Abschreckung mit Reichweite Jetzt will die Schweiz erstmals Marschflugkörper kaufen 

Samuel Walder

12.5.2025

Bund will neue AGM-158B-2 JASSM-Raketen kaufen.
Bund will neue AGM-158B-2 JASSM-Raketen kaufen.
Wikipedia

Seit Jahrhunderten verteidigt sich die Schweiz ausschliesslich an ihrer Grenze – das soll sich nun ändern. Mit dem Marschflugkörper JASSM und dem F-35 will die Armee künftig auch über grosse Distanzen reagieren können.

Samuel Walder

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Schweizer Armee plant ab 2028 die Beschaffung von US-Marschflugkörpern vom Typ AGM-158B-2 JASSM.
  • Die Raketen haben eine Reichweite von 1000 Kilometern und könnten erstmals auch Ziele weit ausserhalb der Landesgrenze treffen.
  • Der Strategiewechsel hin zur «aktiven Verteidigung» markiert ein sicherheitspolitisches Umdenken.
  • Neue Rüstungsvorhaben wie Himars-Raketen, bewaffnete Drohnen und Satellitentechnik sind Teil dieses Modernisierungsschubs – mit breiter politischer Unterstützung.

4,2 Meter lang, 1200 Kilogramm schwer, 454 Kilogramm Sprengkraft und 1000 Kilometer Reichweite – der AGM-158B-2 JASSM ist eine Waffe, die Respekt einflösst. Und genau diese US-Tarnkappenrakete will die Schweizer Armee. Nicht irgendwann – sondern bald. Laut CH Media laufen erste interne Planungen für eine Beschaffung ab 2028. Ziel: Angreifer abschrecken, noch bevor sie die Schweizer Grenze überhaupt erreichen. 

Was das heisst? Der Marschflugkörper würde vom neuen F-35-Kampfjet abgefeuert, 36 Stück davon hat die Schweiz bestellt. Und der JASSM könnte dann von Brienz aus bis nach Barcelona, Belgrad oder Warschau fliegen. Ein Paradigmenwechsel, wie Armeechef Thomas Süssli betont.

Seit Jahrhunderten verteidigt sich die Schweiz an ihrer Grenze. Jetzt ist Schluss damit. «Aktive Verteidigung» heisst das neue Credo. In Zeiten von Hyperschallraketen und Drohnenangriffen will die Schweiz nicht mehr nur abwarten – sondern auch zuschlagen können.

Dissuasion – das Comeback einer alten Militärdoktrin

Der Begriff «Dissuasion» erlebt ein überraschendes Comeback. Er stammt aus der Zeit des Kalten Kriegs – bedeutet aber nicht Abschreckung im klassischen Sinn. Sondern: Kriegsverhinderung durch glaubhafte Verteidigungsbereitschaft. Also: Wer uns angreift, riskiert selbst schwerste Verluste.

Armeechef Süssli hat das Konzept übernommen – und weitergedacht. Die Schweiz soll in Zukunft über ihre Grenzen hinaus wirken können, um Feinde abzuhalten. Nicht durch Drohungen, sondern durch technische Überlegenheit und operative Tiefe.

Neue Waffen, neue Augen

Im Hintergrund laufen Planungen für ein ganzes Arsenal neuer Systeme:

Himars-Raketenartillerie mit bis zu 300 Kilometer Reichweite, bewaffnete Drohnen, gelenkte Bomben, Loitering Munition, und ein eigenes Satellitenauge im All – bereits heute testet die Schweiz mit «Wisekey» ein Mini-Satellitensystem.

Auch die umstrittene Aufklärungsdrohne Hermes-900 bleibt im Rennen – trotz Kinderkrankheiten. Denn sie kann laut Armee bis ans Mittelmeer blicken, frühzeitig Migrationsströme erkennen – und das aus grosser Höhe.

Kritiker? Kaum. Selbst die SVP applaudiert

Selbst konservative Stimmen wie SVP-Nationalrat Thomas Hurter unterstützen den Kurswechsel. Die Technologie mache es heute nötig, Angriffe proaktiv und notfalls jenseits der Grenze abzuwehren. Der F-35 biete mit seinen Hightech-Sensoren und Waffen dafür das perfekte Fluggerät.

Konkrete Entscheide zur Beschaffung von Marschflugkörpern gibt es noch nicht – doch der Wind hat sich gedreht. Die Schweiz will nicht mehr nur Beobachter sein – sie will im Ernstfall schlagkräftig und modern verteidigen können. Und dazu gehört eben auch: Ziele treffen, bevor sie zur Bedrohung werden.