Der stellvertretende Staatssekretär Johannes Matyassy und Botschafter Hans-Peter Lenz haben über die Lage in Kabul informiert: Am Airport herrscht Chaos, was die Rettung afghanischer Helfer erschwert.
Das Wichtigste in Kürze:
- Von 35 Schweizern haben 11 das Land verlassen.
- Von den 232 afghanischen Helfern und ihren Kernfamilien ist erst eine Person im Flughafen Kabul angekommen.
- Vor dem Flughafen in Kabul herrscht Chaos, Zugang ist schwierig.
- Morgen fliegt eine Swiss-Maschine mit 300 Plätzen nach Taschkent, um Flüchtende aus Usbekistan auszufliegen.
- Gleichzeitig werden sechs SRK-Mitarbeiter ins Krisengebiet gebracht, um dort humanitäre Hilfe zu leisten.
Es gebe immer mehr Schweizer, die ihren Aufenthalt in Kabul melden. Von diesen mittlerweile 35 bekannten Personen hätten 11 Afghanistan bereits verlassen können, sagte Hans-Peter Lenz, Chef des Krisenmanagement-Zentrums des Aussendepartements EDA, am Freitag vor den Medien.
Insgesamt hätten bisher 19 Personen mit einem Schweizer Pass oder einer Aufenthaltsbewilligung ausreisen können. Eine Person sei über den Landweg nach Pakistan gelangt, alle anderen seien über den Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul ausgereist.
EDA schickt Flugzeug ins Krisengebiet
Am Samstag wird ein Flugzeug der Swiss in die usbekische Hauptstadt Taschkent fliegen, um dort Menschen abzuholen, die zuvor aus der Kabul evakuiert wurden. Das Flugzeug wird Schweizer Staatsangehörige und Personen aus verschiedenen Ländern von Afghanistan nach Europa bringen.
Das sagte Hans-Peter Lenz, Chef des Krisenmanagement-Zentrums im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), am Freitagabend vor den Medien in Bern. «Wir wissen aber nicht und können nicht vorhersehen, ob auf diesem Flug dann tatsächlich auch Schweizer sind.» Entscheidend sei, ob diese den Flughafen in Kabul betreten können.
Das EDA unterstützt mit diesem Flug die Luftbrücke der internationalen Partnerstaaten, die die Ausreise aus Afghanistan möglich macht. Aussenminister Ignazio Cassis erreichte am Donnerstag in einem Telefongespräch mit seinem usbekischen Amtskollegen Abdulaziz Kamilov, dass verschiedene logistische Probleme für den Charterflug beseitigt wurden.
In diesem Charterflug werden rund 1,3 Millionen Masken zum Schutz vor Covid-19 nach Taschkent gebracht und Usbekistan geschenkt. Zudem wird medizinisches Personal nach Taschkent geschickt. An Bord befinden sich schliesslich sechs weitere Mitarbeitende des Korps für humanitäre Hilfe, die das EDA-Detachement vor Ort in Kabul verstärken sollen.
Das Protokoll der Pressekonferenz:
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17.28 Uhr
Ende der Pressekonferenz
Wir danken an dieser Stelle – wie immer – für die geschätzte Aufmerksamkeit.
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17.27 Uhr
Rückkehr der Ortskräfte möglich?
Ein Medienvertreter will wissen, ob es auch eine Variante gebe, bei der die Ortskräfte wieder gebraucht würden mit den Taliban an der Macht. «Im Moment ist alles Spekulation», antwortet Johannes Matyassy. Es ginge darum, die Leute schnell herauszubringen. Man mache aber permanent eine Lageentwicklung.
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17.25 Uhr
Zur Kritik der SP
Nimmt die Schweiz zu wenig Leute auf? Botschafter Lenz äussert Verständnis für den Willen zu helfen, es sei aber praktisch derzeit gar nicht möglich. Deutschland habe es auch nur geschafft, bisher 1000 Menschen auszufliegen.
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17.21 Uhr
Wer bestimmt, wer in den Flughafen kommt?
Wer entscheidet, welche Personen in den Flughafen kommen, will ein Journalist wissen. Es sei noch immer so, dass die USA die Leitung innehaben, antwortet Lenz. Sie würden steuern, wann die Gates sich öffnen, und wer reinkommt. «Unsere Leute sind sehr nahe an den Gates» – aber es sei nicht einfach, sich da Gehör zu verschaffen— andere Nationen hätten schliesslich dasselbe im Sinn.
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17.19 Uhr
Gibt es einen Mangel an Militär-Transportern?
Botschafter Lenz antwortet, dass es schwer sei, in den Flughafen zu kommen. Man habe vor dem Airport diverse afghanische Helfer der Schweizer ausgemacht, die aber nicht vordringen können. Am Flughafen stauen sich die Flugzeuge, so Lenz. Die Flüchtenden seien mitunter mit Familien und Älteren unterwegs. Weiterhin gebe es Auflagen von Ländern wie Usbekistan, die Kabuler Flugzeuge aufnehmen – aus Kapazitätsgründen. Deshalb sei der «Abfluss» aus Taschkent wichtig. Letztlich gebe es aber schon zu wenig Kapazitäten, endet Lenz.
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17.15 Uhr
Zahl der in die Schweiz Ausgeflogenen
Ein Journalist fragt nach der Zahl der bereits Richtung Schweiz ausgeflogenen Personen. Von den 35 bekannten Schweizern in Kabul hätten 11 das Land verlassen können, antwortet Hans-Peter Lenz. Von diesen sei bislang eine Person in der Schweiz angekommen. 8 Personen mit Aufenthaltsbewilligung konnten ausreisen. Alle der insgesamt 9 Personen konnten über den Flughafen Kabul ausreisen. Wenn man einmal im Flughafen Kabul sei, habe man ein Ticket aus dem Land. Dann gebe es kein Zurück, so Lenz. Von den 232 afghanischen Helfern und ihren Kernfamilien ist erst eine Person im Flughafen Kabul angekommen.
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17.12 Uhr
Mehr Schweizer vor Ort
Morgen werden weitere sechs Mitarbeiter Richtung Usbekistan mitfliegen, um die Kollegen vor Ort zu unterstützen und humanitäre Hilfe zu leisten.
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17.10 Uhr
Morgen fliegt eine Swiss-Maschine nach Taschkent
Personen mit Schweizer Bezug würden weiter evakuiert. Bern stehe deshalb in engem Kontakt mit Berlin und Washington – «und sucht nach pragmatischen Lösungen», so Lenz. «Die Ausreise aus Kabul erfolgt in erster Linie mit militärischen Flügen nach Taschkent. Die usbekische Hauptstadt hat deshalb eine zentrale Rolle.» Die Menschen dort müssten aber schnell weitertransportiert werden: Morgen hebt deshalb ein Swiss-Flugzeug mit medizinischem Personal und 300 Plätzen Richtung Taschkent ab.
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17.08 Uhr
Zur Lage in Kabul
Botschafter Lenz informiert über die Lage in Kabul. Es mehrten sich Berichte über die Jagd auf Kollaborateure, sagt er. Es soll eine nächtliche Ausgangssperre verhängt worden sein. Ausserdem würden die Taliban den Flughafen abschirmen, indem sie Kontrollpunkte einrichten. «Der Zutritt zum Gelände bleibt schwierig bis sehr schwierig.» Die USA und ihre Verbündete würden den Airport kontrollieren.
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17.05 Uhr
«Die Lage bleibt volatil»
«Die Lage bleibt volatil und viele Entwicklungen sind schwer vorherzusagen», fährt Johannes Matyassy fort. Friedensgespräche könnten in der Schweiz stattfinden, wenn das alle beteiligten Parteien wollen.
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17.04 Uhr
Schweizer Engagement
Die Schweiz betreibe seit fast 20 Jahren ein Kooperationsbüro in Kabul und habe sich in dieser Zeit im Land eingesetzt, sagt Johannes Matyassy. «In den vergangenen Jahren hat sich die Schweiz jährlich mit rund 26 Millionen Franken beteiligt.» Bern könne auch Ausrichterland für Konferenzen sein. «Wir sind sehr besorgt. Wir rufen deshalb alle Akteure an, sich an das Völkerrecht und die Menschenrechte zu halten.» Insbesondere Frauen und Minderheiten gelte es zu schützen.
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17 Uhr
Beginn der Medienkonferenz
Johannes Matyassy beginnt: «Sie brauchen uns – vielleicht mehr denn je», sagt er mit Blick auf Afghanistan. Bern prüfe Möglichkeiten, die UNO und das IRK «zu stärken». Johannes Matyassy sagt, die Verhältnisse seien «nicht sehr einfach», aber die Schweiz sei weiter bereit, «ihre guten Dienste anzubieten».