premierministerin will sie noch weiterführen, bis ein Nachfolger gewählt ist. Der Posten des Premierministers wird traditionell mit dem Chef der britischen Regierungspartei besetzt.
May war schon länger unter Druck. Mit ihren Brexit-Plänen lief sie beim Parlament dreimal auf. Den Austrittstermin musste sie deshalb mehrmals verschieben, die aktuelle Frist läuft bis Ende Oktober.
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