Jodtabletten ade Darum braucht es den Schutz rund um Mühleberg nicht mehr

afi/aru

13.4.2022

Die Rückbauarbeiten im Kernkraftwerk Mühleberg, am Mittwoch, 23. Juni 2021.
Die Rückbauarbeiten im Kernkraftwerk Mühleberg, am Mittwoch, 23. Juni 2021.
Keystone

Zuletzt 2014 erhielten Personen, die im Umkreis von 50 Kilometern zu einem Atomkraftwerk wohnen, Jodtabletten zugeschickt. Im Fall einer Katastrophe bieten diese Schutz. Doch wovor genau?

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An seiner Sitzung von heute Vormittag befasste sich der Bundesrat mit der Sicherheit rund um Atomkraftwerke. Dabei standen jedoch nicht jene in der Ukraine im Vordergrund, die mutmasslich von der russischen Armee beschossen wurden. Es ging um das 2019 vom Netz genommene Atomkraftwerk im bernischen Mühleberg.

Ab 2024 sollen die Einwohner*innen in einem Umkreis von 50 Kilometern zu dem Atomkraftwerk nämlich keine Jodtabletten mehr erhalten, da bei einem Zwischenfall keine unmittelbare Gefahr mehr besteht. Für einen Notfall ist dennoch vorgesorgt, denn die Tabletten werden beim Kanton gelagert.

Wozu sind die Jodtabletten gut? Sie dienen der sogenannten Schilddrüsen-Prophylaxe nach einem schweren Unfall in einem Atomkraftwerk.

Sie kommen zum Einsatz, wenn zu viel radioaktives Jod in der Luft ist. Bei entsprechenden Messwerten wird die Einnahme – auch bei einer Atomexplosion im Ausland – angeordnet. Jodtabletten sättigen die Schilddrüse mit nicht radioaktivem Jod. Dadurch verhindern sie, dass sich radioaktives Jod ansammelt und Schilddrüsenkrebs verursacht.

Für fünf Franken in der Apotheke erhältlich

2014 wurden rund 4,9 Millionen Menschen zuletzt mit Jodtabletten versorgt. Diese sind bis 2024 haltbar, dann werden erneut Tabletten an die Haushalte verteilt. Wer seine Jodtabletten verloren oder verlegt hat, kann sie im Umkreis von 50 Kilometern um ein Schweizer Kernkraftwerk für fünf Franken in Apotheken und Drogerien nachkaufen.

Für die Bevölkerung in allen anderen Gebieten halten die Kantone ausreichend Jodtabletten vor, die innert zwölf Stunden ab Anordnung verteilt werden können. Jodtabletten schützen nicht vor direkter radioaktiver Strahlung oder anderen radioaktiven Substanzen wie Cäsium und Strontium.

Nicht zu früh und nicht zu spät einnehmen

Die Tabletten sind nur wirksam, wenn sie in einem geeigneten Zeitfenster eingenommen werden. Die Tabletten dürften nicht zu früh und nicht zu spät eingenommen werden. «Im Fall eines Ereignisses würde die Nationale Alarmzentrale (NAZ) die Einnahme von Jodtabletten anordnen», so das BAG. Dies geschehe bei einer Atomexplosion im Ausland auf Grundlage der Messergebnisse der Radioaktivität in der Luft.

Dafür betreibt die Nationale Alarmzentrale ein eigenes Messnetz. 76 in der ganzen Schweiz verteilte Sonden übermitteln alle zehn Minuten den aktuellen Messwert, erklärt das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Bei Überschreiten des festgesetzten Schwellenwerts wird automatisch Alarm ausgelöst.