«Ich hätte Lust, das zu wiederholen»Bündner Richter soll Praktikantin vergewaltigt haben
Lea Oetiker
31.10.2024
Der Ex-Richter soll im Dezember 2021 eine damals 24-jährige Praktikantin vergewaltigt haben. In den Monaten zuvor habe er sie wiederholt sexuell belästigt. Seit heute, Donnerstag muss er sich vor Gericht verantworten.
Lea Oetiker
31.10.2024, 11:56
Lea Oetiker
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Der ehemalige Bündner Richter Manuele G. aus Chur steht wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Ausnützung einer Notlage vor Gericht.
Er soll seine damals 24-jährige Praktikantin vergewaltigt haben.
Danach soll er ihr gedroht haben, ihre Anwaltsprüfung zu sabotieren, wenn sie jemandem davon erzählt.
Am Donnerstagmorgen muss der Bündner Ex-Richter aus Chur M.G. sich vor Gericht verantworten. Vorgeworfen werden ihm Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und Ausnützung einer Notlage.
Er soll im Dezember eine damals 24-jährige Praktikantin in seinem Büro vergewaltigt haben. In den Monaten zuvor soll der Richter die junge Frau immer wieder sexuell belästigt haben. Er streitet sämtliche Vorwürfe ab und sagt, der Sex sei einvernehmlich gewesen.
Nach dem Vorfall arbeitet der Richter noch ein ganzes Jahr weiter, als wäre nichts gewesen. Erst Recherchen des Portals «Inside Justiz», der «SonntagsZeitung» und «Südostschweiz» und eine Strafanzeige brachten den Juristen später aber zu Fall.
Die Informationen, die das Regionalgericht Plessur in Chur im Vorfeld der Gerichtsverhandlungen preisgibt, sind spärlich, wie der «Blick» schreibt.
Richter soll Praktikantin am Abend ins Büro bestellt haben
Die Strafanzeige der Anwältin der betroffenen Praktikantin aus dem März 2022 liegt der Zeitung vor. Darin steht: Der Richter soll die junge Frau am Abend des 13. Dezember 2021 zu sich ins Büro bestellt haben. Er wolle mit ihr noch Fälle besprechen, die bearbeitet werden müssen.
Dort habe er ihr Tee angeboten und die Vorhänge zugezogen. Sie sprachen über Berufliches, Privates und Halbprivates. Dann hörten die beiden die Eingangstüren des Gerichtsgebäudes ins Schloss fallen. Sie waren allein.
Daraufhin habe der Richter die Praktikantin angefangen zu küssen und ihr unters T-Shirt zu gefasst. Als sie sich wehren wollte, habe sie gemerkt, dass er bereits ihre Hose geöffnet hatte. In der Strafanzeige steht: «Er schob ihr unerwartet seine Hand in ihre Unterhose, während er sich gleichzeitig mit der anderen Hand selbst befriedigte», schreibt der «Blick».
Die Frau soll sich gewehrt und versucht haben, das Büro zu verlassen. Der Richter habe ihr dann den Weg abgeschnitten. Dann soll er sie vergewaltigt haben.
Nach dem Übergriff habe die Praktikantin das Büro verlassen wollen. «Ihre Beine versagten jedoch, und sie sackte zu Boden», schildert die Anwältin den Vorfall in der Strafanzeige.
Nach der Vergewaltigung sprach er über Konzerte
M.G. habe so getan, als wäre nichts gewesen. Er habe sie nach ihrem Lieblingslied gefragt, zeigte ihr seine Playlist und erzählte von Konzerten, die er besucht habe. Sie sass zitternd am Boden.
Als sie es schaffte, das Büro zu verlassen, fuhr sie mit ihrem Freund ins Spital, um Beweise zu sichern. In ihrem Unterleib fand man die DNA des Richters, wie «Inside Justiz» berichtet.
Der Richter schrieb ihr nach der Tat mehrere Nachrichten. Unter anderem: «Ich hätte Lust, das zu wiederholen.» Daraufhin holte sie sich notfallmässig Hilfe von einer Psychiaterin und wurde krankgeschrieben.
Übergriffe bereits vor der Tat
Laut Strafanzeige sei die junge Frau schon mehrere Monate vor der Tat vom Richter sexuell belästigt worden. Komplimente und Anzüglichkeiten seien fast an der Tagesordnung gewesen. Wie «Blick» schreibt, soll er auch in einem internen Chat Nachrichten geschrieben haben, wie: «I will di. Freu mi schu uf mora.» Oder auch: «I halts nüm us» und «gsehsch umwerfend us».
Vor der Tat soll M.G. sie mehrmals zu küssen versucht und sein Geschlechtsteil an ihr gerieben haben. Er soll ihr angeboten haben, sich auf seinen Schoss zu setzen. Diese Grenzüberschreitungen habe die damals 24-Jährige jederzeit «durch Zurückweichen oder Wegstossen» abgelehnt.
Die Angst, ihre Praktikumstelle zu verlieren und ihre berufliche Laufbahn in Gefahr zu bringen, habe die junge Frau davon abgehalten, die Vorkommnisse zu melden. Zudem habe der Richter ihr vor der Tat erklärt, dass Richter im Kanton Graubünden «unantastbar» seien, heisst es in der Anzeige weiter.
Beschuldigte soll seine Situation ausgenutz haben
Laut den Gerichtsankündigungen des Regionalgerichts Plessur betont die Staatsanwaltschaft, dass sich die Gerichtspraktikantin in einem Abhängigkeitsverhältnis befunden habe. Der Beschuldigte soll diese Situation zu seinem Vorteil ausgenutzt haben.
Die Anklage umfasst auch den Vorwurf, dass der ehemalige Richter im Herbst 2023 der Praktikantin anonym gedroht haben soll, ihre Anwaltsprüfung zu sabotieren.
Gegenüber «Inside Justiz» stritt der Richter respektive seine Anwältin die Vorwürfe ab. Der sexuelle Kontakt sei einvernehmlich gewesen. Es gilt die Unschuldsvermutung.