«Extra muros» in GraubündenDer Bundesrat mischt sich im Val Müstair unters Volk
SDA/uri
12.10.2022
Bundesrat mischt sich im Val Müstair unters Volk
Der Bundesrat tagte am Mittwoch für einmal nicht in Bern, sondern «extra muros» im Münstertal in Graubündens. Dabei traf sich die Landesregierung bei einem Apéro mit der Bevölkerung.
12.10.2022
Von der Bundesstadt in die Randregion: Der Bundesrat tagte am Mittwoch für einmal nicht in Bern, sondern «extra muros» im Val Müstair im Kanton Graubünden. Die Destination ausgewählt hat Bundespräsident Cassis.
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12.10.2022, 15:13
12.10.2022, 16:34
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Der Bundesrat tagte am Mittwoch für einmal über 225 Kilometer Luftlinie entfernt von Bern: im Münstertal im Kanton Graubündens. Nach der Sitzung am Vormittag im Kloster St. Johann in Müstair traf sich die Landesregierung bei einem Apéro mit der Bevölkerung.
Die Idee hinter der Begegnung sei, «dass die Bevölkerung uns sieht, mit uns sprechen kann und uns ihre Visionen der Schweiz mitteilen kann», erklärte Bundespräsident Ignazio Cassis in Müstair gegenüber den Medien.
Offenbar entsprach das in der romanischsprachigen Region am äussersten Rand der Schweiz einem Bedürfnis. Zum Apéro auf dem Dorfplatz erschienen gegen 11:30 Uhr gemäss der Schätzung anwesender Journalisten vier bis fünfhundert Menschen - notabene in einer Talgemeinde mit gerade mal 1400 Einwohnern. Die Anwesenden zeigten wenig Scheu und verwickelten die Regierungsmitglieder sogleich in rege Gespräche.
Nur vier Bundesratsmitglieder am Bevölkerungs-Apéro
Allerdings nahmen nur vier Bundesratsmitglieder am Bevölkerungs-Apéro teil. Ueli Maurer, Simonetta Sommaruga und Guy Parmelin stiegen gleich nach der Bundesratssitzung in einen Helikopter.
Wie aus dem Bundesratsumfeld zu erfahren war, mussten sie an Konferenzen im Ausland «ihre Regierungstätigkeit weiterführen». Dass an einem «extra muros» nicht der Gesamtbundesrat die Bevölkerung treffe, sei eine «absolute Ausnahme», hiess es. Für einen Ausgleich sorgte die Bündner Regierung, die in corpore erschien.
Realitäten in allen Landesteilen kennen
«Wir müssen die Realitäten in allen Landesteilen kennen, darum sind wir zu ihnen gekommen», sagte Cassis in einer kurzen Ansprache an die Bevölkerung.
«Wir schätzen diese schöne Geste sehr», erklärte Gemeindepräsidentin Gabriella Binkert. Die Herausforderungen in der Randregion würden immer grösser, insbesondere die Naturgewalten und die Abwanderung.
Der Bündner Regierungspräsident Marcus Caduff sprach von einem Zeichen der Wertschätzung für das Münstertal und ganz Graubünden. Er dankte Cassis für die Sensibilität, die dieser in seinem Präsidialjahr für die Minderheitensprachen Romanisch und Italienisch gezeigt habe.
Cassis hatte das Münstertal als «extra muros»-Sitzungsort ausgewählt. «Die Randregionen sind für mich als Vertreter einer südlichen Randregion besonders wichtig», erklärte er in Müstair vor den Medien. «Deshalb stehen sie im Zentrum meines Präsidialjahres.» Der Gesamtbundesrat habe in diesem Jahr die Landesränder in allen vier Himmelsrichtungen besucht und in allen vier Sprachregionen.
Zur Wahl des Klosters St. Johann als Sitzungsort sagte Cassis: «Es vereinigt Gouvernance und Spiritualität, das ist mir wichtig.» Das Unesco-Welterbe-Kloster sei zu Beginn ein Verwaltungsort gewesen.
Mit Superpumas und mit Postauto angereist
Ins abgelegene Gebirgstal waren sechs Bundesratsmitglieder um 9 Uhr morgens mit zwei Superpuma-Helikoptern der Schweizer Armee angereist. Empfangen wurden sie von Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die bereits am Vorabend privat das Postauto genommen hatte. Nach einem kurzen Besuch der Klosterkirche zog sich die Regierung zur Sitzung ins Kloster zurück.
Es war bereits das 17. Mal, dass der Bundesrat weit weg von Bern tagte. «Extra muros» bedeutet auf Lateinisch «ausserhalb der Mauern». Dieser Brauch wurde 2010 eingeführt. Die Landesregierung will damit «ihre grosse Verbundenheit mit den Regionen der Schweiz zum Ausdruck bringen». In Graubünden hatte der Bundesrat zuvor noch nie getagt.