Knall im EDA Livia Leu übernimmt EU-Dossier: «Es gibt viel zu tun»

SDA/jka/aka

14.10.2020

Die neue Nummer 2 im Aussendepartement: EU-Chefunterhändlerin Livia Leu.
Die neue Nummer 2 im Aussendepartement: EU-Chefunterhändlerin Livia Leu.
Bild: Screenshot Pressekonferenz

Sesselrücken im Streit ums EU-Rahmenabkommen: Der bisherige EU-Chefunterhändler Roberto Balzaretti muss das Europa-Dossier an Livia Leu abgeben. Jetzt sprechen Leu und Bundesrat Cassis an der Pressekonferenz.

Was gestern bereits gemunkelt wurde, wird von Bundesrat Ignazio Cassis heute Mittwoch bestätigt: Der bisherige EU-Chefunterhändler Roberto Balzaretti wird neuer Botschafter in Paris. Das Europa-Dossier übernimmt die heutige Frankreich-Botschafterin Livia Leu.

Das beschloss der Bundesrat an seiner Sitzung vom Mittwoch. Die personellen Neubesetzungen im Eidgenössischen Departement für äussere Angelegenheiten (EDA) hatten sich in den vergangenen Tagen abgezeichnet.

Botschafterin Livia Leu zwischen dem damaligen Präsidenten von Frankreich François Hollande und Simonetta Sommaruga. 
Botschafterin Livia Leu zwischen dem damaligen Präsidenten von Frankreich François Hollande und Simonetta Sommaruga. 
Bild: Keystone

Der 55-jährige Tessiner Balzaretti hatte 2018 das Rahmenabkommen mit der EU ausgehandelt, das innenpolitisch umstritten und in der vorliegenden Form nicht mehrheitsfähig ist. Nun verliert er seine Stellung als ranghöchster und wichtigster Schweizer Diplomat und seinen Titel als Staatssekretär.

Leu erbt Schleudersitz

Nun soll Leu das Europadossier übernehmen. Sie leitet ab sofort die Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA) und wird damit Chefunterhändlerin für die Verhandlungen mit der EU. Sie erhält dazu den Titel einer Staatssekretärin.



Leu ist seit Anfang 2016 bereits die fünfte Spitzendiplomatin, die das EU-Dossier verantworten wird. Vor ihr und Balzaretti haben sich schon Yves Rossier, Jacques de Watteville und Pascale Baeriswyl erfolglos die Zähne am Rahmenabkommen ausgebissen.

Die personelle Neubesetzung kann als Zeichen gegenüber Brüssel verstanden werden, dass Schwung in die vertrackte Sache gebracht werden soll. Zwar schliesst die EU Neuverhandlungen über die Kernpunkte des Rahmenabkommens mit der EU kategorisch aus. Aus Diplomatenkreisen ist aber zu vernehmen, dass mit Nachverhandlungen einige Punkte geklärt werden könnten.

Inhaltlich keine Entwicklungen

Innenpolitisch umstritten in der Schweiz sind insbesondere die Unionsbürgerrichtlinie, der Lohnschutz und die staatlichen Beihilfen. Unterschiedliche Ansichten bestehen auch über die Rolle des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bei Streitfragen.

Die EU fordert seit langem eine institutionelle Lösung mit einer Streitbeilegung, um in jenen Bereichen, in denen die Schweiz am Binnenmarkt partizipiert, eine einheitliche Rechtsauslegung und Weiterentwicklung zu garantieren.

Der Bundesrat hat angekündigt, dass die Gespräche über das Rahmenabkommen nach der Abstimmung über die Begrenzungsinitiative wiederaufgenommen werden. Er wird in den nächsten Wochen die Position der Schweiz festlegen und mit der EU die Diskussion über die Lösung der noch offenen Punkte aufnehmen.

EDA-Staatssekretariat neu aufgestellt

Das EU-Dossier wird aber nicht die einzige Aufgabe von Leu sein. Sie führt zusätzlich ab 1. Januar 2021 das Staatssekretariat EDA an. Auf diesen Zeitpunkt hin werden die Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA) und die Politische Direktion darin integriert, wie der Bundesrat am Mittwoch weiter beschloss.

Im neu strukturierten Staatssekretariat sollen im Gegensatz zu heute alle europäischen Länder und Institutionen unter einem Dach zusammengefasst werden. Zudem sollen alle sechs geografischen Abteilungen vereint werden. Es sind dies neben «Europa» die Abteilungen «Eurasien», «Amerikas», «Asien», «Afrika» sowie «Mittlerer und naher Osten». Geschaffen wird eine neue thematische Abteilung «Digitalisierung».

Mit der Neuorganisation schaffe er die strukturellen und personellen Voraussetzungen, um die aussenpolitische Strategie 2020–2023 und die nächste Phase der Verhandlungen mit der EU optimal umsetzen zu können, schreibt der Bundesrat. Die Landesregierung würdigt die «vertieften Erfahrungen» Leus in den Bereichen Frieden, Sicherheit, Wohlstand, Nachhaltigkeit und Digitalisierung.

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