Bellinzona
Die Massnahmen der Tessiner Gesundheitsbehörden gegen die Ausbreitung des Hepatitis-E-Virus im Kanton greifen. Das bestätigten am Donnerstag in Manno TI Teilnehmer eines Ärztekongresses zum Thema.
Bereits vor einigen Jahren waren die Tessiner Gesundheitsbehörden aufgeschreckt, als sie feststellten, dass die Zahl der Infektionen mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) in der Südschweiz vergleichsweise stark zugenommen hatte und laufend weiter anstieg.
Im Dezember 2016 meldete der Kanton Tessin dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) für den Zeitraum zwischen 2013 und November 2016 eine Häufung von rund 100 HEV-Fällen. Zwischen 2012 und 2015 war die Zahl der Fälle in Spitalpflege von 3 auf 50 angestiegen, wie es in einer BAG-Publikation heisst.
Besonders betroffen waren Jäger, Metzgereiarbeiter und Tierärzte. Das für Lebensmittelsicherheit zuständige Tessiner Kantonslabor ermittelte als mögliche Ursache kantonsspezifische Wurstprodukte (Mortadella mit roher Schweineleber). Tests bestätigten die Annahme.
Schweineleber testen und kochen
Daraufhin setzte das Kantonslabor sämtliche Metzgereien, Restaurantbesitzer und die Bevölkerung über das Risiko in der rohen Schweineleber in Kenntnis und gab Empfehlungen ab, die offenbar allgemein eingehalten wurden.
Metzger und Restaurantbetreiber müssen seither Schweineleber, die zum Verzehr bestimmt war, zuvor testen lassen. Alternativ dazu konnten in den Produkten, die zuvor rohe Schweineleber enthielten, Kalbs- oder Rindsleber verwendet werden. Zudem wurden die Fleischverarbeiter angehalten, nur noch gekochte Schweineleber zu verwenden. Ein zwanzigminütiger Garprozess bei 72 Grad vernichtet den Erreger.
Der Tessiner Kantonschemiker Marco Jermini, der am Kongress in Manno teilnahm, zeigte sich am Donnerstag mit den erzielten Resultaten sehr zufrieden. Die Sensibilisierung und die Verhaltensempfehlungen seien erfolgreich, sagte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Die Vorbeugung müsste jedoch noch viel früher, nämlich im Schweinestall und nicht im Supermarkt oder in der Metzgerei ansetzen.
Bis zu 60 Prozent der Schweine infiziert
In der Schweiz seien etwa 40 Prozent der Schweine und 60 Prozent der Schweinemastbetriebe infiziert, heisst es in einer Publikation des Kantonslabors. Ein Mittel zur Vorbeugung gibt es bisher nicht. Da die Schweine stille Träger sind und nicht erkranken, haben die Bauern auch kein verstärktes Interesse daran.
Das Hepatitis-E-Virus wird vom Tier auf den Menschen übertragen. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation WHO stecken sich weltweit jährlich etwa 20 Millionen Menschen mit der Krankheit an. Etwa 57'000 sterben daran.
Die Krankheit äussert sich durch Fieber, Gelenk- und Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit und Übelkeit. Seltener können auch Haut und Augen gelb gefärbt sein. Die meisten Patienten entwickeln jedoch keine Symptome und heilen die Infektion aus, ohne sie überhaupt zu bemerken.
In der Schweiz wird die Zahl der Hepatitis-E-Infektionen auf rund 1500 pro Jahr geschätzt. Die Krankheit ist aber nicht meldepflichtig und wird deshalb nur nach gezielten Blutuntersuchungen auf HEV-Antikörper entdeckt.
"Mögliches Gesundheitsrisiko"
Gemäss dem BAG deuten die Zahlen aus dem Kanton Tessin darauf hin, dass Hepatitis E in der Schweiz "ein mögliches Gesundheitsrisiko darstellen könnte". Es meldete deshalb im September Forschungsbedarf an und lud Wissenschaftler dazu ein, Forschungsprojekte zum Thema Hepatitis E einzureichen.
Das BAG rät Personen, die an einer Leberkrankheit leiden, sowie Senioren, Schwangeren und Kindern, vorbeugend auf rohe Schwein- oder Wildschweinerzeugnisse zu verzichten. Um generell eine mögliche Übertragung von Hepatitis E über Fleischprodukte zu verhindern, empfehle es sich, Fleischprodukte vor dem Verzehr vollständig durchzugaren.
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