Serafe, Neutralität, MietrechtDas hat der Bundesrat heute entschieden
sda/Red.
7.9.2022
Der Bundesrat will die steigenden Kosten im Gesundheitswesen weiter bremsen. Zudem wird die Abgabe für Radio und Fernsehen nicht erhöht. Die heutigen Entscheide in der Übersicht.
sda/Red.
07.09.2022, 16:29
07.09.2022, 17:11
Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Der Bundesrat will die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Schweiz konsequenter als bislang auf die internationale Zusammenarbeit ausrichten. Zu diesem Schluss kommt ein Zusatzbericht zum Sicherheitspolitischen Bericht 2021, den der Bundesrat am Mittwoch vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine gutgeheissen hat. Denkbar sind beispielsweise eine verstärkte Teilnahme an Übungen, eine Intensivierung des Partnerschaftsstatus bei der Nato oder eine Beteiligung der Armee an EU-Verbänden. Zudem soll die Modernisierung der Fähigkeiten und Mittel der Armee vorangetrieben werden. Kritische Fähigkeitslücken bestehen gemäss dem Bericht bei der Panzerabwehr und bei der Durchhaltefähigkeit, vor allem der zu geringen Bevorratung von Munition. Ein Beitritt zur Nato ist für den Bundesrat keine Option. Dass die Schweiz den sicherheitspolitischen Alleingang wählt und danach strebt, sich autonom zu verteidigen, ist für den Bundesrat aber ebenso nicht die Lösung.
Wasserkraftreserve
Wasserkraftwerke sollen bis Winterende Reserven zurückhalten
Im Kampf gegen einen Strommangel im Winter hat der Bundesrat am Mittwoch die Verordnung für die Wasserkraftreserve verabschiedet. Ab Oktober können Speicherkraftwerkbetreiber Offerten an die Swissgrid zum Halten der Reserven gegen Entgelt einreichen.
07.09.2022
Wie die Landesregierung mitteilte, dient die Reserve zur Sicherung der Stromversorgung in der kritischen Phase am Ende des Winters. Die Massnahme ist eine in einem ganzen Strauss von Schritten, um die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Energieversorgung zu minimieren. Bereits im Februar beschloss der Bundesrat die im Bundesgesetz für eine sichere Stromversorgung vorgeschlagene Wasserkraftreserve.
Bundesrätin und Energieministerin Simonetta Sommaruga erklärte vor den Medien in Bern, die Wasserkraftreserve dürfte zwischen 650 und 700 Millionen Franken kosten. Dieses Entgelt für die Versorgungssicherheit soll auch den entgangenen Stromverkauf der Kraftwerke entschädigen. Sommaruga hält die Kosten gegenüber den möglichen Schäden durch einen Strommangel für vertretbar. Für die Kosten aufkommen müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher. Deren Netzkosten steigen um etwa 1,2 Rappen pro Kilowattstunde (KWh).
Neuer Präsident der Marcel Benoist-Stiftung
Der Bundesrat wählte Physik-Nobelpreisträger Didier Queloz zum Präsidenten der Marcel Benoist-Stiftung. Er wird die Funktion am 1. Januar 2023 übernehmen. Die vom Bundesrat 1920 gegründete Stiftung verleiht jährlich den mit 250'000 Franken dotierten Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist.
Ab nächstem Jahr wird zudem Martine Clozel, Forscherin und Mitgründerin von Actelion und Idorsia, im Stiftungsrat Einsitz nehmen. Nach einer Anpassung der Stiftungsstatuten kann eine Persönlichkeit aus Wissenschaft und Forschung den Stiftungsrat präsidieren - das Präsidium liegt nicht mehr beim Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung. Neu kann zudem eine Persönlichkeit aus der Wirtschaft in den Stiftungsrat gewählt werden.
Radio- und TV-Abgabe
Die Abgabe der Bürgerinnen und Bürger für Radio und Fernsehen in der Schweiz beträgt in den nächsten zwei Jahren weiterhin 335 Franken pro Jahr. Dies hat der Bundesrat beschlossen. Er hält eine Erhöhung trotz Teuerung nicht für gerechtfertigt. Auch für Unternehmen bleibt die Abgabe unverändert. Weiter verlängerte die Regierung die Konzession der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG), die per Ende Jahr ausläuft, bis Ende 2024 und legte die Grundzüge der neuen Bewilligung ab 2025 fest. Die SRG soll ihren Online-Auftritt stärker auf Audio- und audiovisuelle Inhalte ausrichten. Ihre Sender müssen weiterhin Angebote bereitstellen, die sich an die gesamte Bevölkerung und alle Landesteile richten.
Neuer Direktor bei Meteoschweiz
Christof Appenzeller wird neuer Direktor von Meteoschweiz. Der habilitierte ETH-Naturwissenschaftler übernimmt am 1. Januar 2023 die Nachfolge von Peter Binder, der Ende Jahr in Pension geht. Appenzeller ist seit 1999 in verschiedenen Funktionen für Meteoschweiz tätig. Er hat laut der Mitteilung des Departements des Innern langjährige Führungserfahrung und war massgeblich beteiligt an der strategischen Neuausrichtung von Meteoschweiz.
Gesundheitskosten
So will der Bundesrat die Kostenexplosion im Gesundheitswesen verhindern
Der Bundesrat will die steigenden Kosten im Gesundheitswesen weiter bremsen. Er hat am Mittwoch verschiedene Massnahmen beschlossen, über die nun das Parlament zu befinden hat. Wie viel Geld mit den Massnahmen insgesamt eingespart werden kann, ist noch unsicher.
07.09.2022
Nach grosser Kritik in der Vernehmlassung verzichtete die Landesregierung unter anderem auf die Einführung einer Erstberatungsstelle. Hier geht es zum Ticker zum Nachlesen. Stattdessen schlägt sie sogenannte Preismodelle vor – gesetzlich verankerte Vereinbarungen, die einen raschen und möglichst kostengünstigen Zugang zu innovativen, teuren Arzneimitteln und Therapien ermöglichen. Zudem soll die Koordination über die ganze Versorgungskette verbessert werden.
Neutralitätspolitik wird beibehalten
Der Bundesrat hält an der aktuellen Neutralitätspolitik fest. Diese wurde 1993 definiert und seither praktiziert. Nach Angaben der Landesregierung gibt sie der Schweiz einen hinreichend grossen Handlungsspielraum, um auf aktuelle Ereignisse seit dem Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine zu reagieren. Die Übernahme der EU-Sanktionen gegen den Aggressor seien mit dieser Politik vereinbar. Ausgehend von diesen Erkenntnissen will der Bundesrat den Neutralitätsbericht anpassen und im Herbst verabschieden. Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die internationalen Beziehungen analysiert der Bundesrat weiter. 2023 will er eine Auslegeordnung unter Einbezug der Neutralitätspolitik vornehmen.
Der Bund und die Sozialpartner im Mietwesen brechen ihre Diskussionen zum Thema Mietrecht ab. Darüber ist der Bundesrat informiert worden. Die Konsultationen mit den Sozialpartnern hätten ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Weiterführung nicht gegeben seien, hiess es zur Begründung in einer Mitteilung des Wirtschaftsdepartements (WBF). Das Departement habe während anderthalb Jahren versucht, einen konstruktiven und ergebnisoffenen Dialog in Gang zu bringen. Auch für die geplante Einsetzung einer Expertengruppe, die technische Fragen hätte angehen sollen, sind die Voraussetzungen nicht gegeben.
Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern bestätigt
Über alles gerechnet, war das Einkommen von Frauen im Erwerbsalter in der Schweiz im Jahr 2018 um 43,2 Prozent tiefer als jenes der Männer. Grund ist, dass Frauen hierzulande häufiger mit Teilzeitpensen arbeiten als Männer, wie der Bundesrat in einem vom Parlament bestellten Bericht zum Gender Overall Earnings Gap festhält. Der Gap zeigt sich auch bei Pensionierten: Die Jahresrente der Frauen war 2020 um 34,6 Prozent tiefer als jene der Männer. Erhielten Rentnerinnen aus allen Säulen der Altersvorsorge 35'840 Franken, hatten Rentner im Durchschnitt 18'924 Franken mehr in der Tasche, nämlich 54'764 Franken. Frauen erhielten im Mittel zwar leicht höhere AHV-Renten, bezogen aber deutlich seltener eine Rente aus der zweiten Säule.
Die Auffangeinrichtung der zweiten Säule soll angesichts der hohen Schwankungen an den Finanzmärkten und der unsicheren Zinsentwicklung besser abgesichert werden. Der Bundesrat hat vorgeschlagen, dass die Stiftung Auffangeinrichtung auch künftig bei Bedarf rasch ein unverzinsliches Konto im Umfang von bis zu zehn Milliarden Franken eröffnen kann. Die Auffangeinrichtung soll Mittel aus dem Freizügigkeitsbereich zinslos bei der Bundestresorerie anlegen können, sofern ihr Deckungsgrad die Schwelle von 105 Prozent unterschreitet. Das Parlament hatte eine solche Bestimmung bereits für drei Jahre verabschiedet. Der Bundesrat möchte diese Lösung für weitere vier Jahre verlängern. Die Vernehmlassung dauert bis am 7. November 2022.
Einzelvergütung von Medikamenten
Die Krankenkassen vergüten nicht auf der Spezialitätenliste stehende Medikamente für krebskranke Kinder angemessen und ohne Diskriminierung. Damit besteht kein Anlass, um die Einzelvergütung von Medikamenten speziell bei krebskranken Kindern zu verbessern. Die Krankenversicherer würden den jährlich rund 270 eingereichten Gesuchen für eine Kostengutsprache nahezu zu hundert Prozent entsprechen. Zu diesem Schluss kommt der Bundesrat in einem Bericht.