Wegfahrsperre wird umgangen Im Aarauer Telli-Quartier herrscht Wägeli-Chaos – jetzt greift Coop durch

Samuel Walder

27.10.2025

Coop hat die Schnauze voll und greift nun durch.
Coop hat die Schnauze voll und greift nun durch.
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Im Aarauer Quartier Telli stehen über 200 Coop-Einkaufswägeli vor Hauseingängen, in Treppenhäusern und unter Balkonen – ein Logistikproblem mit langer Tradition, das nun eskaliert.

Samuel Walder

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • In der Aarauer Hochhaussiedlung Telli stehen derzeit über 200 Coop-Einkaufswägeli verstreut – in Hauseingängen, unter Balkonen und auf Trottoirs.
  • Jahrzehntelang war es üblich, dass Kundinnen und Kunden die Wagen vom Supermarkt bis zur Wohnung schoben; nach einer Coop-Sanierung ist das jedoch nicht mehr erlaubt.
  • Coop hat neue Wagen mit Wegfahrsperre eingeführt, doch Bewohner umgehen diese leicht – viele lassen die Wagen einfach stehen.
  • Für ältere oder gehbehinderte Anwohner ist das Verbot ein Ärgernis, für Coop ein Logistikproblem: Die Wagen verschwinden, Rückgaben sind selten.
  • Der Detailhändler bittet zur Rückgabe, schweigt aber zu weiteren Massnahmen – während das «Wägeli-Chaos» im Telli weitergeht.

Sie gehören eigentlich vor die Supermarktkasse, nicht in Hauseingänge oder unter Balkone: Über 200 Einkaufswägeli stehen derzeit verstreut in der Aarauer Hochhaussiedlung Telli – und sorgen für Kopfschütteln beim Detailhändler Coop. Denn die kleinen Gitterwagen stammen allesamt von dort, gehören aber längst nicht mehr ins Quartier. Das berichtet das SRF.

Was auf den ersten Blick nach Bequemlichkeit aussieht, entpuppt sich als echter Logistik-Albtraum. Seit Jahrzehnten war es im Telli «courant normal», dass Kundinnen und Kunden mit dem Einkaufswagen direkt vom nahen Coop bis vor die eigene Wohnungstür fuhren. Eine Art Gratis-Lieferservice zum Selberschieben – geduldet und geschätzt.

Was früher funktionierte, wird heute zum Problem

Früher sammelte Coop die Wagen regelmässig wieder ein, doch nach der Sanierung des Einkaufszentrums ist damit Schluss. Neue, moderne Einkaufswägeli mit speziellen Rollen für das Rollband kamen – doch diese sind weniger robust, weniger geländetauglich und sollen laut Coop nicht mehr quer durchs Quartier geschoben werden.

Das Resultat: Coop verbietet seit einigen Monaten die Mitnahme der Wägeli. Eine magnetische Wegfahrsperre soll Abhilfe schaffen. Doch wie effektiv ist die wirklich? «Zweimal anheben – schon ist man draussen», witzeln Bewohner. Der Effekt: Das Telli versinkt im Wägeli-Chaos.

Bewohner trotzen dem Verbot – aus reiner Gewohnheit

Für viele Bewohnerinnen und Bewohner ist die neue Regelung unverständlich. «Ich bin eine alte Frau – für mich ist das optimal», sagt Silvia Häuptli, langjährige Tellianerin, zu SRF. «Ich kann mein Wasser und meine Einkäufe direkt vor die Wohnung schieben.» Auch Regula Tanner sieht keinen Grund, auf den Komfort zu verzichten: «Wir sind das so gewohnt – und Coop profitiert ja von uns.»

Doch genau dieser «Luxus» wird für Coop zum Albtraum. Denn die Wagen werden zwar entführt, aber nicht zurückgebracht. Viele Kunden lassen sie einfach stehen – und holen sich beim nächsten Einkauf einen neuen. Hauswart Simon Zumsteg ist inzwischen zum inoffiziellen Wägeli-Sheriff geworden und sammelt sie mühsam im Quartier ein.

Coop bittet – und schweigt

Offiziell möchte sich Coop zum Thema nicht weiter äussern. Auf Anfrage heisst es nur knapp: «Wir bitten die Bewohnerinnen und Bewohner, die Einkaufswagen zu retournieren.» Zwischen den Zeilen: Die Geduld des Detailhändlers ist offenbar aufgebraucht.

Doch eine Lösung ist nicht in Sicht. Wegfahrsperre zu leicht zu knacken, Rückgabe selten, Frust auf beiden Seiten. Coop will Ordnung – die Tellianer ihre bequemen Wägeli. Und so türmen sich weiter die Gitterwagen im Telli, als würde dort ein Supermarkt im Freien entstehen.

Silvia Häuptli bleibt optimistisch: «Vielleicht finden wir ja doch noch eine einvernehmliche Lösung.»