Keine Steuerung, keine Überprüfung Bund zahlt Milliarden gegen Korruption – weiss aber nicht, ob es etwas bringt

Sven Ziegler

23.10.2025

Ob die im Ausland gezahlte Hilfe gegen Korruption etwas bringt, weiss niemand. (Symbolbild)
Ob die im Ausland gezahlte Hilfe gegen Korruption etwas bringt, weiss niemand. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) bemängelt, dass die Schweiz ihre Korruptionsbekämpfung in der internationalen Zusammenarbeit weder gezielt steuert noch systematisch überprüft. Die beiden zuständigen Ämter verfügen laut EFK über keine klare operative Strategie.

Sven Ziegler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Laut EFK fehlt der Schweiz eine Gesamtstrategie zur Korruptionsbekämpfung in der internationalen Zusammenarbeit.
  • DEZA und SECO definieren weder konkrete Ziele noch gemeinsame Steuerungsmechanismen.
  • Die Finanzkontrolle fordert klarere Zuständigkeiten, verbindliche Indikatoren und eine bessere Wirkungsmessung.

Die Schweiz investiert jährlich Milliardenbeträge in Entwicklungs- und Wirtschaftsprogramme, unter anderem mit dem Ziel, Korruption zu verhindern und Rechtsstaatlichkeit zu stärken. Diese Politik soll weltweit Vertrauen in Schweizer Hilfe schaffen und sicherstellen, dass öffentliche Gelder tatsächlich bei der Bevölkerung in den Partnerländern ankommen.

Umso heikler ist die aktuelle Diagnose der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK): Laut ihrem am heutigen Donnerstag veröffentlichten Bericht fehlt der Bundesverwaltung eine kohärente Strategie, um die Wirksamkeit ihrer Antikorruptionsmassnahmen zu gewährleisten.

Demnach verfügen weder die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) noch das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) über operative Ziele, Budgets oder messbare Vorgaben für die Korruptionsbekämpfung. Die Aktivitäten entstünden «bottom-up» und seien kaum strategisch abgestimmt – eine systematische Erfolgskontrolle sei deshalb nicht möglich.

Fehlende zentrale Steuerung

Die Prüfer halten fest, dass keine zentrale Datengrundlage existiert, die zeigt, welche Projekte tatsächlich zur Korruptionsbekämpfung beitragen. Zwischen DEZA und SECO gebe es keine formalisierte Zusammenarbeit, obwohl sich ihre Zuständigkeiten teilweise überschneiden. Damit bleibe unklar, wie effektiv die eingesetzten Mittel wirken.

Die EFK empfiehlt, eine gemeinsame Koordinationsplattform zu schaffen, auf der Informationen gebündelt, Erfahrungen geteilt und Synergien genutzt werden können.

Querschnittsthema ohne klare Verantwortung

Korruptionsbekämpfung gilt innerhalb der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit als sogenanntes «transversales Ziel» – sie soll in allen Projekten mitberücksichtigt werden. In der Praxis führt das laut EFK jedoch dazu, dass die Thematik selten im Mittelpunkt steht. Nur wenige Programme fokussieren explizit auf Prävention oder Aufdeckung von Korruption.

Diese Querschnittslogik sei zwar flexibel, führe aber dazu, dass keine klare Zuständigkeit existiere. Die EFK warnt, ohne definierte Prioritäten und Verantwortlichkeiten bestehe das Risiko, dass Korruptionsfragen in den Projektportfolios untergehen.

Wissen ohne Struktur, Wirkung ohne Messung

Auch beim Wissensmanagement sieht die Finanzkontrolle Schwächen: Erfahrungen und Fachwissen seien nicht systematisch dokumentiert und stark von einzelnen Mitarbeitenden abhängig. Institutionelle Lernprozesse fehlten weitgehend.

Zudem sei es schwierig, den tatsächlichen Effekt von Antikorruptionsmassnahmen zu erfassen. Viele Projekte seien so konzipiert, dass kaum überprüfbare Indikatoren vorhanden seien. Die EFK fordert verbindliche Kennzahlen und Ex-post-Evaluationen, um zu ermitteln, ob Projekte langfristig Wirkung zeigen.

Beide Ämter anerkennen die Kritik grundsätzlich, weisen aber auf politische und operative Grenzen hin.  Die DEZA betont, dass operative Zielvorgaben politische Entscheide vorwegnehmen würden. Das SECO verweist auf seine Nulltoleranzpolitik und sagt, der Bericht sei nur auf einen Teil seiner Projektarbeit bezogen.

Die EFK sieht, so das Fazit, dringenden Handlungsbedarf, damit die Schweiz ihren internationalen Anspruch glaubwürdig einlöst. Ohne klare Ziele, abgestimmte Steuerung und messbare Resultate bleibe unklar, ob die Milliardenbeträge im Kampf gegen Korruption die gewünschte Wirkung entfalten.