Schweiz-AnalyseDarum hat Bundeskanzler Thurnherr genug
tgab
20.9.2023
Bundeskanzler Walter Thurnherr tritt Ende des Jahres zurück. Sein Rückblick auf über dreissig Jahre im Politbetrieb fällt gemischt aus. Die Schweiz hat sich verändert.
tgab
20.09.2023, 21:19
Gabriela Beck
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Vor seinem Rücktritt Ende des Jahres zieht Bundeskanzler Walter Thurnherr Bilanz.
Seine Schweiz-Analyse fällt gemischt aus - das Land habe sich in den letzten dreissig Jahren verändert.
Mitte August hatte Bundeskanzler Walter Thurnherr seinen Rücktritt zum Ende der Legislaturperiode völlig überraschend angekündigt. Seine Ersatzwahl wird am 13. Dezember stattfinden.
Der Stabschef des Bundesrates versicherte damals vor den Medien, er sei gerne Bundeskanzler, bezeichnete die laufende Legislatur jedoch als «schlimmste seit dem Zweiten Weltkrieg». Es herrsche eine fatalistische Stimmung im Land. Viele hätten sich damit abgefunden, dass die Situation nicht besser werde, sondern schlechter.
Im ersten Interview nach seiner Rücktrittsankündigung wird er gegenüber dem «SRF» noch etwas genauer: Die vergangenen vier Jahre seien intensiv gewesen. Die Pandemie habe viele Tote gefordert. Noch nie sei über einen so langen Zeitraum so häufig auf das Notrecht zurückgegriffen worden. Noch nie zuvor habe die Schweiz in so kurzer Zeit so viel Geld ausgegeben.
«Die Corona-Pandemie, die Energiemangellage, die Medikamenten-Knappheit und der Krieg in der Ukraine haben uns gezeigt, dass wir (die Schweiz – Anm. d. Red.) nicht nur als Beobachterin im aussenpolitischen Geschehen agieren können. Wir sind ein Teil des Ganzen», sagt er im SRF-Interview.
Die Schweiz sei sich ihrer Abhängigkeit vom Ausland bewusst geworden. Das habe einiges verändert. Sicherheit habe einen höheren Stellenwert, man sei sich bewusst geworden, wie fragil das Ganze sei, wie schnell ein Notzustand eintreten könne.
Dennoch gibt sich Thurnherr im Interview zuversichtlich: Die Schweiz habe eine gute wirtschaftliche Vernetzung. Am Zugang zu politischen Institutionen mangele es allerdings ein wenig. Die Schweiz sei weder in der EU, noch in den G 20 oder G 7. Das Bewusstsein, dass Vernetzung etwas Positives sei, sei jedoch gewachsen.