Umstrittene PraxisIm Wallis hat Bauen in der roten Gefahrenzone System
Dominik Müller
24.10.2024
In roten Zonen ist Bauen verboten, sofern nicht bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Nun wird publik: Der Kanton Wallis hat in den letzten Jahren hunderte Baubewilligungen in Gefahrenzonen gewährt.
Dominik Müller
24.10.2024, 11:18
Dominik Müller
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Rund 430 Gebäude sind in den letzten acht Jahren im Kanton Wallis in Gefahrenzonen erstellt worden.
Mit dieser regen Baupraxis steht das Wallis im schweizweiten Vergleich alleine da.
Bereits vor zwei Jahren empfahl der Bund dem Kanton, das Bauen in roten Zonen zu verbieten.
Im Sommer ist das Wallis von schweren Unwettern erschüttert worden. Die Kantonsregierung musste sich der Kritik stellen, sie hätte Hochwasserschutzprojekte nicht vorangetrieben. Nun wird bekannt: Als einziger Kanton hat das Wallis in den letzten Jahren in den Gefahrenzonen sogar grosszügig Baubewilligungen vergeben, wie die SRF-«Rundschau» berichtet.
Rote Zonen – die gefährlichsten Gefahrenzonen – sind im Wallis besonders verbreitet. Im Rhonetal herrscht beispielsweise vielerorts Hochwassergefahr. Bauen ist in diesen Gebieten grundsätzlich nicht erlaubt. Eine Analyse der Universität Bern und des SRF zeigt nun, dass genau dies im Wallis dennoch oft getan worden ist.
Demnach sind in der Schweiz in den letzten acht Jahren insgesamt rund 600 Neubauten in roten Zonen erstellt worden. Rund 430 davon im Kanton Wallis, 150 allein in der Gemeinde Fully in der Nähe von Martigny – davon sind 120 Wohngebäude.
Bewusstes Risiko beim Bauen
«Man nimmt das Risiko bewusst in Kauf», sagt der Hydrologe Andreas Zischg zu SRF. Bei Baubewilligungen in roten Zonen handle sich um einen politischen Entscheid – mit möglichen schwerwiegenden Folgen: «Angenommen, in 20 Jahren passiert tatsächlich ein Hochwasserereignis, dann ist es die grosse Katastrophe. Das zu vermeiden, wäre eigentlich der Sinn der Gefahrenzonenplanung», sagt Zischg.
Die Baupraxis des Kantons Wallis ist legal. Seit über 15 Jahren sind Ausnahmen erlaubt. Allerdings müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein: Für eine Bewilligung braucht es unter anderem ein Fachgutachten, einen Alarm- und Einsatzplan und bauliche Schutzmassnahmen.
Zudem sind Ausnahmen erlaubt, wenn im betroffenen Gebiet eine statische Überschwemmung droht. Sprich: Das Hochwasser entwickelt sich so langsam, dass mehr Zeit für eine allfällige Evakuierung bleibt.
Brief aus Bern zeigt keine Wirkung
Beim Bund weiss man über die rege Bautätigkeit im Wallis Bescheid. «Wir empfehlen dem Kanton dringend, das Bauen in der roten Zone zu verbieten [...]», hat das Bundesamt für Umwelt (Bafu) bereits vor zwei Jahren in einem Brief geschrieben. Zumal die Umsetzung des Projekts «3. Rhonekorrektion» – eine der Rechtfertigungen für die Baubewilligungen in der roten Zone – stockt.
Rund ein Viertel aller Gebäude, die in der Schweiz in roten Zonen erstellt wurden, sind in der Gemeinde Fully gebaut worden. Gemäss Caroline Ançay-Roduit, Gemeindepräsidentin von Fully, verlasse man sich bei Baubewilligungen auf die Vormeinung des Kantons. «Wenn der Kanton empfiehlt, dass ein Gebäude nicht erstellt werden soll, werden wir das Baugesuch nicht autorisieren», sagt sie zu SRF.
In einer Region wie Fully sei es gar nicht möglich, Raumplanung zu machen, ohne in roten Zonen zu bauen, sagt der Walliser Staatsrat Franz Ruppen (SVP). Seine Dienststelle ist für die Prüfung von Baugesuchen verantwortlich. Sicherheit habe oberste Priorität. Künftig werde jedes Baugesuch genau geprüft.
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