Red Bull Music Festival Bruchlandung – Zürcher Clubs stutzen Red Bull die Flügel

tsch

6.11.2018

Musiker und Zürcher Clubs laufen Sturm gegen Red Bull und wollen wegen rechtspopulistischer Äusserungen von Firmenchef Dieter Mateschitz nicht mehr mit dem Red Bull Music Festival zusammenarbeiten.
Musiker und Zürcher Clubs laufen Sturm gegen Red Bull und wollen wegen rechtspopulistischer Äusserungen von Firmenchef Dieter Mateschitz nicht mehr mit dem Red Bull Music Festival zusammenarbeiten.
Jean-Christophe Dupasquier/Red Bull Content Pool

In der Zürcher Szene brodelt es: Clubs und Musiker kündigen die Zusammenarbeit mit Red Bull auf. Sie werfen Konzernchef Dieter Mateschitz rechtspopulistische Äusserungen vor. Für den Brausegiganten könnte das ein Problem werden.

An Red Bull gibt es kein Vorbeikommen. Selbst wer noch nie eine Dose geleert hat, kennt den Energydrink aus Österreich. Wenn die Firma von Dieter Mateschitz eins richtig macht, dann ist es das Marketing. Fussballclubs in Salzburg, Leipzig, New York, Brasilien und Ghana tragen den Firmennamen, der deutsche Eishockeymeister aus München auch, ebenso ein Team in der Formel 1. Dazu kommen unzählige Aktivitäten in Extremsportarten, beim Wintersport, spektakulären Flugshows und Musikfestivals.

Eines davon ist das Red Bull Music Festival in Zürich, dass heuer vom 6. bis 10. November stattfindet. Doch von dort spürt der Brausegigant nun Gegenwind. Wegen rechtspopulistischer Äusserungen von Firmenchef Dieter Mateschitz kündigte unter anderem der Zürcher Club Zukunft die Zusammenarbeit mit dem Festival auf, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Die Macher kündigten bei Facebook an, ab 2019 nicht mehr «mit Red Bull und der Red Bull Music Academy zusammenzuarbeiten». Zudem wolle der Club auch keine Getränke von Red Bull mehr ausschänken.

Hintergrund der Aktion ist ein Interview, dass Mateschitz bereits im April 2017 der «Kleinen Zeitung» in Österreich gab. Darin wettert er dezidiert gegen die deutsche Flüchtlingspolitik, warnt vor der Destabilisierung Europas durch Einwanderer und versteigt sich zu der These, dass die Politik von einer intellektuellen Elite geführt werde und grundsätzlich die Meinungsfreiheit beschränke.

«Fremdenfeindliche Äusserungen und rechtspopulistischer Händel widersprechen unseren Prinzipien», sagen die Betreiber vom Club Zukunft. Ihrem Vorstoss sind mittlerweile andere Clubs gefolgt, auch immer mehr Künstler distanzieren sich von Red Bull. Für die Zürcher Szene ist Red Bull nicht mehr tragbar, der Konzern habe mit der Beförderung von rechtspopulistischen Thesen eine rote Linie überschritten.

Red Bull schweigt zu all dem eisern, obgleich man sich um ein klärendes Statement bemüht habe, wie Zukunft-Mitbetreiber Alex Dallas im «Tages-Anzeiger» sagt. «Red Bull stellt sich der Debatte nicht, was für uns ebenfalls ein Grund war, die Zusammenarbeit zu beenden.»

Dabei ist vor allem das Red Bull-Engagement in der Musikszene eigentlich eine gute Sache. Das Programm in Zürich zeugt von Diversität, hier bekommen vielfältioge Künstler auch aus experimentellen Sparten eine Bühne. Und gute Gagen, ohne die sie nicht leben können.

Eigentlich ist das Red Bull Music Festival Zürich eine gute Sache für die Schweizer Musikszenen, weil auch unbekanntere Künstler eine Bühne bekommen. Allerdings stehe der Konzern nicht für Weltoffenheit und Toleranz, wie die Zürcher Clubszene kritisiert.
Eigentlich ist das Red Bull Music Festival Zürich eine gute Sache für die Schweizer Musikszenen, weil auch unbekanntere Künstler eine Bühne bekommen. Allerdings stehe der Konzern nicht für Weltoffenheit und Toleranz, wie die Zürcher Clubszene kritisiert.
Flavio Leone / Red Bull Content Pool

Ob der Gegenwind aus Zürich ein laues Lüftchen bleibt oder sich zu einem Shitstorm auswächst, wird sich noch zeigen. Ungefährlich ist die Initiative der Musik- und Clubszene nicht für den Konzern. Davor warnt auch Marketingexperte Marcel Hüttermann von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in «20 Minuten»: «Die Aussagen schaden der Marke Red Bull enorm.»

Die Protestwelle gegen Red Bull stehe erst am Anfang, ist sich Hüttermann sicher. «Viele weitere Partner könnten folgen», glaubt der Wissenschaftler, der sich mit Markenemotionalisierung und Brand Managemant bestens auskennt. Weil Flüchtlinge auf der ganzen Welt ein Thema seien, sei es durchaus vorstellbar, dass sich die Debatte auf andere Länder und andere Szenen, etwa die Sportszene, ausweiteten.

Im schlimmsten Fall würde Red Bull keine Flügel mehr verleihen, sondern die eigenen gestutzt bekommen. Vor allem, wenn der Konzern weiterhin eisern zu den umstrittenen Äusserungen schweigt. Auch eine «Bluewin»-Anfrage, ob Dieter Mateschitz bereit sei, mit den Protagonisten der Zürcher Musikszene in einen Dialog zu treten, um eventuelle Missverständnisse auszuräumen, blieb unbeantwortet. «Red Bull nimmt keine Stellungnahme zu politischen Themen», hiess es lapidar in einer Mail von Red Bull.

Für welche Werte Red Bull stehe? «Wir unterstützen Visionen und Ideen sowie aussergewöhnliche Persönlichkeiten, jeglicher Kultur und unabhängig von Religion und Überzeugung – bei der Verwirklichung ihrer Träume in den Bereichen Musik, Tanz, Sport, Kunst und Social Entrepreneurship», schrieb das Unternehmen weiter. Wer sich ein Urteil über Red Bull bilden möchte, möge sich «am besten unser Programm anschauen, das spricht für sich.» Oder man liest ein Interview mit Dieter Mateschitz.

Bilder aus der Schweiz
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