Rechtshilfeersuchen wegen Beleidigung Erdogan streckt seinen langen Arm bis in die Schweiz

SDA/uri

19.8.2020

Unter anderem wegen Beleidigung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan fordert die Türkei Rechtshilfe aus der Schweiz.  (Archiv)
Unter anderem wegen Beleidigung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan fordert die Türkei Rechtshilfe aus der Schweiz.  (Archiv)
Bild: Keystone

In der Auseinandersetzung mit Erdogan-Kritikern fordert Ankara von den Schweizer Behörden immer öfter Rechtshilfe. Das allerdings meist ohne Erfolg.

Die Schweizer Behörden müssen sich seit 2016 vermehrt mit Rechtshilfeersuchen der Türkei beschäftigen. Die Ersuchen betreffen immer häufiger vermeintliche Beleidigungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Internet. Die Schweiz weist die Ersuchen meistens ab.

Zum Teil liegen den Rechtshilfeersuchen auch vermutete Beleidigungen anderer türkische Politiker zugrunde, wie das Bundesamt für Justiz (BJ) am Mittwoch gegenüber Keystone-SDA einen Bericht von Radio SRF bestätigte. Insgesamt gingen in den letzten Jahren bis zu 30 Ersuchen ein, die Mehrheit davon seit Ende 2016.

Neben der Verletzung der Ehre Erdogans richten sich die Vorwürfe aus Ankara regelmässig gegen die Unterstützung einer terroristischen Organisation, namentlich der kurdischen Arbeiterpartei PKK. Gemäss BJ trafen solche Ersuchen schon vor 2016 ein. Seit damals gab es allerdings einen leichten Anstieg.

Immer wieder die PKK

Inkriminiert wurden darin positive Kommentare zu Haltungen, Veranstaltungen oder Aktionen der PKK und ähnlicher Organisationen auf sozialen Medien. Bei diesen Äusserungen soll es sich gemäss türkischer Lesart um Propaganda für eine Terrororganisation handeln.

Die türkischen Behörden ersuchen jeweils um Vorladung und Einvernahme von Beschuldigten mit Wohnsitz in der Schweiz. In der Regel handelt es sich dabei um türkische Staatsangehörige.

Das Bundesamt für Justiz weist die türkischen Rechtshilfeersuchen wegen Beleidigung Erdogans oder Unterstützung einer terroristischen Organisation meist ab. Es fehlt die Bedingung der Strafbarkeit in beiden Staaten.

So ist die PKK in der Schweiz nicht verboten. Und die Rechtskommission von National- und Ständerat wollen einen Strafgesetz-Paragrafen wegen Majestätsbeleidigung aufheben. Zudem dürfte die Schweizer Justiz vermeintliche Beleidigungen Erdogans anders beurteilen als die türkische. Rechtshilfeersuchen wegen Ehrverletzung hat das BJ aus anderen Staaten nicht erhalten.

Bespitzelung und Entführungsversuch

Die Türkei hielt in der Vergangenheit öfters türkisch-schweizerische Doppelbürger im Land fest, denen sie vorwarf, an einem Putschversuch gegen Erdogan im Juli 2016 beteiligt gewesen zu sein oder einer verbotenen Organisation anzugehören. Die türkische Regierung macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den gescheiterten Umsturz verantwortlich.

Die Botschaft in Bern steht im Verdacht, Türkei-Kritiker und Anhänger Gülens in der Schweiz zu bespitzeln, dementiert das aber. Die Bundesanwaltschaft eröffnete ein Strafverfahren.

Sie wollte auch den Presseattaché und den zweiten Botschaftssekretär verhaften. Die Diplomaten reisten jedoch vorher aus. Sollten sie zurückkehren, klicken die Handschellen. Die Botschaftsangestellten sollen versucht haben, einen Geschäftsmann in die Türkei entführen zu lassen. In der Mongolei scheiterte die Entführung eines angeblichen Staatsfeinds der Türkei ebenfalls.

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