Zankapfel Europapolitik SVP will über strittige EU-Milliarde abstimmen – aber keiner sonst

Von Anna Kappeler

12.9.2019

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi will noch vor den Wahlen über die EU-Milliarde befinden.
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi will noch vor den Wahlen über die EU-Milliarde befinden.
Bild: Keystone

Ein Versuch der SVP, mittels eines Ordnungsantrages doch noch vor den Wahlen über das heisse Eisen EU-Milliarde zu befinden, ist heute gescheitert. Und was tun die bürgerlichen Parteien? Beschuldigen sich der Unehrlichkeit.

Sechs Wochen vor den Wahlen macht die Politik um ein Thema einen Bogen: um das Europa-Dossier. Dies sehr zum Missfallen der SVP. Mit einem Ordnungsantrag von SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi hat die Partei am Donnerstag versucht, zumindest über die umstrittene EU-Kohäsionsmilliarde noch vor den Wahlen zu befinden. Damit würde Bern während zehn Jahren rund 1,3 Milliarden Franken zahlen, um soziale Ungleichheiten in der EU zu mindern. Das ist der Beitrag der Schweiz, um am europäischen Binnenmarkt teilzunehmen.

Doch das Vorhaben der SVP ist gescheitert. Mit 119 zu 63 Stimmen hat der Rat den Antrag versenkt. 

Stände- und Nationalrat haben im Grundsatz Ja gesagt zum Kohäsionsbeitrag, einige Differenzen sind indes noch offen. Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates (APK-N) hat das Geschäft sistiert, womit es statt in der Herbst- erst in der Wintersession behandelt wird. Dies geschah gegen den Willen der SVP – und obwohl das Dossier verhandlungsbereit ist.



«Nun wird alles auf nach der Wahl verschoben»

Die Ablehnung missfällt Aeschi: «Nun werden alle EU-Geschäfte auf nach der Wahl verschoben. Das ist schlicht nicht ehrlich den Stimmbürgern gegenüber», sagt er. Die Taktik sei klar: «Nach den Wahlen werden alle Parteien ausser der SVP Ja sagen zur Kohäsionsmilliarde und auch zum Rahmenabkommen.»

Doch betreibt die SVP damit nicht Wahltaktik, um das EU-Thema – ein Kerndossier der SVP – doch noch vor den Wahlen lancieren zu können? Das weist Aeschi zurück. «Der Ordnungsantrag war keine Wahltaktik unsererseits. Wir verlangen lediglich, ein behandlungsreifes Geschäft endlich zu behandeln». Das entspreche dem gängigen parlamentarischen Ablauf. «Wahltaktik betreiben alle anderen, indem sie ein behandlungsreifes Geschäft absichtlich nicht traktandieren.»

Aeschi ist genervt: «Die CVP und die FDP brechen ihr Wort. Sie haben im Sommer gesagt, dass sie einer Zahlung nur zustimmen, wenn die EU keine diskriminierenden Massnahmen gegen unser Land ergreift.» Genau das aber habe die EU mit der Nichtverlängerung der Börsenäquivalenz getan. «Nun verstecken sie sich hinter der Aussage, dass es noch weitere Abklärungen brauche.»

«So funktioniert sachliche Arbeit»

APK-N-Präsidentin und CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter weist den Vorwurf der Taktiererei zurück. «Mir ist schon klar, dass die SVP den Antrag gern benutzt hätte, um Wahlkampf zu machen», sagt sie. Aber noch bestünden Differenzen zwischen den Räten. «Es ist also sachlich gerechtfertigt, die Entwicklungen in der EU abzuwarten, bis wir Entscheidungen treffen.» So funktioniere sachliche Kommissionsarbeit.

Ähnlich klingt es von Aussenpolitiker und FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann. «Die SVP verdreht unsere Aussagen.» Die FDP habe gesagt, dass sie einer Kohäsionsmilliarde erst zustimme, wenn wieder geregelte Verhältnisse mit der EU herrschen. «Und ja: Wir können bis zum Sanktnimmerleinstag warten, bis wieder geregelte Verhältnisse mit der EU herrschen», sagt Portmann. Er habe die aktuelle Position dazu nicht mit der Fraktion abgesprochen.

Portmann geht davon aus, dass die FDP bei ihrer Position geblieben wäre und entsprechend der Milliarde nicht zugestimmt hätte, wäre der Vorstoss jetzt ins Parlament gekommen.

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