Mohammed-KarikaturenFranzösische Lehrer erschüttert von Mord an ihrem Kollegen
SDA/DPA/jka
20.10.2020
Mit einer Schweigeminute haben die Abgeordneten der Pariser Nationalversammlung des ermordeten Lehrers Samuel Paty gedacht. Die brutale Tat erschüttere den gesamten Berufsstand, so Patys ehemalige Kollegen.
Am Dienstagnachmittag versammelten sich die Abgeordneten der Pariser Nationalversammlung auf den Treppen des Palais Bourbon, dem Sitz des Unterhauses des Parlaments. Für eine Minute waren sie alle ganz still – und gedachten des ermordeten Lehrers Samuel Paty.
Der 47-jährige Geschichtslehrer war am letzten Freitag in einem Pariser Vorort nahe seiner Schule mit einem Messer attackiert worden. Kurze Zeit später wurde seine Leiche entdeckt. Der Lehrer wies Verletzungen am Oberkörper auf und wurde enthauptet. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach nach der Tat von einem islamistisch motivierten Terrorakt.
Paty hatte Anfang Oktober Karikaturen des Propheten Mohammed im Unterricht gezeigt. Anlass war die erneute Veröffentlichung der Karikaturen seitens des Satireblatts «Charlie Hebdo».
Vater einer Schülerin hat im Netz gegen Lehrer gehetzt
Die Ermittler gehen davon aus, dass Paty aus diesem Grund ermordet worden war. Denn daraufhin hatte der Vater einer Schülerin massiv im Netz gegen Paty mobilisiert. Die Schule und der 47-jährige Lehrer wurden bedroht.
Der besagte Vater und zahlreiche weitere Personen befanden sich am Dienstag noch in Polizeigewahrsam – darunter auch Schüler der Schule. Die Staatsanwaltschaft stellte zunächst keine Verbindung zwischen ihm und dem 18-jährigen Angreifer von Paty her, der nach der Tat von der Polizei erschossen wurde.
Der Sender BFM TV jedoch berichtete, dass die beiden Männer Nachrichten ausgetauscht hätten. Dafür gab es allerdings keine offizielle Bestätigung.
Offener Brief der ehemaligen Kollegen
Nach der Schweigeminute spielte eine Kapelle die französische Nationalhymne. Die ehemaligen Kollegen des getöteten Lehrers brachten in einem offenen Brief ihre Sorge über soziale Netzwerke zum Ausdruck. «Die Schnelligkeit, mit der Informationen an eine möglichst grosse Zahl von Menschen verbreitet werden, und die unumkehrbaren Konsequenzen, sind eine echte Geissel bei der Ausübung unseres Berufs», schrieben sie in dem Brief, den unter anderem die Nachrichtenplattform Franceinfo veröffentlichte.
«Wir fordern daher das Recht, unseren Beruf unter voller Achtung der Bildungsfreiheit und in völliger Sicherheit auszuüben», hiess es weiter. «Die Gründung der staatlichen Schule basiert auf republikanischen und säkularen Werten. Dies sind die Werte, die Samuel in seiner Lehre über die Meinungsfreiheit verteidigte.»
Die brutale Tat erschüttere den gesamten Berufsstand. Vor der Schule von Paty in Conflans-Sainte-Honorine sollte es am Abend einen Gedenkmarsch geben.