Oxycodon Schmerzen – darum schlucken Schweizer immer mehr Pillen

uri/SDA

31.10.2019

Schmerzmittel mit dem Wirkstoff Oxycodon. (Archiv)
Schmerzmittel mit dem Wirkstoff Oxycodon. (Archiv)
Bild: Keystone

Durch den Missbrauch von Opioid-Schmerzmitteln sind in den USA Hunderttausende Menschen gestorben. Auch hierzulande werden die Medikamente mit dem Wirkstoff Oxycodon bedeutend häufiger ausgegeben.

In den USA sind nach Behördenangaben zwischen 1999 und 2017 fast 400'000 Menschen an den Folgen von Opioid-Missbrauch gestorben. Verschiedenen Pharmaunternehmen wird vorgeworfen, die sogenannte «Opioidkrise» durch aggressive Werbung befeuert und die Risiken der süchtig machenden Schmerzmittel bei längerem Gebrauch verharmlost zu haben.

Allein die Eigentümerfamilie des im Zentrum der Opioid-Krise stehenden Pharmakonzerns Purdue Pharma soll mit dem Medikament Oxycontin Milliarden verdient haben. Laut der New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James hat die Familie Sackler – die auch als Kunst- und Kulturförderer bekannt ist – eine Milliarde Dollar auf Konten in der Schweiz verschoben, um das eigene Vermögen zu verschleiern und es so vor anfallenden Widergutmachungsansprüchen in Sicherheit zu bringen.

Oxycodon unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz

Derzeit laufen in den USA rund 2600 Klagen von Ländern, Kommunen, Spitälern und anderen Einrichtungen gegen die Pharmaunternehmen. Laut Insidern sollen fünf Pharmakonzerne und Grosshändler einen Vergleich in Höhe von 50 Milliarden Dollar anstreben.



Wie die «Rundschau» und das Online-Magazin «Republik» berichten, ist der Oxycodon-Verbrauch auch in der Schweiz in den letzten Jahren stark angestiegen. Zwischen 2011 und 2018 hätten «die Pharmafirmen laut der Zulassungsbehörde Swissmedic 78 Prozent mehr Oxycodon an Spitäler, Apotheken und Hausärzte» ausgeliefert.

Der psychoaktive Wirkstoff Oxycodon fällt hierzulande unter das Betäubungsmittelgesetz. Laut den Recherchen werden inzwischen aber bedeutend mehr Präparate mit dem Wirkstoff von Apotheken und Arztpraxen direkt an die Patienten abgegeben als noch vor zehn Jahren. Gefragt seien dabei vor allem sogenannte Kombi-Präparate, also Medikamente, die neben Oxycodon noch andere Wirkstoffe enthalten.

Mehr Patienten, höhere Dosis

Besorgniserregend findet diese Entwicklung der Berner Neurochirurg Martin Sailer. Gegenüber der «Republik» erklärte der Arzt: «Ich finde es erschreckend, dass die Oxycodon-Zahlen in der Schweiz steigen, obwohl Studien vor den Risiken warnen und zeigen, dass Oxycodon ein sehr hohes Abhängigkeitspotenzial hat.»

In seine Sprechstunde seien in den letzten sechs Jahren bereits deutlich mehr Patienten gekommen, die Medikamente mit dem Wirkstoff einnehmen, berichtet Sailer. Auch habe die täglich eingenommene Dosis des Wirkstoffs in den letzten drei Jahren zugenommen. Zudem kämen inzwischen auch Patienten, die auch nach Ausheilung ihres Problems nicht mehr vom Oxycodon loskommen würden und in den Entzug geschickt werden müssten.

Dem «SRF» erklärte der Mediziner: «Oxycodon aktiviert wie Heroin das Belohnungssystem. Der Patient will davon immer mehr – bis es lebensgefährlich wird.» Er selbst könne den Wirkstoff deshalb nicht mehr mit gutem Gewissen verordnen. Er sei gefährlich, das Grundproblem bleibe in den USA oder in der Schweiz dasselbe.

Nicht riskanter als andere Opioide

Weniger dramatisch sieht Stephan Krähenbühl, Präsident der Swissmedic-Experten-Kommission, hingegen die Situation in der Schweiz. Er sagt, dass Oxycodon nicht riskanter sei als andere Opioide. Es hänge lediglich davon ab, wie man damit umgehe.

Gerade hierzulande seien die Fachleute verantwortungsbewusst und gut informiert. Allerdings meint auch Krähenbühl, dass er entsprechende Medikamente lediglich verschreibe, wenn es nicht anders gehe. Das sei etwa bei schweren Tumorerkrankungen oder für einen kurzen Zeitraum nach einer Operation der Fall.

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