Hunderte Eritreer mit vorläufiger Aufnahme in der Schweiz haben in diesen Tagen Post vom Bund erhalten. Der zusammengefasste Inhalt: Ihr Status wird überprüft. Die Behörden setzen damit ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts um.
Dieses war Ende August 2017 zum Schluss gekommen, dass eritreische Staatsangehörige, die ihre Dienstpflicht geleistet haben, bei der Rückkehr ins Heimatland nicht generell mit erneuter Einberufung in den Nationaldienst oder mit Bestrafung rechnen müssen. Eine Rückkehr in ihr Heimatland sei deshalb nicht generell unzumutbar.
Weil die Bundesbehörden von Gesetzes wegen alle vorläufigen Aufnahmen regelmässig überprüfen müssen, hat dieses Urteil nun auch Auswirkungen auf die Asylpraxis gegenüber Eritreerinnen und Eritreern in der Schweiz.
3200 Dossiers in Überprüfung
Konkret überprüft das Staatssekretariat für Migration (SEM) derzeit die Dossiers von 3200 der insgesamt 9400 vorläufig aufgenommenen Eritreerinnen und Eritreer. In den Briefen an die Betroffenen heisst es: "Das SEM beabsichtigt deshalb, Ihre vorläufige Aufnahme aufzuheben und den Vollzug der Wegweisung anzuordnen."
SEM-Sprecher Martin Reichlin bestätigte am Mittwochabend auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA entsprechende Informationen der Sendung "Rundschau" des Schweizer Fernsehens (SRF). Er betont, dass die betroffenen Personen die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs hätten. Jeder Fall werde individuell geprüft.
Fakt ist: Die Schweiz kann zurzeit gar keine Menschen zwangsweise nach Eritrea zurückführen. Der Wille des ostafrikanischen Landes, geflüchtete Staatsangehörige wiederaufzunehmen, fehlt ebenso wie ein Rückübernahmeabkommen mit der Schweiz. Bleiben Betroffene in der Schweiz, haben sie nur noch Anspruch auf Nothilfe.
Deserteure nicht betroffen
Das SEM checkt unter anderem Dossiers von Personen, die ihre Dienstpflicht bereits geleistet haben und erst danach aus Eritrea ausgereist sind. Das Bundesverwaltungsgericht hatte in einem spezifischen Fall entschieden, dass solche Personen bei der Rückkehr ins Heimatland nicht generell mit erneuter Einberufung in den Nationaldienst oder mit Bestrafung rechnen müssen.
Aus Sicht der Richter in St. Gallen droht solchen Betroffenen keine menschenrechtswidrige Behandlung. Dasselbe gilt für Eritreer und Eritreerinnen, die ihre Situation mit dem Heimatstaat geregelt haben und über den sogenannten Diasporastatus verfügen.
Das Bundesverwaltungsgericht verschärfte mit diesem Urteil die Praxis nicht zum ersten Mal. Bereits im Februar 2017 hatte es bestätigt, dass Eritreer nicht mehr als Flüchtlinge anerkannt werden, nur weil sie ihr Heimatland illegal verlassen haben.
Es gibt weitere Asylgründe
Laut SEM-Sprecher Reichlin setzt der Bund mit seinem Vorgehen nun das Leiturteil vom Sommer 2017 um. "Die Justiz gibt die Richtung vor." Anpassungen der Asyl- und der Wegweisungspraxis gebe es immer wieder, in den vergangenen Jahren beispielsweise auch für Staatsangehörige aus Sri Lanka oder aus Balkanstaaten.
Reichlin fügte auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA an, dass die Praxisänderung nicht heisse, dass alle Eritreer kein Recht mehr hätten auf eine vorläufige Aufnahme. "Wer Schutz braucht, soll Schutz in der Schweiz erhalten."
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