Tritt er ab? «Maurer hat eine spitzbübische Lust, zu überraschen»

toko/lpe

30.9.2021

Immer wieder wird über dessen Rücktritt spekuliert: Bundesrat Ueli Maurer.
Immer wieder wird über dessen Rücktritt spekuliert: Bundesrat Ueli Maurer.
KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA VALLE

Tritt Bundesrat Ueli Maurer heute zurück? Die Gerüchte halten sich hartnäckig. Für Politologe Mark Balsiger wäre der Zeitpunkt sinnvoll –  obwohl Maurer den Peak seiner Popularität überschritten habe.

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30.9.2021

Immer wieder gibt es Spekulationen um einen vorzeitigen Rücktritt von Bundesrat Ueli Maurer. Der Finanzminister soll seines Amtes überdrüssig geworden sein.

Wie nun unter anderem die Zeitungen der CH-Media berichten, macht seit zwei Tagen im Bundesparlament das Gerücht die Runde, der Rücktritt des 70-Jährigen stehe unmittelbar bevor.

Der Bericht beruft sich unter anderem auf einen ungenannten Nationalrat. Dieser habe erklärt, die morgige Bundesratssitzung werde anders verlaufen als üblich. 

Maurers Mediensprecher Peter Minder hält sich unterdessen bedeckt. Von ihm heisst es lediglich: «Ich äussere mich nicht zu diesem Thema.»

Balsiger: «Durchschnittliche Verweildauer klar überschritten;

Laut Politologe Mark Balsiger macht der aktuelle Zeitpunkt für einen Rücktritt Sinn. «Wir befinden uns in der Halbzeit der Legislatur», sagt Balsiger. Maurer bestreitet zudem sein 13. Amtsjahr und wird im Dezember 71 Jahre alt. «Die durchschnittliche Verweildauer von neun bis zehn Jahren im Bundesrat hat er also klar überschritten», sagt Balsiger.

Wenn man Maurers Popularität betrachte, habe er den idealen Zeitpunkt für seinen Abgang zwar verpasst. Balsiger sieht diesen im Frühling 2020: Damals habe Ueli Maurer, indem er unbürokratisch für Überbrückungskredite sorgte, auch bei seinen Kritikern viel Goodwill und den Titel «Landesvater» geholt. «Der Rücktritt inmitten der Pandemie hätte aber für zu viel Unruhe gesorgt», sagt Balsiger.

«In der Gesamtwürdigung würde über den Auftritt im ‹Freiheitstrychler›-T-Shirt vielleicht ein Satz geschrieben.»

Mark Balsiger

Politologe

In den letzten Wochen machte Ueli Maurer nicht mit seinen Entscheidungen als Finanzminister Schlagzeilen, sondern mit seinem Auftritt im «Freiheitstrychler»-Hirtenhemd.

Rücktritt wird üblicherweise per Brief verkündet

Wirkt sich das nicht schlecht auf seine Bilanz aus? Für Balsiger hat das Thema zu wenig Gewicht, um die Gesamtwürdigung zu prägen. «Ende Jahr wird darüber vielleicht ein Satz geschrieben», sagt er.

Die «spitzbübische Lust» zu provozieren sei Teil Maurers Charakters. Über seine gesamte Laufbahn hinweg sei er punktuell ausgeschert. «Das waren Signale an die Basis, um seine Unabhängigkeit zu beweisen.»

Wollte sich Maurer bei seinem Rücktritt jedoch an das übliche Prozedere halten, dann müsste er noch heute seinen Abgang verkünden, so Balsiger. So sei es ein ungeschriebenes Gesetz, dass ein Rücktritt mit einem Brief an den Nationalratspräsidenten während der Session angekündigt wird – die Session endet heute. Andreas Aebi, aktueller Nationalratspräsident, hat bisher keinen Brief erhalten, wie er «blue News» auf Anfrage mitteilt. 

Auf Twitter negieren mehrere Nationalräte die Gerüchte, darunter Thomas Aeschi (SVP/ZG) und Roger Nordmann (SP/VD). Auch der Schaffhauser SVP-Kantonsrat Pentti Aellig äussert sich mit einem Augenzwinkern zu den Spekulationen. 

Spekulationen um Nachfolger 

Derweil ist auch schon das Kandidaten-Karussell für die Nachfolge angelaufen. Offenbar kristallisiert sich innerhalb der SVP bereits ein Favoritenfeld heraus, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.

Demnach stünden vor allem zwei Personen im Mittelpunkt: Franz Grüter und Albert Rösti. Ersterem zufolge soll ohnehin die Zentralschweiz Anspruch auf den nächsten Bundesratssitz haben. Grüter aber winkt unter anderem mit Verweis auf die dann folgende Aufgabe seiner wirtschaftlichen Tätigkeit ab: «Für mich kein Thema.»

Innerhalb der SVP als Nachfolger gehandelt: Albert Rösti.
Innerhalb der SVP als Nachfolger gehandelt: Albert Rösti.
KEYSTONE/ANTHONY ANEX (Archivbild)

Rösti hingegen habe – laut lachend – nur erklärt: «Alles, was ich Ihnen jetzt sage, glauben Sie mir sowieso nicht.»

Auch der Name Gregor Rutz werde dem Bericht zufolge immer wieder in den Raum geworfen. Erst die vierte kolportierte Person ist übrigens eine Frau: Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli.