SRF Arena zu Corona Leaks Ist Bundespräsident Berset untragbar oder Opfer einer Kampagne?

smi

21.1.2023

Bei einem sind sich die Arena-Teilnehmenden von Somm (links) bis Rothenbüeler einig: Die Corona Leaks gehören aufgeklärt. Ganz anders sieht es bei der Frage der Schuld Alain Besets aus.
Bei einem sind sich die Arena-Teilnehmenden von Somm (links) bis Rothenbüeler einig: Die Corona Leaks gehören aufgeklärt. Ganz anders sieht es bei der Frage der Schuld Alain Besets aus.
Schweizer Radio und Fernsehen SRF

Die Positionen liegen in der Arena zu den Corona Leaks weit auseinander: Für Nebelspalter-Chef Markus Somm muss Bundespräsident Berset zurücktreten, SP-Nationalrätin Jacquelin Badran wittert eine Kampagne.

smi

21.1.2023

Wenigstens die Fakten schienen klar: Mindestens 180 E-Mails schickte Alain Bersets früherer Sprecher Peter Lauener Ringier-CEO Marc Walder. Ob dies mit dem Segen oder sogar im Auftrag von Bundesrat Berset geschah, ist Gegenstand der Debatte. 

SP-Nationalrätin Jacqueline Badran hingegen betont in der SRF Arena, es seien erst zwei E-Mails mit relevantem Inhalt bekannt. Auch ein einziges E-Mail sei eine Amtsgeheimnisverletzung, gibt Nebelspalter-Chef Markus Somm zurück, der in der Sendung mehrfach Bersets Rücktritt fordert. Heute Samstag sind zudem weitere E-Mails von Lauener an Walder publik geworden.

Erst müsse juristisch geklärt werden, ob die übermittelten Inhalte wirklich  Amtsgeheimnisse gewesen seien, findet Badran. Schliesslich hätten auch andere Zeitungen ausser dem Ringier-Flaggschiff «Blick» jeweils schon am Dienstag berichtet, was der Bundesrat am darauffolgenden Freitag diskutierte.

Badran echauffiert sich, wie man es von ihr kennt, ist in ihrer Argumentation aber weniger präzis als auch schon. Markus Somm fordert die SP-Nationalrätin wieder und wieder heraus, hält ihr und ihrer Partei vor, auf Zeit zu spielen.

Jacqueline Badran, SP-Nationalrätin, wittert eine Kampagne gegen Bundespräsident Alain Berset.
Jacqueline Badran, SP-Nationalrätin, wittert eine Kampagne gegen Bundespräsident Alain Berset.
Schweizer Radio und Fernsehen SRF

Alle sind für Aufklärung

Einig sind sich die Anwesenden, zu denen auch der Innerrhoder Ständerat und Anwalt Daniel Fässler sowie der frühere Chefredaktor des SonntagsBlick, Peter Rothenbüeler, gehören, dass die Weitergabe von Informationen aufgeklärt gehöre. Und ebenso, wie das Verhörprotokoll zu den Corona Leaks beim Zeitungsverlag «CH-Media» gelangt ist.

Beim Mittel sind sich die Lager dann wieder uneins: Somm plädiert für eine Aufklärung im Parlament, durch die Geschäftsprüfungskommission, oder die mit grösseren Befugnissen ausgestattete Geschäftsprüfungsdelegation, also primär eine politische Aufarbeitung.

Jacquelin Badran ist gemäss SRF die erste Vertreterin der SP, die sich ausführlich zur Affäre um die Corona Leaks und SP-Bundespräsident Alain Berset äussert. Sie bevorzugt aus den bereits genannten Gründen eine juristische Aufklärung. Im Übrigen hält sie die Indiskretion für viel gravierender, dass «CH-Media» ein Verhörprotokoll aus der laufenden Untersuchung gegen Peter Lauener zugespielt erhalten hat und damit die Affäre der Corona Leaks lostrat.

Legitime Rücktrittsforderung oder Kampagne?

Markus Somm wirft Badran vor, Berset zu schützen. Als Beweis für dessen Schuld führt er an, dass dieser seinen Kommunikationsverantwortlichen Lauener sofort fallen gelassen habe, als der Weg von Indiskretionen untersucht wurde. Wobei es damals noch um die Crypto-Affäre ging. Die Corona Leaks sind im Zug dieser Untersuchung aufgetaucht. 

Markus Somm, Chefredaktor und Verleger der Nebelspalters fordert den Rücktritt Alain Bersets.
Markus Somm, Chefredaktor und Verleger der Nebelspalters fordert den Rücktritt Alain Bersets.
Schweizer Radio und Fernsehen SRF

Jacqueline Badran hingegen ist überzeugt, Somm und weitere konservative Kräfte hätten nur darauf gewartet, Alain Berset erneut angreifen zu können.

Zwischendurch unterbricht Moderator Sandro Brotz den Schlagabtausch zwischen Somm und Badran. Dann ist Platz für die Anwesenden Parlamentsmitglieder und die Medienschaffenden, Sinn und Zweck von Indiskretionen zu diskutieren.

Indiskretionen – nützlich oder schädlich?

Für Ständerat Fässler steht fest, wenn Amtsgeheimnisse laufend an die Medien weitergegeben werden, könnten politische Gremien nicht mehr frei debattieren und Entscheidungen treffen. Die Medienvertreter betonen, dass Insider-Informationen integraler Bestandteil der politischen Berichterstattung seien. Sonst könnten sie nur noch verlautbaren, was die Autoritäten mitteilen wollen.

Chefredaktor Somm bestätigt die Bedeutung von Indiskretionen und ist gleichzeitig überzeugt, dass mit systematischen Amtsgeheimnisverletzungen das Kollegialitätsprinzip des Bundesrats ausgehebelt werde und dieser so seinen verfassungsmässigen Auftrag nicht mehr ausführen könne. Ueli Maurer sei für viel weniger zum Rücktritt aufgefordert worden – für einen Auftritt im T-Shirt der Freiheitstrychler.