Streit wegen Inländervorrang Gewerbler stinksauer auf kantonale Baudirektoren

sob

23.12.2019

Bauarbeiter sind billiger zu haben, wenn sie aus dem Ausland kommen. Das lokale Gewerbe möchte daher bei öffentlichen Ausschreibungen von Kantonen und Gemeinden einen Inländervorrang verankern.
Bauarbeiter sind billiger zu haben, wenn sie aus dem Ausland kommen. Das lokale Gewerbe möchte daher bei öffentlichen Ausschreibungen von Kantonen und Gemeinden einen Inländervorrang verankern.
Keystone

Die Kantone sind – anders als der Bund – gegen einen Inländervorrang bei Ausschreibungen. Das Gewerbe versteht dies nicht und läuft Sturm. KMU befürchten eine Abwanderung von Arbeitsplätzen ins Ausland.

Die Rechnung ist einfach: Ein ausländisches Unternehmen kann für einen öffentlichen Auftrag in der Schweiz oft eine günstigere Offerte abgeben als ein lokaler Gewerbler. Denn im Ausland ist das Preisniveau und insbesondere das Lohnniveau meist tiefer als in der Schweiz. In einem solchen Fall würde der Bund einem Schweizer KMU trotzdem den Vorrang geben, auch wenn es teurer würde.

Neue Spielregeln

Denn das Parlament hat kürzlich neue Spielregeln für das Beschaffungswesen beschlossen. Bewirbt sich eine ausländische Firma um Aufträge, wird neu das dortige Preisniveau berücksichtigt. Beispiel: Ein Fenster-Lieferant aus einem Land, in dem das Preisniveau 20 Prozent unter jenem der Schweiz liegt, muss ein um mindestens 20 Prozent günstigeres Angebot machen.

Diese Regelung wünscht sich das lokale Gewerbe auch für Ausschreibungen der Kantone. Aber diese wollen nichts wissen von der Bevorzugung einheimischen Schaffens. Die Konferenz der kantonalen Baudirektoren lehnt die neu im Bundesgesetz verankerte Preisniveau-Klausel ab, wie der «Blick» schreibt. Das treibt die KMU auf die Barrikaden.

Der Bund vergibt alljährlich Aufträge von etwa 8 Milliarden Franken – von Tunnelbauten bis zu Briefpapier. Deutlich mehr einschenken würde der Inländervorrang fürs heimische Gewerbe in Kantonen und Gemeinden. Diese vergeben viel mehr Aufträge als der Bund – jährlich kommen Beschaffungen von 32 Milliarden Franken zusammen.

Wandern Arbeitsplätze ab?

Bei Schweizer KMU kommt das Nein der Baudirektoren ganz schlecht an. «Ohne Aufhebung dieser Diskriminierung wandern noch mehr Arbeitsplätze ins Ausland ab», ärgert sich Alex Naef von der Carosserie Hess AG in Bellach SO. Damit gingen der Schweiz auch Steuereinnahmen verloren. Naef: «Volkswirtschaftlich, aber auch ökologisch ist das ein Unsinn.»

Auch der Berner SVP-Baudirektor Christoph Neuhaus bedauert den Entscheid. Die Preisniveau-Klausel wäre gegenüber der Schweizer Wirtschaft ein «wichtiges Zeichen» gewesen. Es sei kaum zu erklären, weshalb der Bund sie umsetzen kann, die Kantone aber nicht – «besonders, weil es ums einheimische Gewerbe geht».

Preisniveau-Klausel nicht WTO-konform

Die Mehrheit der Baudirektoren aber hat juristische Bedenken. Zu den Gegnern gehört etwa der Bündner Baudirektor Mario Cavigelli. «Die Preisniveau-Klausel ist nicht WTO-konform und würde gegen die bilateralen Verträge mit der EU verstossen», sagt der CVP-Regierungsrat. Zudem stünden der administrative Aufwand und der Nutzen in keinem vernünftigen Verhältnis. «Die Klausel verfehlt das Ziel, das einheimische Gewerbe im Vergleich zur Konkurrenz im Ausland zu stützen.»

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