Grippe und Corona Droht in diesem Winter eine Doppelwelle?

uri/toko

18.1.2022

Unter anderem wegen Lockerungen von Corona-Massnahmen könnte die Grippewelle diesen Winter stärker ausfallen und länger andauern, warnt die europäische Seuchenschutzbehörde.
Unter anderem wegen Lockerungen von Corona-Massnahmen könnte die Grippewelle diesen Winter stärker ausfallen und länger andauern, warnt die europäische Seuchenschutzbehörde.
KEYSTONE/Martin Ruetschi (Themenbild)

Im letzten Winter blieb Europa von einer verheerenden Grippewelle weitgehend verschont. Das könnte sich in diesem Jahr ändern. Auch beim BAG ist man gewarnt.

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18.1.2022

Schon seit Mitte Dezember verbreiten sich Influenza-Erreger in Europa schneller als erwartet, berichtet die europäische Seuchenschutzbehörde ECDC und warnt vor einer «Zwillings-Epidemie». In der letzten Dezemberwoche sei die Anzahl an Intensivpatient*innen auf europaweit 43 gestiegen.

Was nicht nach viel klingt, ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum jedoch ein steiler Anstieg. Im gesamten Dezember 2020 befand sich europaweit lediglich eine an Grippe erkrankte Person in intensivmedizinischer Behandlung. 

Im vergangenen Winter führten insbesondere die strikten Corona-Massnahmen dazu, dass die Grippewelle vergleichsweise harmlos verlief. Das ist in diesem Jahr anders. Für den Influenza-Experten Pasi Penttinen von der ECDC könne der Anstieg der Beginn einer Grippesaison sein, die bis zum Sommer andauert.

Grippewelle in drei französischen Regionen

Der Nachrichtenagentur Reuters erklärt Penttinen: «Wenn wir damit beginnen, alle Massnahmen aufzuheben, besteht meine grosse Sorge in Bezug auf die Grippe darin, dass wir aufgrund der langen Zeit, in der es in der europäischen Bevölkerung so gut wie keine Zirkulation gab, vielleicht von den normalen saisonalen Mustern abweichen werden». 

Hinzu kommt, dass sich in diesem Jahr offenbar eine Virus-Variante durchgesetzt hat, die Penttinen zufolge besonders für Ältere gefährlich sei. Für eine endgültige Bewertung sei es zwar noch zu früh, die aktuell verfügbaren Impfstoffe seien jedoch «nicht optimal».

In Frankreich grassiert vielerorts bereits eine Grippewelle. Zahlen des Gesundheitsministeriums zufolge befinden sich drei Regionen in einer Welle, weitere seien in einer «prä-endemischen Phase». Sechs Tote bei insgesamt 72 schweren Fälle habe es landesweit bereits gegeben.



BAG zurückhaltend

Auch das BAG verfolgt die Lage. Virginie Masserey erklärte auf der heutigen Medienkonferenz, dass man indes noch nicht abschätzen könne, ob die Schweiz vor einer Doppelwelle steht. Man registriere derzeit noch relativ wenige Grippefälle, so Masserey. 

Gemäss dem Sentinella-Meldesystem, das Hausärzt*innen und das BAG gemeinsam betreiben, kamen in der Zeit zwischen dem 1. und dem 7. Januar hochgerechnet 87 Konsultationen aufgrund von grippeähnlichen Erkrankungen auf 100'000 Einwohner.

Wöchentliche Konsultationen

Wöchentliche Zahl der Konsultationen aufgrund grippeähnlicher Erkrankung, hochgerechnet auf 100'000 Einwohner. Auf die Angabe eines epidemischen Schwellenwerts wird seit Saison 2020/21 verzichtet.
Wöchentliche Zahl der Konsultationen aufgrund grippeähnlicher Erkrankung, hochgerechnet auf 100'000 Einwohner. Auf die Angabe eines epidemischen Schwellenwerts wird seit Saison 2020/21 verzichtet.
BAG

Im Lagebericht heisst es, die Konsultationsrate weise «einen steigenden Trend im Vergleich zu den beiden Vorwochen auf.» Allerdings wird darauf hingewiesen, dass es sich bei den grippeähnlichen Erkrankungen im Zuge der Sentinella-Überwachung um Verdachtsdiagnosen handle, die im Labor eher selten auf Influenza bestätigt würden.

Verbreitung der Grippe nach Sentinella-Regionen

Die Sentinella-Regionen «GE, NE, VD, VS» und «BE, FR, JU» verzeichnen eine signifikante Grippe- Verbreitung. Andere Regionen verzeichnen keine Ausbreitung.
Die Sentinella-Regionen «GE, NE, VD, VS» und «BE, FR, JU» verzeichnen eine signifikante Grippe- Verbreitung. Andere Regionen verzeichnen keine Ausbreitung.
BAG

Die Kurve der Konsultationen bei den grippeähnlichen Erkrankungen sei nicht zuletzt auch deshalb mit Vorsicht zu interpretieren, da sich die Symptome mit denen von Covid-19 überschneiden würden. Deshalb könne ein «Anstieg durch die Zunahme der Covid-19 Erkrankungen mitbedingt sein», heisst es im Bericht.