Klimastreik auf dem Paradeplatz «Die Schweizer Banken bewegen sich zwar, aber noch viel zu langsam»

Von Lukas Meyer

3.8.2021

Rund 200 Aktivist*innen blockieren am Montagmorgen die Haupteingänge von UBS und Credit Suisse am Paradeplatz.
Rund 200 Aktivist*innen blockieren am Montagmorgen die Haupteingänge von UBS und Credit Suisse am Paradeplatz.
Bild: Keystone

Schweizer Banken sollen nicht mehr in fossile Energien investieren und ihre Finanzflüsse offenlegen. Diese Forderungen der Klimaaktivisten werden weitherum geteilt.

Von Lukas Meyer

3.8.2021

Am Montagmorgen haben Aktivist*innen die Eingänge von Credit Suisse und UBS am Zürcher Paradeplatz blockiert. Die Polizei hat die Blockade schnell geräumt und die Aktivisten abgeführt. Es ist nicht die erste Aktion dieser Art: Bereits vor zwei Jahren gab es ähnliche Proteste auf dem Paradeplatz.

Am Freitag haben Aktivist*innen auf der Hardturmbrache ein Klima-Camp aufgebaut. Sie wollen auf ihre Anliegen aufmerksam machen und haben für die ganze Woche Aktionen geplant.

Mit der Aktion am Paradeplatz wollen sie gegen die massiven Investitionen der Schweizer Finanzinstitute in Erdöl, Gas und Kohle protestieren, wie die Aktivist*innen bekannt gaben. So fordern sie den Ausstieg der Banken aus Investitionen in fossile Energieträger bis Ende Jahr, die sofortige Offenlegung aller Finanzflüsse und eine gesetzliche Verankerung davon mithilfe der Nationalbank.

Nachhaltigen Finanzprodukten gehöre die Zukunft, lautete der Tenor von Spitzenvertretern des Schweizer Finanzplatzes vor einem Jahr. Bundesrat Ueli Maurer hatte einen Plan vorgestellt, mit dem die Schweiz zum führenden Standort für nachhaltige Finanzdienstleistungen werden soll. Dieser sah unter anderem vor, die Transparenz bei Finanzprodukten zu erhöhen.



Wie viel die Schweizer Banken noch in Erdöl, Gas und Kohle investierten, sei schwierig zu beantworten, sagt Corporate-Finance-Experte Beat Affolter von der ZHAW. Gerade bei eigenen Investitionen von Banken gebe es nur bei grösserem Kreditengagement einigermassen Transparenzen. Studien hätten gezeigt, dass Credit Suisse und UBS im Jahr 2020 ihre Engagements massiv reduziert hätten – allerdings seien dann andere Finanzierer eingesprungen.

Darum hält Affolter ein koordiniertes und globales Handeln für notwendig. «Es ist schön, wenn UBS und CS tatsächlich handeln, aber wenn wir feststellen müssen, dass andere Akteure dann einspringen, ist das frustrierend.»

Dabei dürfe man die Nachfrageseite nicht unterschätzen. «Stellen Sie sich vor, alle Banken auf der ganzen Welt würden tatsächlich sofort aufhören solche fossilen Projekte zu finanzieren.» Das würde zu einem massiven Preisschock und Lieferproblemen führen – eine solche globale Schock-Strategie hält Affolter für hochriskant. Darum brauche es eine gewisse Transformationszeit, die die Banken mit der Finanzierung von alternativen Energien oder von Dekarbonisierungsmassnahmen in der Wirtschaft beschleunigen könnten.

«Banken müssen ihr Kerngeschäft radikal umbauen»

«Die Schweizer Banken bewegen sich zwar, aber noch viel zu langsam», ist die Meinung von WWF Schweiz dazu. Von den 15 grössten Retail-Banken habe noch keine wissenschaftsbasierte, mit dem 1,5-Grad-Ziel kompatible Emissionsabsenkungspfade für alle Geschäftsbereiche definiert. Die Umweltorganisation hat dazu ein Rating veröffentlicht.

Für den WWF ist klar: «Nehmen Banken Nachhaltigkeit ernst, müssen sie ihr Kerngeschäft radikal umbauen.» Das sei wichtig, denn der Einfluss der Banken sei nicht zu unterschätzen: «Der Schweizer Finanzsektor ist ein zentraler Hebel im Kampf gegen die Klimakrise: Legen Banken das Kapital in fossile Energien an wie die Erdölgewinnung oder die Kohleförderung, heizen sie die Klimakrise an.»



Die Forderung nach mehr Transparenz unterstützt der WWF ebenfalls. Das sei ein «wichtiger erster Schritt, damit Finanzinstitute ihre klimabedingten finanziellen Risiken erkennen und reduzieren und ihre Investitionen klimaverträglich ausrichten». So könnten auch Kund*innen ihre Anlageentscheide besser treffen.

Nicht nur auf Finanzplatz fokussieren

Rund 30 Prozent der professionell verwalteten Gelder sind in der Schweiz nachhaltig angelegt bei steigender Tendenz, teilt Monika Dunant, Leiterin Public & Media Relations bei der Schweizer Bankiervereinigung, mit: «Gegenüber dem globalen Durchschnitt von 15 Prozent haben wir hier einen grossen Vorsprung.»

UBS und CS etwa hätten beide die «Principles for Responsible Banking» unterzeichnet. Dunant verweist ausserdem auf eine Studie, der zufolge die Schweizer Grossbanken bei «Fossil Finance» auf den Rängen 19 (CS) und 31 (UBS) liegen. Die Forderung «End Fossil Finance» im Rahmen der erwähnten Prinzipien unterstützt die Bankiervereinigung, ebenso die Offenlegung von Finanzflüssen. Beides sollte aber im Rahmen eines internationalen und koordinierten Vorgehens geschehen.

«Das Finanzsystem ist ein wichtiger Teil der Lösung, damit wir die Energiewende schaffen», so Dunant weiter. Dafür brauche es auch politische Rahmenbedingungen, die die Realwirtschaft miteinbeziehen. Man könne dabei aber nicht nur auf den Finanzplatz fokussieren: «Die Banken können ihren Beitrag nur im Verbund mit der Realwirtschaft, den Konsumentinnen und Konsumenten, den Behörden und der Politik leisten.»

UBS und CS wollen Netto-Null bis 2050

Die UBS will sich zur Aktion auf dem Paradeplatz nicht äussern, die Medienstelle teilt auf Anfrage von «blue News» aber mit: «Klimaschutz hat bei UBS höchste Priorität. Die Bank hat sich dazu verpflichtet, die Treibhausgas-Emissionen über das gesamte Geschäft hinweg bis 2050 auf Netto-Null zu senken, das Ziel wird mittels wissenschaftlich fundierter Zwischenziele für 2025, 2030 und 2035 anvisiert.»

Auch die Credit Suisse betont, dass die Bank sich für den Klimaschutz und das Erreichen der Ziele des Pariser Klimaabkommens einsetze. Bis 2050 will man die Netto-Null-Emissionsziele für betriebliche Aktivitäten, Lieferkette und Finanzierungstätigkeiten erreichen. Dies werde man von der «Science Based Targets Initiative» als wissenschaftsbasierte Ziele zertifizieren lassen.

Bei der Transparenz will die Bank ebenfalls handeln: «Die Credit Suisse anerkennt, dass auch die Finanzströme mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens in Einklang gebracht werden müssen.» Man setze  darum Empfehlungen einer Taskforce zur freiwilligen Berichterstattung über Klimarisiken um und beteilige sich an einem Pilotprojekt zur Erprobung von Methoden, mit denen sich die Ausrichtung von Kreditportfolios an den Pariser Klimazielen messen lasse.