Milliardär plant Volksinitiative Die Gegner der EU-Verhandlungen formieren sich

dmu

17.12.2023

Bundesrat Ignazio Cassis (rechts) stellte am Freitag flankiert von seinen Amtskolleg*innen Elisabeth Baume-Schneider und Guy Parmelin das Verhandlungsmandat mit der EU vor.
Bundesrat Ignazio Cassis (rechts) stellte am Freitag flankiert von seinen Amtskolleg*innen Elisabeth Baume-Schneider und Guy Parmelin das Verhandlungsmandat mit der EU vor.
Keystone

Der Bundesrat will ein neues Rahmenabkommen mit der EU verhandeln. Die Gegner formieren sich: Die Gruppe Kompass/Europa um Alfred Gantner arbeitet an einer Volksinitiative. Auch die SVP übt Widerstand.

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  • Am Freitag stellte der Bundesrat den Entwurf für ein Verhandlungsmandat mit der EU vor.
  • Dagegen regt sich Widerstand: Die Gruppe Kompass/Europa um Milliardär Alfred Gantner arbeitet an einer Volksinitiative.
  • Auch die SVP will eine Einigung mit Brüssel bekämpfen.
  • Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard fordert derweil Nachbesserungen.

Der Bundesrat wagt eine Neuauflage des Rahmenabkommens. Am Freitag stellte Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) den Entwurf für ein Verhandlungsmandat mit der EU vor. Übergeordnetes Ziel bleibt für den Bundesrat die Stabilisierung des bilateralen Weges. Er will die Verhandlungen auf den vor fast zwei Jahren verabschiedeten Paketansatz stützen.

Neue Abkommen zu Strom und Lebensmittelsicherheit sowie zur Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich sollen verhandelt werden. Auch ein Abkommen zur systematischen Teilnahme an EU-Programmen wie Horizon Europe gehört zum Paket sowie regelmässige Kohäsionsbeiträge an die EU.

Dagegen regt sich wenig überraschend Widerstand. Auch Gewerkschaftsboss und SP-Ständerat Pierre-Yves Maillard verlangt im Interview mit dem «Sonntagsblick» Nachbesserungen: «Die EU-Kommission soll unsere legitimen Besonderheiten im Lohnschutz und Service public anerkennen.» Auch die drohende Liberalisierung der Bahn solle die Schweiz verhindern.

Gegnerschaft plant Volksinitiative

Gemäss Cassis soll eine Einigung in weniger als zwei Jahren stehen. Maillard ist da skeptisch: «Es würde mich doch sehr überraschen, wenn die vielen Probleme in einigen Monaten gelöst werden könnten.» Eine mächtige Koalition aus Wirtschaft, Universitäten und Kantonen drängt hingegen auf Resultate.

Das Vorpreschen des Bundesrats mobilisiert auch die Allianz Kompass/Europa, wie der «Sonntagsblick» berichtet. Die Gruppe um Partners-Group-Gründer und Milliardär Alfred Gantner hatte bereits erfolgreich das erste Rahmenabkommen mit der EU bekämpft, das am 26. Mai 2021 versenkt wurde.

Jetzt ist der politisch aktive Unternehmer offenbar erneut aktiv. «Die Architektur ist wieder dieselbe: dynamische Rechtsübernahme», wird Gantner zitiert. Er lehne diese definierte Ausgangslage «fundamental ab» und sei überzeugt, «dass es wieder scheitern wird».

Und diesmal solle es nicht bei einer blossen Verhinderung bleiben: «Man kann nicht immer nur Nein sagen, sondern muss eine neue rationale, erfolgsorientierte Richtung vorlegen.» Gantner und seine Organisation planen deshalb eine Volksinitiative mit dem Ziel, sektorielle Abkommen mit Brüssel unter Beibehaltung der Souveränität zu erzielen.

SVP sagt Personenfreizügigkeit den Kampf an

Auf Gegenwind dürfte der Bundesrat, der mit Beat Jans europafreundlichen Zuwachs bekommen hat, erwartungsgemäss auch bei der SVP stossen. Fraktionschef Thomas Aeschi präsidiert neu die mächtige Wirtschaftskommission im Nationalrat.

Gemäss Sonntagsblick ist zudem die Nachhaltigkeits-Initiative der SVP, mit der die Personenfreizügigkeit bekämpft werden soll, auf Kurs. Laufe alles nach Plan, müsse der Bundesrat voraussichtlich bis im Frühjahr 2025 gegenüber dem Parlament dazu Stellung nehmen. Die Abstimmung über das neue Rahmenabkommen und die SVP-Initiative dürften so in etwa zeitgleich an der Urne entschieden werden.

Bis auf Albert Rösti stammen alle Bundesratsmitglieder aus einem Grenzkanton. VBS-Vorsteherin Viola Amherd hat das Europa-Dossier zum zentralen Thema ihres Präsidialjahrs erkürt. Dem Bundesrat stehen nun zähe Verhandlungen mit Brüssel bevor – aber auch innenpolitisch sind die Gegner bereits in Stellung.