Markus Ritter im PorträtDer oberste Bauer greift jetzt nach noch mehr Macht
Dominik Müller
14.2.2025
Markus Ritter
Bundesratskandidat Markus Ritter in seiner Bauernstube in Altstätten SG.
Bild: blue News
Der Bauernverbandspräsident lebt mit seiner Familie in einem alten Tafelhaus.
Bild: blue News
Von Ritters Hof aus geniesst man einen weiten Ausblick auf das St. Galler Rheintal.
Bild: blue News
Markus Ritter
Bundesratskandidat Markus Ritter in seiner Bauernstube in Altstätten SG.
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Der Bauernverbandspräsident lebt mit seiner Familie in einem alten Tafelhaus.
Bild: blue News
Von Ritters Hof aus geniesst man einen weiten Ausblick auf das St. Galler Rheintal.
Bild: blue News
Nach seinem jahrelangen Einsatz für die Anliegen der Bauern strebt der St. Galler Mitte-Nationalrat Markus Ritter nach Höherem. Der mächtigste Parlamentarier in Bundesbern im Porträt.
Markus Ritter gilt als der erfolgreichste Lobbyist im Bundeshaus. Sein Ruf eilt ihm voraus: Er lässt sich nicht von Gegenwind beeindrucken, gewinnt im Sinne des Bauernverbands eine Abstimmung nach der anderen und verhandelt im Parlament unnachgiebig, wenn es um landwirtschaftliche Themen geht.
Wer sich so exponiert, schafft sich auch viele Feinde. Mal wird er als Bauernkönig gefeiert, mal als Machtpolitiker kritisiert. Nun will der St. Galler Nationalrat und Präsident des Schweizerischen Bauernverbands in die Landesregierung – und stösst dabei nicht nur auf Begeisterung.
Als ihn blue News auf seinem Hof in Altstätten im St. Galler Rheintal trifft, verabschiedet er gerade die Journalistinnen des Vortermins. Es ist bereits der dritte Besuch des Tages. Von Müdigkeit keine Spur: «Kommen Sie nur herein», sagt er mit seinem typischen breiten Lächeln auf den Lippen.
Mit 25 Jahren in den Stadtrat
Immer wieder hat der Biobauer Medienvertreter in seiner Bauernstube empfangen, oft in Funktionsgilet und Arbeitshosen, und dabei von all den kleinen und grossen Gewinnen erzählt, die er für sich und seine Leute verbuchen konnte. Das Spiel mit den Medien beherrscht er perfekt. Er weiss um die Wirkung der bäuerlichen Bescheidenheit.
Den Betrieb führen mittlerweile seine Söhne, aber noch heute hilft Markus Ritter immer wieder auf dem Hof aus.
Keystone
Seine Beharrlichkeit hat Ritter weit gebracht. Geboren 1967 in Altstätten im St. Galler Rheintal, erlernt er den Beruf des Landwirts, absolviert die Meisterprüfung und führt bald den elterlichen Hof. Doch der Boden, den er bestellt, ist ihm bald nicht mehr genug: Ritter will mitgestalten. Einfluss nehmen. «Die Landwirtschaft ist eng mit politischen Themen verflochten. Das hat mich schon früh interessiert», sagt Ritter.
Also kandidiert er im jungen Alter von 25 Jahren für den Stadtrat (damals noch Gemeinderat) von Altstätten. Und schon damals weiss er, wie wichtig ein gutes Netzwerk ist: «Ich war zwei Jahre lang als Bier-Chauffeur tätig sowie in der Feuerwehr und im Vorstand der Schützengesellschaft aktiv. Ich kannte viele Leute», erzählt Ritter. Er wird im 1. Wahlgang gewählt.
«Ich musste viele schwierige Gespräche führen»
In den folgenden 20 Jahren Exekutive auf kommunaler Ebene legt er den Grundstein für seine politische Karriere. Vor allem als Präsident der Baukommission: «Dort habe ich gelernt, was es heisst, alle Komponenten einer Verhandlung zu beherrschen.»
Landerwerb, Beteiligungen an Grundeigentum, Einsprachen – bei kaum einem Thema wird in der Schweiz so oft gestritten, wie bei baulichen Vorhaben. Die meisten Gesprächspartner sind deutlich älter als der junge Stadtrat. «Ich musste viele schwierige Gespräche führen. Aber ich habe immer versucht, zu vermitteln», so Ritter.
CVP Mitte Bundesräte seit 1960.
Das Streben nach Mehr begleitet Markus Ritter. Bereits ab 2005 präsidiert er den St. Galler Bauernverband, im Jahr 2012 folgt der Wechsel ins Präsidium des Schweizerischen Bauernverbands – seine wohl grösste Machtbasis. Ein Jahr zuvor schafft er im dritten Anlauf die Wahl nach Bern und wird für die damalige CVP (heute die Mitte) in den Nationalrat gewählt. Alles Teil eines grossen Plans? Ritter verneint: «Eine politische Karriere kann man nicht planen. Es müssen stets viele Faktoren ineinandergreifen.»
Als Bauernpräsident steigt Ritter schnell zu einem der einflussreichsten Parlamentarier auf und baut den Verband zur durchsetzungsstarken Lobbyorganisation aus.
Kampf gegen den Umweltschutz
Gegner werfen ihm vor, eine harte Linie zu fahren und abweichende Meinungen innerhalb des Verbands wenig zu dulden. Doch Ritter verfolgt eine Strategie, die für ihn aufgeht: Allianzen schmieden, Kompromisse dort eingehen, wo es nötig ist, aber in den entscheidenden Momenten standhaft bleiben. Er bekämpft unermüdlich Bestrebungen für mehr Umweltschutz in der Landwirtschaft. Damit hat er Erfolg: So bodigt er etwa die Biodiversitäts-, Pestizid-, Trinkwasser- und Massentierhaltungs-Initiative und verhindert zusätzliche Klimaziele in der Agrarpolitik 22+.
«Macht ist mir nicht wichtig. Erfolg schon», sagt Markus Ritter. Seine Gegner unterstellen ihm hingegen immer wieder einen fragwürdigen Machtanspruch. Wegbegleiter aus seinen Jahren als Stadtrat berichten öffentlich von einer rücksichtslosen Dominanz und Alleingängen. «Wer nicht spurte, geriet unter Druck», sagen sie dem «St. Galler Tagblatt». «In Bern funktioniert er wohl nicht anders als in Altstätten.»
Diskutieren vielleicht bald gemeinsam im Bundesrat: Finanzministerin Karin Keller-Sutter und Markus Ritter.
Keystone
Ritter widerspricht: «Alleine kann man überhaupt nichts erreichen – nur, wenn man Mehrheiten schafft.» Bei Projekten – wie beispielsweise seiner Bundesratskandidatur – orientiere er sich immer am Ziel, das erreicht werden soll. «Dann gehe ich rückwärts und frage mich: Was muss ich machen, um das zu erreichen?» Er höre in erster Linie zu, «aber einer muss am Schluss das Risiko tragen und entscheiden.»
«Jetzt muss ich Verantwortung übernehmen»
Nun strebt er noch höher: Ein Sitz im Bundesrat soll es sein. «Als auch noch Martin Candinas auf eine Kandidatur verzichtete, habe ich mir gesagt: Jetzt muss ich Verantwortung übernehmen», so Ritter. Kritiker monieren, ein weiterer Landwirt in der Regierung ergäbe kein ausgewogenes Bild. Davon lässt sich Ritter nicht beirren – auch nicht von den zahlreichen Armee-Projekten, die in massiven Problemen stecken. Er argumentiert mit seiner wirtschaftspolitischen Kompetenz, seiner Beharrlichkeit und betont seine Fähigkeit, Brücken zu bauen.
Abseits der Politik bleibt Ritter Landwirt. Seinen Biobetrieb hat er aber vor zwei Jahren an seine Söhne übergeben. Bereits heute sei er rund 200 Tage im Jahr unterwegs. Wenn es die Zeit zulasse, helfe er aber noch immer auf dem Hof mit. Die Arbeit mit Kühen und Bienen oder das Schneiden von Bäumen beschreibt er als «meditative Aufgaben». Oder zusammenfassend: «Die Landwirtschaft erdet mich.»
Gelingt ihm die Wahl in die Landesregierung, warten im VBS diverse Baustellen auf ihn. Eine «Herkulesaufgabe», betont Ritter. Sein Tempo? «Vollgas, immer.» Ob er sich damit den Weg in den Bundesrat ebnen kann, wird sich zeigen. Im alten Tafelhaus in Altstätten werden wohl unabhängig vom Resultat am 12. März weiterhin Journalist*innen empfangen. Und Ritter wird weiterhin polarisieren.
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Markus Ritter traut sich das VBS zu
Die Mitte des Kantons St. Gallen hat am Dienstag den 57-jährigen Nationalrat und Präsidenten des Schweizer Bauernverbands Markus Ritter für den Bundesrat vorgeschlagen. Am 21. Februar beschliesst die Mitte-Bundeshausfraktion das offizielle Ticket. Im Interview mit Keystone-SDA nimmt Ritter Stellung.