Jetzt wird ausgezähltFinale eines unscheinbaren Urnengangs
gbi
14.5.2022
Wenig mitgekriegt vom Abstimmungskampf? Damit bist du nicht allein. Die nationalen Vorlagen fanden ungewöhnlich wenig Echo in den Medien und auf Inserateseiten. Welche Gründe Experten dahinter vermuten.
gbi
14.05.2022, 17:16
15.05.2022, 11:35
gbi
Jede Stimme zählt – am morgigen Abstimmungssonntag gilt dies umso mehr. Denn in den Städten zeichnet sich im Vorfeld eine verhältnismässig tiefe Stimmbeteiligung ab.
In Basel beträgt der Rücklauf via briefliche Abgabe nur 39,6 Prozent, in St. Gallen sind es 35,3 Prozent. Eine nochmals tiefere Quote gibt es in Chur, wo erst 31,9 Prozent der Stimmzettel vor dem Urnengang eingereicht wurden (alle Angaben: Stand Freitag). Und dies notabene, obwohl die Bündner*innen zusätzlich ihr Kantonsparlament neu bestellen.
Über die 40-Prozent-Marke kommt dafür die Stadt Zürich: Hier haben am Samstag 44,8 Prozent der Stimmberechtigten brieflich abgestimmt. Das liegt nah an einer durchschnittlichen Beteiligung, die laut Bundesamt für Statistik im Kanton Zürich bei 47 Prozent liegt. Doch in Winterthur, der zweitgrössten Stadt des Kantons, beträgt der Rücklauf nur 34,5 Prozent.
Die drei nationalen Vorlagen – Frontex-Finanzierung, Transplantationsgesetz und Filmgesetz – scheinen die Massen nicht zu mobilisieren. Eine Einschätzung, die der Medienwissenschaftler Linards Udris bestätigt: So würden die Medien weniger über die Vorlagen berichten als in Abstimmungskämpfen üblich, hält der Forscher der Universität Zürich in einem am Freitag veröffentlichten «Abstimmungsmonitor» fest: «Die Aufmerksamkeit für die Abstimmungen vom Mai 2022 ist auffallend gering.»
Die kommenden Abstimmungen bewegen die Medien kaum. Im Laufe der Kampagne steigt die Resonanz nur leicht und langsam. Nur bei #Frontex punktuelle intensive Diskussion wegen/nach Rücktritt des Frontex-Chefs. Einschätzung aber ambivalent, welchem Lager der Rücktritt «hilft». 1/ pic.twitter.com/AoFYoeBBLe
Udris hat die Berichterstattung von 14 Medientiteln untersucht und zieht einen Vergleich zu den 38 nationalen Abstimmungsvorlagen, die seit Herbst 2018 an die Urne gelangt sind. Sein Befund: Die Lex Netflix und das Transplantationsgesetz liegen nur im untersten Drittel, was die Medienresonanz betrifft. Auch die Finanzierung von Frontex falle in die untere Hälfte punkto Medienberichterstattung.
Auch, was Inserate angehe, gehörten die drei Vorlagen «relativ klar zu den Schlusslichtern», befindet der Politologe Marc Bühlmann bei SRF.
Wie kommts zu der geringen Resonanz? «Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Parteien selbst keine intensive Kampagne betreiben», erklärt Udris ebenfalls bei SRF. Hinzu komme, dass der Krieg in der Ukraine die Berichterstattung dominiere, ergänzt der Politologe Bühlmann.
Und vielleicht sei in der Innenpolitik auch gerade etwas «die Luft draussen», glaubt Udris: «Wir hatten gerade letztes Jahr einige sehr intensive Abstimmungskämpfe wie die sogenannten Agrarinitiativen oder auch das Covid-Gesetz.»
Dass hier ein langfristiger Trend vorliege, sei aber noch nicht erwiesen, betonen beide Experten.
Wer sich trotz Ukraine-Krieg für den Abstimmungssonntag interessiert, wird morgen bei blue News fündig. Wir berichten ab 11 Uhr live über alle Trends, Resultate, Gewinner und Verlierer.
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