Doris Leuthard So soll Genf zur digitalen Metropole werden

twei

14.8.2020

Doris Leuthard sieht die Schweiz in puncto Digitalisierung gut aufgestellt.
Doris Leuthard sieht die Schweiz in puncto Digitalisierung gut aufgestellt.
Bild: Keystone

Wie geht man mit den teils drastischen Unterschieden in der digitalen Infrastruktur auf der Welt um? Die UNO nimmt sich dieser zukunftsweisenden Frage nun an. Eine Rolle in den Planungen spielt nicht nur Doris Leuthard, sondern auch Genf. 

Die Digitalisierung ist die Zukunft – darüber sind sich Experten längst einig. Nicht zuletzt die Coronakrise hat offenbart, wie wichtig eine gut ausgebaute digitale Infrastruktur ist. Ob beim Arbeiten im Homeoffice, beim Unterricht während des Lockdowns oder um zu Freunden und Familien Kontakt via Videotelefonie zu halten: Die Anbindung an das digitale Netz war so wichtig wie nie und übernahm sowohl eine wirtschaftliche als auch eine sozial-integrative Aufgabe.

Doch die Zeit sozialer und beruflicher Isolation machte auch deutlich, wie gross die Unterschiede auf globaler Ebene sind. Dort, wo Armut das Leben beherrscht, haben nur 20 Prozent Zugang zum Internet – laut Tim Berners-Lee eine «grosse, grobe Ungleichheit». Umso bedeutender erscheinen Bestrebungen der UNO, die digitale Welt gerechter und sicherer zu machen. Von einem Gremium aus 22 Experten wurde nun ein Aktionsplan erarbeitet.



Der Expertenkommission gehört neben Melinda Gates auch die Altbundesrätin Doris Leuthard an, die gegenüber der «Aargauer Zeitung» nun Einblicke in ihre Arbeit gab. «Kein Staat, keine Regierung alleine kann die digitale Welt sicher, möglichst gerecht und ethisch korrekt ausgestalten», wies sie auf die Wichtigkeit der multilateralen Zusammenarbeit hin. Um dieses Ziel zu erreichen, könne man sich nicht nur auf die Politik verlassen. Auch Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft stünden laut Leuthard in der Verantwortung.

Gegenpol zu einflussreichen Digitalunternehmen

Während die Schweiz in Sachen digitaler Infrastruktur laut der 57-Jährigen gut aufgestellt ist, sieht sie anderswo Probleme: «Global sind wir weit davon entfernt.» In manchen Regionen scheitere es schon an profanen Dingen wie der Stromversorgung. Demnach macht sich Leuthard keine Illusionen, der UNO-Aktionsplan würde die Welt neu zu erfinden. Dennoch gab sich Leuthard überzeugt: «Universelle Regeln für die analoge Welt gelten grundsätzlich auch für die digitale.»



Bereiche, in denen es rasch Regelungen erfordert, seien gemäss der Politikerin insbesondere die künstliche Intelligenz und die Wahrung der Menschenrechte im digitalen Raum. Momentan seien einheitliche Regelungen noch schwierig. Nichtsdestotrotz mass Leuthard dem grosse Bedeutung zu – auch um den Big Player der Digitalindustrie beizukommen: «Es gibt heute unzählige Mechanismen und nationale Alleingänge, die das Ganze fragmentieren und verkomplizieren. Das hilft nur den grossen Unternehmen.»

Ruf nach einer «starken Schweiz»

Umso wichtiger sei es deshalb, dass die UNO nun vorangehe. «Es ist ja erstaunlich, dass Unternehmen wie Microsoft und Google selbst nach einer gewissen Regulierung rufen», bemerkte die einstige Parteipräsidentin der CVP. Themen wie der richtige Umgang mit Rassismus und Fake News bergen grosse Herausforderungen. Deshalb forderte Leuthard «eine starke Schweiz und ein starkes Europa» – auch, um den schwelenden Disput mit den USA und China beizulegen.

Teil dieser starken Schweiz könnte in Zukunft Genf sein. Dort könnte sich in Zukunft das neu geschaffene UNO-Digitalgremium ansiedeln. Noch ist zwar nichts entschieden, für Doris Leuthard aber steht jetzt schon fest: «Ich hoffe, der Bundesrat engagiert sich dafür und ergreift die Chance, in Genf ein solch zukunftsträchtiges Zentrum zu etablieren.»

Könnte 2021 den Posten als UNO-Gesandtin für Technologie übernehmen: Doris Leuthard.
Könnte 2021 den Posten als UNO-Gesandtin für Technologie übernehmen: Doris Leuthard.
Bild: Keystone

Bald schon könnte also in der Schweizer Metropole über die digitale Welt von morgen debattiert werden – möglicherweise mit Doris Leuthard in einer leitenden Funktion. Denn: Ab 2021 gilt es für die UNO, den neuen Posten des UNO-Gesandten für Technologie zu besetzen. Die 55-Jährige befindet sich laut Medienberichten im engeren Kandidatenkreis.

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