Rechtsgrundsatz Bundesrichter fordert bessere Regeln bei geheimer Überwachung

SDA

22.8.2018

Werden Überwachungsmassnahmen von Seiten des Staates zu oft durchgewunken? (Symbolbild)
Werden Überwachungsmassnahmen von Seiten des Staates zu oft durchgewunken? (Symbolbild)
Bild: Keystone/Ennio Leanza

Richter bewilligen fast alle Anträge auf geheime Überwachung von Verdächtigen - 97 Prozent waren es im Jahr 2017, bei einer Recherche in 18 Kantonen durch Schweizer Radio und Fernsehen SRF - darunter Bern und Genf. Ein Bundesrichter fordert nun neue Regeln.

Nicht nur die strafverfolgende Staatsanwaltschaft solle etwas zu sagen haben, sondern auch ein unabhängiger Anwalt, sagt Bundesrichter Niklaus Oberholzer, selbst jahrelang Zwangsmassnahmenrichter im Kanton St. Gallen.

Bisher höre der Richter bei geheimen Massnahmen wie etwa Telefonüberwachungen oder der Platzierung von Trojanern in Computern nicht beide Seiten an, sondern nur die Ermittler. Die Beschuldigten hingegen könnten nichts dazu sagen - eben deshalb, weil die Massnahmen geheim seien, sagte Oberholzer am Mittwoch gegenüber Radio SRF.

Beide Seiten anhören

Er schlägt vor, ohne Wissen des Beschuldigten einen unabhängigen Anwalt beizuziehen. Dieser solle ganz bewusst die Rechte des Beschuldigten sicherstellen. Damit würde ein Grundsatz respektiert, der im Strafprozess sonst immer gilt: dass beide Seiten angehört werden.

Den Eindruck, dass die Richter alle Anträge einfach durchwinken, weist Jürg Zinglé, Präsident des Zwangsmassnahmengerichts Bern, zurück. Die Staatsanwaltschaft handle erstens nur bei dringendem Tatverdacht, und die Richter prüften Anträge auf Überwachung sehr genau daraufhin, ob eine gesetzliche Grundlage bestehe und ob die Massnahme verhältnismässig sei.

Bundesrichter Niklaus Oberholzer spricht sich für die Hinzuziehung eines Anwalts bei der geheimen Überwachung aus. (Archiv)
Bundesrichter Niklaus Oberholzer spricht sich für die Hinzuziehung eines Anwalts bei der geheimen Überwachung aus. (Archiv)
Bild: Keystone/Gaetan Bally
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