Entführter Böögg und stürzender BundesratDiese 5 kuriosen Sechseläuten- Episoden musst du kennen
Dominik Müller
28.4.2025
Pannen, Pech und Pleiten: Als der Böögg baden ging
Ein Attentat, eine Entführung und ein paar Steckenpferde: Der Böögg hat eine bewegte Vergangenheit. blue News zeigt dir die spektakulärsten Auftritte des Zürcher-Wetterorakels im Video.
14.04.2023
Das Sechseläuten ist ein Fixpunkt im Kalender Zürichs, doch seine Geschichte ist alles andere als statisch. Fünf Episoden zeigen, wie tief Politik, Pannen und Proteste im Feuer des Frühlings verwurzelt sind.
Wenn in Zürich der Böögg brennt, steht die Stadt Kopf. Das Sechseläuten ist mehr als nur ein Frühlingsfest – es ist gelebte Tradition, spektakuläre Inszenierung und ein emotionales Ritual der Zünfte. Jahr für Jahr zieht das Ereignis Tausende auf den Sechseläutenplatz, wo das Schicksal des Winters in Flammen aufgeht.
Doch hinter der jahrhundertealten Choreografie verbergen sich auch kuriose, bewegende und politische Episoden, die das Fest geprägt haben.
Manche dieser Momente sind so aussergewöhnlich, dass sie bis heute Gesprächsstoff blieben: von entführten Schneemännern über rebellierende Bööggs bis hin zu historischen Premieren für Frauen. Wir blicken zurück auf fünf unvergessliche Kapitel in der Geschichte des Sechseläutens.
Im Jahr 2006 wurde der Böögg kurz vor dem Sechseläuten gestohlen – und dies direkt von der Fertigungsstätte in Stäfa ZH. Trotz fahrlässiger Lagerung von Sprengstoff wurde der Hersteller nicht angezeigt. Die linke Aktivistengruppe «1. Mai – Strasse frei» bekannte sich zur Tat. Ein Ersatz-Böögg musste einspringen, der eigentlich für den Kinderumzug vorgesehen war.
Der Original-Böögg tauchte später bei der 1.-Mai-Demonstration auf, verschwand aber wieder. Erst am Tag danach fand die Polizei das gestohlene Gut im Bunker des Kanzleischulhauses und brachte ihn in die Zürcher Stadtgärtnerei. Dort wurde der Böögg in der Nacht vom 20. auf den 21. Mai erneut «befreit».
Böögg brennt viermal nicht
So sehr der Böögg auch Symbol des Zürcher Frühlings ist – es gab Jahre, in denen auf seine feierliche Verbrennung vollständig verzichtet wurde. Besonders markant war dies während des Ersten Weltkriegs: Wegen der «ernst gewordenen Zeitlage» verzichteten die Zürcher Zünfter 1917 und 1918, in den letzten beiden Jahren des Ersten Weltkriegs, auf die Verbrennung des Bööggs.
Auch im Zweiten Weltkrieg wurde auf das Abbrennen des Bööggs verzichtet. Allerdings nur einmal: im Jahr 1941. Der Grund dafür war die sogenannte Anbauschlacht, die aus der Sechseläutenwiese für Jahre einen Acker machte.
Das letzte Mal ohne Sechseläuten ist indes noch nicht lange her. Das Traditionsfest fiel 2020 aufgrund der Corona-Pandemie aus. Letztes Jahr wurde die Verbrennung des Bööggs aufgrund heftiger Windböen um einige Wochen verschoben und fand schliesslich in Heiden AR statt.
Bauern pflügen den Platz vor der Zürcher Tonhalle. Auch die Sechseläutenwiese wurde im Rahmen der schweizerischen Anbauschlacht während des Zweiten Weltkriegs zum Acker.
Keystone
Christoph Blocher stürzt live vom Podest
Das Interview mit Markus Gilli ist schon zu Ende, als der damalige SVP-Bundesrat Christoph Blocher im Jahr 2005 den Fernsehzuschauern noch ein paar Worte mit auf den Weg gibt. Dabei scheint er zu vergessen, dass das Gespräch auf einem Podest stattfindet. Blocher stürzt – und Tele Züri hält diesen unvergesslichen Sechseläuten-Moment für die Nachwelt fest.
Feuer zu früh und Böögg im Wasser
Zwei besondere Pannen aus der Geschichte des Sechseläutens sind 1921 und 1944 passiert – und sie könnten unterschiedlicher kaum sein. 1921 zündete ein Sekundarschüler den Scheiterhaufen bereits am frühen Nachmittag an – allerdings noch ohne Böögg. Die Zürcherinnen und Zürcher brachten daraufhin eiligst neues Holz und hielten das Feuer am Leben. Mit Erfolg: Der Scheiterhaufen brannte pünktlich um 18 Uhr.
1944 musste das Sechseläuten an einen anderen Ort ausweichen: Weil während des Zweiten Weltkriegs und im Zuge der Anbauschlacht auf dem Sechseläutenplatz Kartoffeln und Raps angepflanzt wurden, wurde der Böögg auf dem Hafendamm Enge aufgestellt. Die ungewohnte Umgebung hatte Folgen: Die Tragstange brannte durch und der Böögg stürzte in den See. Den Kopf brachten die Zünfter wieder an Land, sodass wenigstens der noch verbrannt werden konnte.
Der Böögg wird im April 1944 auf dem Hafendamm Enge verbrannt – und stürzt in den Zürichsee.
Keystone
Frauen marschieren mit
Über ein Jahrhundert lang war das Sechseläuten-Männerritual: Zünfte, Männer, Tradition – Punkt. Frauen konnten lediglich als Blumenmädchen oder externe Ehrengäste mitwirken. Seit 2023 ist das anders. Als erste liess die Zunft zur Meisen die Zunfttöchter am Sechseläuten mitlaufen. Weitere Zünfte folgten dem Beispiel.
An einer ausserordentlichen Generalversammlung wurde im Februar 2025 bei der Zunft zur Meisen eine Änderung der Statuten entschieden. Frauen sind in dieser Zürcher Zunft nun den Männern gleichgestellt und können in die Zunft aufgenommen werden.