Aussendepartement in der Kritik Wurden Schweizer Staatsangehörige im Sudan im Stich gelassen?

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26.4.2023

Aus dem Sudan evakuierte Personen treffen auf der jordanischen Luftwaffenbasis Al-Azraqu ein. Die Schweiz sieht sich mit Vorwürfen konfrontiert, nicht genug für die Evakuierung eigener Staatsbürger getan zu haben.
Aus dem Sudan evakuierte Personen treffen auf der jordanischen Luftwaffenbasis Al-Azraqu ein. Die Schweiz sieht sich mit Vorwürfen konfrontiert, nicht genug für die Evakuierung eigener Staatsbürger getan zu haben.
Bild: Jana Neumann/Bundeswehr/dpa

Dem Aussendepartement wird vorgeworfen, es habe Schweizer Staatsbürgern keine sichere Evakuierung aus dem Sudan angeboten. Manche konnten das Land nur mit ausländischer Hilfe verlassen.

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  • Mehrere Schweizer Staatsangehörige konnten nur dank ausländischer Hilfe aus dem von einem eskalierten Machtkampf heimgesuchten Sudan evakuiert werden.
  • Das Aussendepartement sieht sich mit Kritik konfrontiert: Es habe Schweizer*innen im Sudan keine sichere Ausreisemöglichkeit ermöglicht.
  • In einer Mitteilung verteidigte sich das Aussendepartement gegen die Vorwürfe und bekräftigte, die Sicherheit der Schweizer*innen geniesse «höchste Priorität».

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) steht in der Kritik, weil es zu wenig für die Evakuierung Schweizer Staatsangehöriger aus den Kriegsgebieten im Sudan getan habe. Entsprechende Vorwürfe wurden von Schweizer*innen erhoben, die teilweise von den Regierungen anderer Länder evakuiert worden sind.

So berichtet der Walliser Baudouin Noez dem «Tagesanzeiger» von seiner Evakuierung durch deutsche Behörden in Zusammenarbeit mit dem französischen Militär. Diese sei möglich geworden, weil seine Frau in der deutschen Botschaft arbeite.

Vier weitere Schweizer Staatsbürger*innen konnten das Land am vergangenen Montag mit Flügen verlassen, die von Deutschland und den Niederlanden organisiert worden waren. Wie die ESH-Medien berichten, ist ein Waadtländer sogar auf eigene Faust ausgereist, weil das EDA ihm keine sichere Alternative angeboten hätte.

Kämpfe dauern an

Am 15. April eskalierte der Streit zwischen Fraktionen des sudanesischen Militärs: den sudanesischen Streitkräften des Vorsitzenden des Souveränen Rates, Abdel Fattah Burhan, und den Rapid Support Forces unter dessen bisherigem Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo. Daglo wird von der libyschen Nationalarmee sowie der russischen Söldnergruppe Wagner unterstützt, Burhan von Ägypten. Die Kämpfe dauern seitdem an.

Baudouin Noez berichtet im «Tagesanzeiger» von den Details seiner Evakuierung. Bevor diese zustande kam, habe er über eine Woche mit seiner Frau in der gemeinsamen Wohnung verharren müssen. «Es wäre viel zu gefährlich gewesen, das Haus zu verlassen», so Noez.

«Die Schweiz war in dieser Krise ziemlich abwesend»

Bis sich eine sichere Möglichkeit zur Ausreise ergab, hätten sie «über alltägliche Sachen diskutiert, Fondue gegessen, auch Witze gemacht, um nicht in Panik zu geraten.» Zurücklassen musste das Paar nicht nur seine Wohnung und seine Habseligkeiten. Auch viele Freund*innen – Sudaner*innen, die keine Möglichkeit zur Ausreise haben – habe man ihrem Schicksal überlassen müssen.

«Die Schweiz war in dieser Krise ziemlich abwesend», sagte Noez. Erst drei Tage nach der Eskalation des Konflikts habe sich das EDA bei ihm gemeldet. Darin wurde auf die begrenzten oder gar nicht vorhandenen Möglichkeiten der Schweiz, «in Notfällen Hilfe leisten» zu können, hingewiesen. Man solle das EDA über den eigenen Aufenthaltsort informieren.

Noez sagt, er habe das getan, «aber dann wieder tagelang nichts gehört». Tage nach der ersten E-Mail habe er dann eine Mitteilung erhalten, dass von einer Militärbasis ein Flug geplant sei – in gerade mal knapp zwei Stunden. Sich dorthin alleine auf den Weg zu machen, wäre allerdings «extrem gefährlich gewesen».

Aussendepartement verteidigt sich

Über die Anstellung seiner Frau bei der deutschen Botschaft sei man schliesslich durch in Kooperation mit Frankreich agierende deutsche Behörden evakuiert worden. Begleitet von französischen Soldaten wurde das Paar zu einem Flugzeug gebracht, dass sie über Jordanien nach Deutschland brachte. Da viele Kampfgebiete umfahren werden mussten, brauchte man für die Strecke von 30 Kilometern ganze vier Stunden.

Das Aussendepartement verteidigt sich gegen die Kritik. In einer Mitteilung vom Dienstag wird betont, dass die Sicherheit eigener Staatsangehöriger im Sudan «höchste Priorität» geniesse. Gegenüber dem «Tagesanzeiger» gab das EDA an, dass man sich aktiv dafür einsetze, Schweizer*innen im Sudan zu unterstützen. Den Schwierigkeiten, mit denen sich diese konfrontiert sähen, sei man sich bewusst.

Weiter verweist das Aussendepartement auf die Pflicht «Schweizer Staatsangehöriger im Ausland, sich in Krisensituationen selbständig über die aktuelle Lage zu informieren». Die Reisehinweise für den Sudan seien ab dem 15. April stets «angepasst und dies auch aktiv kommuniziert» worden. Zudem sei «die Helpline des EDA für Schweizer Staatsangehörige immer erreichbar» gewesen.

Boez sagte indes, er verstehe zwar, dass es für die Schweiz schwierig sei, vor Ort zu helfen, die Kommunikation sei aber schlecht gewesen.

Schweizer Botschaft mit französischer Hilfe evakuiert

Die eigene Botschaft konnte die Schweiz erfolgreich evakuieren, jedoch gelang das auch nur dank tatkräftiger Hilfe aus dem Ausland: Zehn Personen wurden mit einem französischen Militärflugzeug ausgeflogen. Botschafter Christian Winter berichtete von Einschusslöchern in den Wänden der Botschaft. In Nähe des Flughafens sei man ausserdem zwischen die Fronten geraten.

Personal der Schweizer Botschaft im Sudan in der Schweiz gelandet

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