Extremismus Die Schwierigkeit, extremistische Veranstaltungen zu verbieten

SDA

27.11.2019

In dieser Tennishalle in Unterwasser hat 2016 ein Konzert mit 5'000 rechtsextremen Besuchern stattgefunden.
In dieser Tennishalle in Unterwasser hat 2016 ein Konzert mit 5'000 rechtsextremen Besuchern stattgefunden.
Bild: Keystone

Darf, soll oder muss man Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund verbieten? Im St. Galler Kantonsrat ist heute lange darüber diskutiert worden. Den einen erscheint das wirkungslos, für die anderen ist das unbedingt notwendig. 

Im Oktober 2016 fand in Unterwasser im Toggenburg ein Rechtsrock-Konzert mit rund 5'000 Neonazis aus dem In- und Ausland statt. Die Polizei war vom Grossanlass überrumpelt und griff nicht ein.

Die Veranstaltung löste politische Diskussionen aus – auch im St. Galler Kantonsrat. Im April 2017 überwies eine klare Mehrheit von 80 gegen 2 Stimmen bei 9 Enthaltungen eine Motion der CVP-GLP-Fraktion. Darin wurde ein gesetzliches Verbot von Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund verlangt.



Auf die Novembersession hin legte die St. Galler Regierung einen Gesetzesartikel vor. Danach soll die Durchführung einer Veranstaltung verboten werden, die nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbart werden kann und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung massgeblich beeinträchtigt.

Kommission gegen Artikel

Überraschend stiess der Artikel bei der vorberatenden Kommission auf Ablehnung. Eine klare Mehrheit wollte den Artikel streichen – ohne eine Alternative dazu zu formulieren.



In der Debatte unterstützte die CVP-GLP-Fraktion das Verbot wie auch eine Mehrheit der SP-Grüne-Fraktion. Dagegen sprachen sich vor allem Vertreterinnen und Vertreter von FDP und SVP aus.

Der Sprecher der CVP-GLP-Fraktion warf den anderen Fraktionen vor, es fehle ihnen am Willen, ein Anliegen der Bevölkerung aufzunehmen. Ein Nein zum Verbot bedeute gleichzeitig ein Ja zu extremistischen Veranstaltungen. Es gehe auch um ein politisches Signal.

Verschiedene Rednerinnen und Redner beschäftigten sich mit der Frage der Tauglichkeit des Artikels. Von der FDP hiess es, die bisherigen rechtlichen Möglichkeiten reichten aus. Ein Verbot im Gesetz löse die Problematik nicht. Der Bevölkerung werde eine falsche Sicherheit vorgegaukelt. Das sei Politik für die Galerie.

Ein Sprecher der SVP sagte, man wolle keine Scheinverbote. Wer sei es denn, der entscheide, ab wann die demokratische und rechtsstaatliche Grundordnung gestört sei, fragte der Kantonsrat. Dies könne ohne Willkür nur ein Gericht.

Zwei Zeilen im Gesetz

SP-Regierungsrat Fredy Fässler räumte ein, es sei nicht einfach, eine Formulierung zu finden, die mit den Grundrechten kompatibel sei. «Aber wir haben ein Problem, wenn wir keine Normen schaffen.» An die Adresse der Kritiker sagt er: «Wenn der Artikel nichts nützen sollte, was kostet uns das mehr als zwei Zeilen in der Gesetzessammlung?»

Zu einem Entscheid kam es nicht. Ein Antrag auf Rückweisung des Geschäfts an die Kommission wurde gestellt – und fand breite Zustimmung. Damit kommt es in einer der kommenden Sessionen zu einer Neuauflage des Versuchs, im Kanton St. Gallen Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund durch einen Gesetzesartikel zu verhindern.

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