MillionenrenteWas 18 tote Bundesräte mit Blochers Altersbezügen zu tun haben
tsha
30.7.2020
SVP-Chefstratege und Altbundesrat Christoph Blocher fordert seine Rentenbezüge ein. Dass Bundesräte überhaupt Altersbezüge erhalten, hat auch mit 18 tragischen Todesfällen zu tun.
2,7 Millionen Franken stehen dem SVP-Politiker Christoph Blocher für seine Zeit als Bundesrat als Rente zu. Ursprünglich wollte Blocher auf das Geld verzichten. Noch 2007 hatte er angekündigt, die Gelder für seine Bundesratsjahre zwischen 2003 und 2007 nicht in Anspruch nehmen zu wollen. Dann aber der Sinneswandel: Er fordere seine Rente nun doch ein, verkündete er Anfang Juli.
Blocher selbst hatte die Höhe der Rentenbezüge immer wieder kritisiert; auch, dass der Bund dafür eine eigene Kasse unterhalte, in die weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer einzahlten, stiess ihm einst bitter auf. Immerhin: Nach dem öffentlichen Aufschrei der vergangenen Wochen kündigte Blocher an, die 2,7 Millionen Franken spenden zu wollen. Statt das Geld dem Staat zu schenken, also auf seine Bezüge zu verzichten, wolle er es Menschen zukommen lassen, die es dringend benötigten, so Blocher auf Teleblocher.
Dass Bundesräte eine derart üppige Rente bekommen, war nicht immer der Fall. So mussten bis 1919 ehemalige Bundesräte ganz ohne Altersbezüge auskommen. Mit teils fatalen Konsequenzen, wie die NZZ schreibt. Denn, um auch im Alter über die Runden zu kommen, arbeiteten einige Bundesräte sprichwörtlich bis zum Umfallen: 18 von 46 Magistraten sind zwischen 1848 und 1819 im Amt verstorben.
1919: Ein Ruhegehalt wird eingeführt
So liess sich etwa Josef Munzinger 1854 wieder wählen, obwohl der Bundesrat damals bereits 63 Jahre alt und schwer krank war. Kurz nach seiner Wiederwahl brach Munzinger während einer Bundesratssitzung zusammen, wenig später verstarb er. Gut möglich, dass er sich zurückgezogen hätte, wenn es denn eine finanzielle Absicherung fürs Rentenalter gegeben hätte.
Doch diese kam erst Jahrzehnte später. Im Jahr 1919, kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs, führte das Parlament erstmals ein Ruhegehalt für abgetretene oder abgewählte Bundesräte ein. Ein Jahr später wurde es um eine Witwen- und Kinderrente ergänzt. Man wollte damals, so die NZZ, dafür sorgen, dass alte Bundesräte nicht aus finanziellen Gründen an ihrem Amt hingen und stattdessen Platz machten für jüngere Gesichter. Wer damals allerdings weniger als 15 Jahre im Amt war – so wie auch Blocher –, ging leer aus, sofern das Parlament nicht anders entschied.
Die heute gültige Regelung zu den Rentenbezügen für Bundesräte stammt aus dem Jahr 1989. Finanzminister und SP-Bundesrat Otto Stich sorgte damals dafür, dass aus dem Amt scheidende Kollegen im Alter grosszügig abgefunden werden.
Wie viel bekommt Blocher wirklich?
Seit damals beträgt das Ruhegehalt für Ex-Bundesräte die Hälfte eines normalen Bundesratslohns. Aktuell sind das 270'000 Franken im Jahr. Unter anderem dank EVP-Nationalrat Hans Oester wurde allerdings eine Begrenzung in das Gesetz aufgenommen: Wenn ein Ex-Bundesrat höhere Zahlungen als seine aktiven Kollegen erhalten würde, etwa, weil er noch andere Einkünfte hat, wird das Ruhegehalt entsprechend gekürzt. Oester sorgte dafür, dass auch Vermögenseinkommen angerechnet werden.
Wie es im Fall des Milliardärs Blocher weitergeht, ist unterdessen nicht endgültig geklärt. Die Finanzdelegation des Parlaments soll derzeit klären, ob dem Politiker wirklich die vollen 2,7 Millionen Franken ausgezahlt werden – oder nur ein Teil. Sollten Verjährungsregelungen Anwendung finden, müsste sich Blocher mit nur noch 1,1 Millionen begnügen – eine Summe, auf die seine Amtsvorgänger aus dem 19. Jahrhundert wohl neidisch blicken würden.