Bitte aus Brüssel abgeschlagen Die Schweiz will keine Lampedusa-Flüchtlinge aufnehmen

tgab

24.9.2023

Migrant*innen mit Babys besteigen ein Flugzeug zum europäischen Festland, nachdem sie die gefährliche Reise über das Mittelmeer  von Tunesien nach Lampedusa in winzigen Booten überlebt haben.
Migrant*innen mit Babys besteigen ein Flugzeug zum europäischen Festland, nachdem sie die gefährliche Reise über das Mittelmeer  von Tunesien nach Lampedusa in winzigen Booten überlebt haben.
IMAGO/ZUMA Press

Brüssel hat den Bundesrat gefragt, ob die Schweiz freiwillig Migrant*innen aus Lampedusa aufnehmen könnte. Bern hat zwar nicht offiziell abgelehnt, doch eine Aufnahme sei «nicht vorgesehen». Ein Affront gegen die EU?

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die EU hat die Schweiz gebeten Bootsigrant*innen aus Lampedusa aufzunehmen.
  • Die Schweiz will dieser Bitte nicht nachkommen.
  • Die Haltung des Bundes sorgt für Diskussionen unter Schweizer Politikern.

Auf der 145 Kilometer nördlich von Tunesien gelegenen italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa sind in den letzten Wochen tausende Flüchtende mit Booten angelandet. Italien ist überfordert und möchte die Menschen in andere Staaten verteilen.

Angesichts der Lage auf Lampedusa soll die EU-Asylagentur Italien bei der Registrierung neuer Flüchtlinge helfen. Das Land soll zudem dabei unterstützt werden, Migranten von der überlasteten Insel zu bringen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen appellierte an die anderen EU-Staaten und auch an die Schweiz, freiwillig Migranten aus Italien aufzunehmen, berichtet die «SonntagsZeitung».

Die Schweiz will dieser Bitte nicht nachkommen. Das sei «bis auf weiteres nicht vorgesehen», zitiert die Zeitung das Staatssekretariat für Migration (SEM). Auf Rückfrage erklärt ein SEM-Sprecher indes, die formelle Antwort an Brüssel sei noch nicht erfolgt, berichtet «20 minuten».

Schweizer Politiker sind gespalten

Die Haltung des Bundes sorgt für Diskussionen. Schliesslich wird sich auch die Schweiz irgendwie mit der EU über die Handhabe von Flüchtenden einigen müssen.

So sieht es SP-Nationalrat Fabian Molina als eine vergebene Chance, die Beziehungen zur EU zu verbessern. Die Schweiz habe sich stets für eine faire Verteilung eingesetzt. «Es wäre deshalb nichts als konsequent, wenn sich die Schweiz an einer Umverteilung beteiligen würde», so Molina zu «20 minuten».

FDP-Aussenpolitiker Hans-Peter Portmann dagegen fürchtet keine gröberen Konsequenzen, weil Frankreich und Deutschland eine ähnliche Haltung wie die Schweiz vertreten.

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi findet sogar die Schweiz müsse noch viel härter sein und alle Grenzen sichern. Er plädiert in dem Artikel für systematische Grenzkontrollen – «falls nötig mit der Armee, wenn die zivilen Behörden überfordert sind».

Sauer stösst den Regierenden auf, dass Italien das sogenannte Dublin-Abkommen ausgesetzt hat, also keine Menschen mehr von der Schweiz zurücknimmt, die zuerst in Italien registriert wurden.