Konolfinger Hausarzt mag nicht mehr «Ich verdiene immer weniger, arbeite immer mehr»

klm

16.1.2024

In diesem Gebäude betreibt Samuel Gut in Konolfingen BE seine Arztpraxis. Diese soll auf Ende März 2024 schliessen.
In diesem Gebäude betreibt Samuel Gut in Konolfingen BE seine Arztpraxis. Diese soll auf Ende März 2024 schliessen.
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Seit 25 Jahren arbeitet Samuel Gut in Konolfingen BE in seiner eigenen Praxis als Hausarzt. Nun hat er genug. Wegen steigender Kosten, sinkender Einnahmen und immer mehr Aufwand geht er früher als geplant in Rente.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Samuel Gut ist Hausarzt und betreibt in Konolfingen BE eine eigene Praxis.
  • Diese will er auf Ende März schliessen. Der Grund: Er arbeite immer mehr, verdiene aber immer weniger.
  • Auch die kommende Digitalisierung, etwa durch das Bundes-Programm Digisanté, mache ihm das Leben schwer.

Samuel Gut will nicht mehr. Der Hausarzt betreibt seit 25 Jahren eine eigene Praxis in Konolfingen BE. Das wollte der 64-Jährige auch noch zwei Jahre lang weiter tun, bevor er verspätet in Rente ginge. So hätte er sich zeitgleich mit seiner zwei Jahre jüngeren Praxis-Assistentin pensionieren lassen können. 

Doch diesen Plan hat Gut verworfen, wie er im Interview mit «Blick» sagt. Auf Ende März wird er seine Praxis schliessen. «Es wird immer schwieriger, ein Allgemeinarzt mit eigener Praxis zu sein», so der Konolfinger.

«Ich telefoniere täglich mit Spitälern, um einen neuen Platz für einen Patienten zu finden. Oder diskutiere teils stundenlang mit Patienten und ihren Krankenkassen, um einen Ersatz für ein fehlendes Medikament zu finden. Das kostet viel Zeit, die mir niemand bezahlt.»

Ärzte-Tarif stagnieren seit 20 Jahren

Verdienen würde er dabei ausserdem immer weniger. Seit 20 Jahren stagniere der Tarif, nach dem Allgemeinärzte ihre Arbeit berechnen: «Wir gehören zur Grundversorgung, also gibt es für uns weder freie Wirtschaft noch Teuerungsausgleich.»

Laut Gut sei das auch der Grund, weshalb er keine Nachfolger*in für seine Praxis gefunden habe. Zwei Jahre habe er mit der Suche verbracht – vergebens.

Seine endgültige Entscheidung habe der Hausarzt aber getroffen, als die Umsetzung zum neuen Gesetz zur digitalen Verwaltung ab dem 1. März 2024 vom Kanton Bern beschlossen wurde. Nicht nur Behörden müssen deswegen digital arbeiten, sondern auch Betriebe, die mit den Behörden zusammenarbeiten – so wie Guts Praxis. 

Digisanté fordert Digitalisierung im Gesundheitsbereich

Auch das Programm Digisanté vom Bund verlangt eine komplette Digitalisierung der Patientenakten. Gut habe in seiner Karriere bislang aber alle seine Akten per Hand erstellt – und will das auch nicht ändern. 

50'000 Franken würde ihn eine Digitalisierung kosten. Da niemand danach seine Praxis und Patient*innen übernehme, wäre diese Arbeit allerdings vergebens: «Die gesamte Einrichtung wird herausgerissen und entsorgt.» Eine Umstellung macht also wenig Sinn, auch wenn Gut von den Änderungen durch Digisanté, für die die Fristen noch nicht genau festgelegt sind, vielleicht gar nicht betroffen wäre: «Ich verdiene immer weniger, arbeite immer mehr – und soll noch investieren.»

Diese Rechnung gehe für ihn nicht auf – weswegen es per Ende März eine Schweizer Arztpraxis weniger gebe.