Empfehlung ignoriert Bundesamt für Verkehr gerät nach tödlichem Zugunfall in die Kritik

uri

11.9.2019

Die Problematik um gefährliche Zugtüren ist noch nicht aufgearbeitet. (Symbolbild)
Die Problematik um gefährliche Zugtüren ist noch nicht aufgearbeitet. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Nachdem jüngst in Baden AG ein SBB-Zugchef in einer Zugtüre eingeklemmt und tödlich verletzt wurde, gerät ein ähnlicher Vorfall in den Fokus, der sich bereits vor drei Jahren ereignet hat.

Schon vor dem tödlichen Arbeitsunfall eines SBB-Zugchefs in Baden AG kam es im Jahr 2016 zu einem ähnlichen Unglück: Damals wurde eine Frau an der Haltestelle Zürich Schweighof schwer verletzt, als sie in einer Türe der Linie S10 der Sihltal Zürich Uetliberg Bahn eingeklemmt und mitgeschleift wurde.

Untersucht wurde der Unfall damals durch die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust). Die Behörde stellte laut SRF den «gefährlichen Umstand» fest, dass eine Person habe eingeklemmt werden können, ohne dass der Lokführer dies über eine Kontrolllampe angezeigt bekommen hätte.

Keine Abklärungen bei anderen Bahnunternehmen

An das Bundesamt für Verkehr BAV sprach die Sust in diesem Zusammenhang eine Sicherheitsempfehlung aus, wonach das Amt überprüfen sollte, «ob bei anderen Fahrzeugtypen ein ähnliches Sicherheitsdefizit vorliegt». Gegebenenfalls sollten auch geeignete Massnahmen für die Problembehebung ergriffen werden.

Das BAV unternahm laut der «Rundschau» keine dokumentierten Abklärungen bei anderen Bahnunternehmen. «Aus Sicht des BAV liegt bei anderen Fahrzeugen kein vergleichbares Sicherheitsdefizit vor. Massnahmen zu dessen Behebung sind somit obsolet. Die Sicherheitsempfehlung Nr. 121 ist umgesetzt», hiess es in einer Antwort des BAV an die Sust, die der «Rundschau» vorlag. Einen Schriftenwechsel mit den SBB gab es offenbar nicht.

Empfehlung «nicht auf einen Fahrzeugtyp beschränkt»

Die Sust wolle den Fall Schweighof nun wieder in die aktuellen Untersuchungen zum Unglück in Baden mit einbeziehen, berichtet das Magazin. Christoph Kupper, Bereichsleiter Bahn bei der Sust, vermutet gegenüber der «Rundschau», dass das Problem beim aktuellen Unfallwagen der SBB womöglich entdeckt worden wäre, hätte man damals eine Prüfung aller Wagentypen durchgeführt.

Das BAV rechtfertigte sich angeblich im Nachhinein sinngemäss damit, dass man nur typähnliche Fahrzeuge der Unfallwagen der Sihltal Zürich Uetlibergbahn SZU in Betracht gezogen habe. Und kein anderes Unternehmen habe vergleichbare Türen mit so breiten «Gummilippen» – sie gelten als Einklemmrisiko –, im Einsatz gehabt.

Die Sust hält indes dagegen, dass die eigene Empfehlung eben «nicht auf einen Fahrzeugtyp beschränkt» gewesen sei. Es sei darum gegangen, herauszufinden, «ob ähnliche Defizite auch bei anderen Fahrzeugtypen und Bahnunternehmungen vorhanden sein könnten».

Kritik von Verkehrspolitikern

Kritische Reaktionen hat der Vorgang bereits bei Verkehrspolitikern unterschiedlicher Parteien hervorgerufen. Philipp Hadorn (SP/SO) erklärte gegenüber SRF: «Wenn damals Massnahmen umgesetzt worden wären, wäre das schlicht nicht passiert. Das darf nicht sein!»

Ob das BAV «seine Aufsichtspflichten genügend wahrgenommen» habe, stellte Thierry Burkart (FDP/AG) infrage. Michael Töngi (Grüne/LU) kündigte an: «Wir müssen bei der GPK das Problem anschauen und die Stellen einladen – und je nachdem muss das BAV in dem Bereich nachbessern.»

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