Überlastete Mediziner*innen Mehr und mehr junge Spital-Ärzt*innen sind ausgebrannt

SDA/uri

15.5.2023

Die Arbeitsbelastung an den Spitälern wird von immer mehr Ärztinnen und Ärzten als belastend empfunden.
Die Arbeitsbelastung an den Spitälern wird von immer mehr Ärztinnen und Ärzten als belastend empfunden.
Archivbild: Keystone

Die Assistenz- und Oberärzt*innen an Schweizer Spitälern arbeiten mehr, als erlaubt ist. Viele von ihnen kommen ans Limit. Auch die Patientensicherheit leidet durch die grosse Arbeitsbelastung.

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  • An den Schweizer Spitälern arbeiten viele Ärztinnen und Ärzte mehr, als erlaubt ist. 
  • Immer mehr Mediziner*innen empfinden ihre Situation als belastend und denken über die Aufgabe des Berufs nach.
  • Auch das Patientenwohl leidet: Durch Übermüdung der Ärzte werden mehr Gefährdungssituationen registriert.

Ärztinnen und Ärzte in den Schweizer Spitälern arbeiten häufig mehr als die gesetzlich erlaubten 50 Stunden pro Woche. Eine Befragung des Verbandes der Assistenz- und Oberärztinnen (VSAO) zeigt, dass das Arbeitsgesetz «weiterhin regelmässig missachtet wird», teilt der Verband mit.

Dabei gibt es «drei grosse Knackpunkte» bezüglich der Einhaltung des Arbeitsgesetzes, berichtet SRF zur Umfrage. Entweder arbeiteten die Ärzte pro Woche mehr als vertraglich vereinbart – und zwar durchschnittlich 56 Stunden pro Woche –, würden mehr als die 140 Überstunden im Jahr ansammeln oder mehr als 7 Tage am Stück arbeiten.

Die jungen Ärztinnen und Ärzte empfinden ihre Arbeitssituation gemäss VSAO dabei als immer belastender. Seit der ersten Befragung 2013 seien es jedes Mal mehr Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte, die sich immer öfter müde und ausgelaugt fühlten.

Hälfte der Ärzte erwägt Aufgabe des Berufs

So hätten im Jahr 2019 39 Prozent der Befragten ab und an gedacht: «Ich kann nicht mehr.» Im Jahr 2022 sei es bereits mehr als 52 Prozent der Befragten so ergangen. Die Hälfte der befragten 3240 VSOA-Mitglieder erwägt demnach immer wieder, den Beruf aufzugeben.

VSAO-Präsident und SP-Nationalrat Angelo Barrile hält die Folgen der Arbeitsüberlastung für alarmierend. «Die Rückmeldungen zahlreicher junger Ärztinnen und Ärzte deuten auf eigentliche Burn-out-Symptome hin», zitieren ihn die Tamedia-Zeitungen.

Mehr Situationen mit Patienten-Gefährdung

Die Überlastung der Ärzt*innen kann indes auch eine Gefahr für die Patientinnen und Patienten darstellen. Von den Mediziner*innen, die mehr als 60 Stunden arbeiten, haben laut der Umfrage 70 Prozent wenigstens eine Situation mit Patienten-Gefährdung erlebt.

Zudem gebe jeder zehnte Arzt an, in den vergangenen zwei Jahren wenigstens zehnmal eine solche Gefährdungssituation registriert zu haben. Dabei handelt es sich um den höchsten Wert seit Beginn der VSAO-Befragungen vor neun Jahren.

Verband organisiert runden Tisch

Barrile fordert vor dem Hintergrund des Umfrageergebnisses, dass die Spitäler die Einhaltung des Arbeitsgesetzes beachteten. Es sei ein Trugschluss anzunehmen, dass die Einhaltung der Arbeitszeiten dazu führe, dass dann nicht mehr alle Patient*innen behandelt werden könnten. Stattdessen gelte, dass ausgeruhtes Personal motivierter sei, weniger Fehler mache und auch nicht den Beruf verlasse.

Angesichts der Problematik organisiert der VSAO einen runden Tisch am 9. Juni. Gemeinsam mit den Spitälern, Bund, Kantonen und Kassen sollen Lösungen für bessere Arbeitsbedingungen gefunden werden.