Nach Morges und Lugano Experte warnt vor Terrorismus-Problem in der Schweiz

SDA/sob

24.12.2020 - 05:09

Im Kaufhaus Manor in der Innenstadt von Lugano griff Ende November 2020 eine 28-jährige Schweizerin zwei Frauen an und verletzte eine von ihnen mit einem Messer schwer.
Im Kaufhaus Manor in der Innenstadt von Lugano griff Ende November 2020 eine 28-jährige Schweizerin zwei Frauen an und verletzte eine von ihnen mit einem Messer schwer.
Bild: Keystone

Nach den Attacken von Morges und Lugano warnt der Genfer Terrorismus-Experte Jean-Paul Rouiller vor Terrorismus in der Schweiz. Vor allem mögliche rechtsextreme Täter seien eine Gefahr. 

Gemäss dem Schweizer Terrorismus-Forscher Jean-Paul Rouiller hat die Schweiz ein Terrorismus-Problem. Obwohl im Herbst mehrere jihadistische Anschläge Europa erschütterten, glaubt Rouiller aber nicht an ein Erstarken des IS. 

Bedenklich sei vielmehr die Radikalisierung von rechtsextremen Gruppierungen. «Dass es in Zukunft in der Schweiz zu Anschlägen von Rechtsextremen kommt, ist sehr wahrscheinlich», sagt Rouiller, Leiter der Terrorismus-Forschungsgruppe des Geneva Centre for Security Policy in Genf. 

Das Schweizer Terrorismus-Problem möge zwar unspektakulär erscheinen. Es sei jedoch tiefgreifend und von Dauer, so der Experte in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung». Die Schweiz müsse damit rechnen, dass es auch vermehrt zu Attacken von Einzeltätern komme, die sich von der Ideologie des IS inspirieren liessen.

Risiko bleibt bestehen

Die Profile der Täter von Morges und Lugano seien sehr ähnlich. Beide Täter hätten Kontakte zu Personen, Netzwerken und Gemeinschaften, die mit der Terrororganisation verbunden seien. Sie hätten sich mit ausländischen IS-Kämpfern in Syrien ausgetauscht.

Zwar seien die beiden Taten in der Schweiz auf wenig Resonanz gestossen. Aus diesem Desinteresse zu schliessen, dass die Schweiz für den IS oder die Al-Kaida uninteressant sei, oder zu folgern, dass in der Schweiz kein terroristisches Risiko bestehe, sei jedoch falsch und gefährlich.

Auf die Frage, ob die Menschen im Zuge der Corona-Pandemie anfälliger für extremistisches Gedankengut seien, sagte Rouiller, dass sich viele Leute während des Lockdowns sozial isoliert hätten. Sie seien dadurch anfälliger für die Versprechungen der Terroristen, die einfache Antworten auf komplizierte Fragen lieferten.

Zwei Anschläge innert kurzer Zeit

Bei einer Messerattacke in Morges war Mitte September ein 29-jähriger Portugiese erstochen worden. Er habe aus Rache gegenüber dem Staat Schweiz gehandelt, gestand der Messerstecher. Die Behörden hatten ihn wegen dschihadistischer Umtriebe im Visier.

Ferner hatte Ende November eine 28-jährige Frau in einem grossen Luganeser Kaufhaus zwei Frauen angegriffen, eine von ihnen mit einem Messer. Eines der Opfer wurde dabei schwer verletzt. Das Bundesamt für Polizei vermutete einen terroristischen Hintergrund.

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