Die beiden Ärzte sollen einen arbeitsunfähigen Mann für gesund erklärt haben.
KEYSTONE
Zwei IV-Gutachter stehen heute Montag in Zürich wegen Betrugsvorwürfen vor Gericht. Die beiden Ärzte der Firma PMEDA sollen einen Mann für gesund erklärt haben, der eigentlich arbeitsunfähig war.
Der Privatkläger wird mit seinen Zivilforderungen auf den Zivilweg verwiesen. Es gibt keine Landesverweisung und kein Tätigkeitsverbot, so der Richter abschliessend.
Damit ist die Verhandlung geschlossen.
19.38 Uhr
Nun folgt die rechtliche Würdigung
Nun folgt die rechtliche Würdigung der einzelnen Tatbestände. Zunächst geht es um Betrug. Hier werde eine gewisse Arglist vorausgesetzt, sagt der Richter. Weder bei den Medikamenten noch bei den Tests sei das nicht zu sehen. Vielmehr seien die Fehler auf eine unsorgfältige Arbeitsweise der beiden Ärzte zurückzuführen.
Wären die Tests und die Namen der Medikamente aufgeführt worden, hätte dies nach Ansicht des Gerichts nicht zu einem anderen Urteil betreffend des Gesundheitszustands geführt, so der Richter weiter. Auch den Vorwurf, dass die Krankenkasse sich daran hätte bereichern wollen, weist das Gericht aus verschiedenen Gründen ab. Deshalb seien die Beschuldigten des Betrugs freizusprechen.
Auch bei der Urkundenfälschung werden die beiden Ärzte freigesprochen. Hier greift eine enge Verkachelung aus zwei Gesetzesartikeln, zudem habe keine Absicht verwendet werden können.
19.36 Uhr
Kein fehlerhaftes Bild entstanden
Es gebe ein fehlerhaftes Festhalten der beiden Tests und der beiden Medikationen, das sei erstellbar, sagt der Richter. Aber deswegen sei nicht unbedingt ein fehlerhaftes Bild des Zustands des Klägers entstanden, führt der Richter weiter aus.
19.34 Uhr
Unterzeichnungs-Prozedere nicht unüblich
Nun geht es darum, dass der PMEDA-Gründer auf der letzten Seite das Gutachten unterschrieben habe, obwohl dieser den Kläger nie selbst gesehen habe. «Aufgrund eigener Prüfung und Urteilsbildung» lasse nicht auf eine rein sprachliche Prüfung schliessen, eine gewisse materielle Prüfung werde bei einer solchen Formulierung erwartet.
Der Psychiater sei zweifellos befähigt gewesen, das Gutachten zu erstellen. Zudem sei es, wie von der Verteidigung vorgebracht, nicht unüblich, dass der Institutsleiter ein Gutachten mit unterzeichnet.
Dem Briefkopf lasse sich zudem klar entnehmen, dass der PMEDA-Gründer kein Facharzt für Psychiatrie war.
«Habe Fragezeichen»
Nun geht es um die Details des Gesprächs. Laut dem Privatkläger habe der Psychiater ihm das Wort abgeschnitten. Die Arbeitssituation sei an diversen Stellen im Gespräch thematisiert worden, sagt der Richter. Es sei aber von Seiten des Gutachters nicht weiter nachgehakt worden. «Da habe ich schon Fragezeichen», so der Richter. Die Akten und Vorgeschichte seien den Gutachtern aber bereits bekannt gewesen.
Das Gutachten stütze sich auch auf die Vorberichte und –Geschichte des Klägers, führt der Richter weiter aus. Den Gutachtern stehe hier ein gewisser Ermessensspielraum zu. Deshalb könne kein Vorwurf erstellt werden.
Tests waren nicht nötig
Der Privatkläger selbst sagte aus, dass keine Tests durchgeführt worden seien. Das Sozialversicherungsgesetz hielt fest, dass diese auch nicht notwendig gewesen seien und diese im Rahmen des Gesprächs auch kein Thema gewesen seien. Das Bezirksgericht wird darauf im Rahmen der rechtlichen Würdigung eingehen.
Dauer des Gesprächs lässt nicht auf Qualität schliessen
Der Richter sagt weiter, über die Dauer des Explorationsgesprächs lasse sich nicht auf die Qualität schliessen. Laut dem Sozialversicherungsgericht habe sich der Kläger hinreichend über seine Situation äussern können, das bestätigt das Bezirksgericht.
Zum Thema der Medikation sagt der Richter, dass das Gutachten die Medikamentennamen tatsächlich nicht aufliste. Der Abschrift der Tonbandaufnahme könne entnommen werden, dass der Kläger diese tatsächlich erwähnt werde. Fraglich bleibe aber, ob der Name der Medikamente tatsächlich mit Vorbehalt nicht aufgeführt worden sei. Das werde im Rahmen der rechtlichen Würdigung erfolgen.
19.20 Uhr
Tonaufnahme ist verwertbar
Der Richter führt nun das Urteil aus. Ob die Tonband-Aufnahme illegal sei oder nicht, sei nicht massgebend, so der Richter. Die Aufnahme sei aber unerlässlich, deswegen sei sie verwertbar.
Die Beschuldigten hätten das Gutachten gemeinsam unterzeichnet. Das sei unbestritten und heute auch kein Punkt gewesen, welches das Gericht habe beurteilen müssen. Die Dokumentation habe rund 40 Minuten gebracht, bei dem in den Gutachten aufgeführten mehr als 90 Minuten handle es sich um einen Zeitraum, der auch die Dokumentation beinhalte, führt der Richter aus.
19.12 Uhr
IV-Ärzte freigesprochen
Das Verfahren bezüglich des Urkundeneinstellung und des Betrugs wird eingestellt. Beide Ärzte werden vollumfänglich freigesprochen, das Verfahren wird eingestellt. Der Privatkläger wird auf den Zivilweg verwiesen. Der IV-Psychiater erhält eine Entschädigung von 80'000 Franken, eine Genugtuung erhält er aber nicht. Der PMEDA-Gründer erhält 50'000 Franken Entschädigung, auch er erhält keine Entschädigung.
19 Uhr
Jetzt folgt das Urteil
15.40 Uhr
«Rechtliche Prüfung hat jeden Zweifel beseitigt»
«Ich habe nicht viel hinzuzufügen», sagt der beschulidgte Psychiater zum Abschluss der Hauptverhandlung. «Ich bin überzeugt, dass das Gutachten sämtlichen Anforderungen genügt und dass die rechtliche Prüfung durch die Sozialgerichte jeden Zweifel beseitigt hat.» Es sei keine bewusste, willentliche Beeinflussung des Ergebnisses geschehen.
Die Verhandlung ist geschlossen. Das Urteil folgt frühestens um 19 Uhr.
15.39 Uhr
«Verfahren dauert viel zu lange»
«Das Verfahren dauert viel zu lange», sagt der Rechtsanwalt des PMEDA-Gründers. Dieser sei «medial vorverurteilt» worden, seine Gesundheitssituation sei nicht gut.
15.30 Uhr
«Reine Propaganda»
«Was der Staatsanwalt und der Privatkläger vortragen, ist reine Propaganda», sagt der Anwalt des PMEDA-Gründers. Die Feststellung der Beurteilung zum damaligen Zeitpunkt, dass der Mann arbeitsfähig gewesen sei, sei korrekt gewesen. «Bis jetzt hat kein Gericht festgestellt, dass das Gutachten bei seiner Aussage nicht korrekt sei.»
15.15 Uhr
«Das prägt ihn bis heute»
Die Kriterien der Urkundenfälschung seien damit klar erfüllt und der Vorsatz erfüllt, sagt der Rechtsanwalt weiter. «Eine vernichtete berufliche Existenz, das Ende einer 25-jährigen Ehe, verschlimmerte Gesundheitsverhältnisse und Wohnungslosigkeit prägen ihn heute.»
Damit geht das Wort wieder an den Anwalt des Psychiaters. Dieser beantragt eine kurze Pause.
15.08 Uhr
Wer war befugt, Gutachten zu erstellen?
Bei der Abrechnung seien Fehler gemacht worden. Der Verteidiger des Privatklägers spricht hier von «arglistiger Täuschung», schliesslich seien die PMEDA-Ärzte mit dem Tarifsystem vertraut gewesen. Die PMEDA-Ärzte sollen, so der Vorwurf, der im Raum steht, teilweise gar nicht befugt gewesen sein, solche Gutachten zu erstellen – namentlich der Gründer selbst.
Es gehe hier auch nicht um Grenzfälle der medizinischen Möglichkeiten, sondern um Grundsätzliches, sagt der Anwalt und spricht erneut die ausgebliebenen Tests an. «Der PMEDA-Gründer hat bewusst weggeschaut, der Psychiater hat das Gutachten unterzeichnet, obwohl Tatsachen falsch dargestellt wurden.»
Der PMEDA-Gründer habe durch seine Unterschrift nach Aussen dargestellt, dass der Inhalt stimme. Von der Verteidigung werde er hingegen als «fast unbeteiligten Germanisten» dargestellt. Das sei falsch. «Es spricht eher dafür, dass er eine Lücke im System ausgenutzt war», sagte er. «Er wollte offenkundig eine Gutachtertätigkeit in dieser unzulässigen Form durchführen», sagt er weiter.
15.01 Uhr
«Hier wird etwas vorgespielt», sagt der Anwalt
«Die Verteidigung lenkt mit Nebenpunkten ab», sagt der Anwalt des Privatklägers. Beim Gutachten handle es sich sehr wohl um eine Urkunde, dabei seien wahrheitswidrige Inhalte eingeflossen. Die Verteidigung stelle dies als Formfehler dar, dabei sei dies der Kern des Vorwurfs, sagt der Anwalt. Das Gutachten täusche eine Qualität vor, welches es nicht besitze. «Indem das Gutachten nach Aussen wie ein reguläres Gutachten aussieht, wird hier etwas vorgespielt», sagt der Anwalt. Es gehe nicht um eine belanglose Formsache. «Durch das falsche Gutachten wurden dem Kläger essentielle Sozialleistungen vorenthalten.»
14.49 Uhr
Unterschrift suggeriere Vieraugen-Prinzip
Der Staatsanwalt sagt, es bestehe auch die Frage, ob die Versicherungsgesellschaften durch das falsche Gutachten in die Irre geführt worden seien. Die Unterschrift des PMEDA-Gründers «aufgrund eigener Prüfung und Urteilsbildung» habe dabei sehr wohl einen Einfluss gehabt, suggeriere sie doch ein Vieraugen-Prinzip. «Der PMEDA-Gründer hat das Vertrauen in strafbarer Art und Weise missbraucht».
14.45 Uhr
Replik: «Da bleiben keine Zweifel», sagt der Staatsanwalt
Nun geht es in die Replik, der Staatsanwalt hat wieder das Wort. «Hören Sie sich an, wie der Kläger und der Psychiater einander ins Wort fallen. Da bleiben keine Zweifel», sagt er. Er halte an seinen Vorwürfen vollumfänglich fest, unter anderem auch, was die Dauer angehe. Der Staatsanwalt sagt, der Psychiater rechtfertige sich mit zu vielen Versehen und Ungenauigkeiten. «Das reicht bei einem Gutachter locker für einen Eventualvorsatz, ich behaupte sogar nach wie vor direkten Vorsatz.»
Auf die Vorwürfe des «problematischen» Arbeitsverhältnisses geht der Staatsanwalt ebenfalls ein. Mit einer gekündigten Arbeitsstelle habe das nichts zu tun, sondern mit der Tätigkeit beliebiger Arbeitgeber, sagt der Staatsanwalt.
Der Psychiater habe nicht zu beurteilen gehabt, ob der Privatkläger an einer Herzkrankheit litt. Vielmehr sei es um die vom Privatkläger geschilderten Ängste gegangen und ob ihn diese an der Ausführung seiner Arbeit gehindert hätten.
14.39 Uhr
«Kein Raum für eine Verurteilung»
Der Straftatbestand des Betruges oder der Urkundenfälschung würden, so sagt der Anwalt, aus verschiedenen rechtlichen Gründen ebenfalls wegfallen. Es bleibe kein Raum für eine Verurteilung. Der PMEDA-Gründer sei vollumfänglich freizusprechen.
14.29 Uhr
Keine Mittäterschaft möglich
«Die Bestrafung eines gewissenhaften Gutachters, nur weil ein anderer Gutachter zu einem anderen Ergebnis kommt, kann und darf nicht richtig sein», sagt der Anwalt des PMEDA-Gründers. Das sei auch bei Richtern nicht der Fall, führt er weiter aus.
Der Psychiater selbst habe unabhängig von der PMEDA gearbeitet und ein Pauschalhonorar erhalten, sagt der Anwalt weiter. Damit geht er auf die Vorwürfe der Bereicherung ein.
Der PMEDA-Gründer habe erst nach der Exploration seine Unterschrift unter das fertiggestellte Gutachten gestellt. Damit sei aus rechtlicher Sicht auch keine Mittäterschaft möglich.
14.25 Uhr
Unterschrift «nur formeller Akt»
Dem PMEDA-Gründer sei der Vorwurf bekannt, dass er das Gutachten mitunterzeichnet habe, obwohl er angeblich fachlich nicht dazu geeignet sei. Das sei aber strafrechtlich nicht relevant, sagt der Anwalt. Deshalb sei der PMEDA-Gründer freizusprechen.
Der Neurologe habe bei der Erstellung des Gutachtens nicht mitgewirkt. Das zeige sich etwa im Gutachten, dort sei nur von «Der Gutachter», nicht aber etwa von «die Gutachter» die Rede. Die Mitunterzeichnung sei die Folge eines standardisierten Ablaufs gewesen. Mit seiner Unterschrift habe er lediglich bestätigt, dass das Gutachten formal korrekt sei und er dieses gelesen habe. Seine Unterschrift sei lediglich ein formeller Akt gewesen sei.
14.22 Uhr
Jetzt spricht der Anwalt des PMEDA-Gründers
Nun spricht der Anwalt des PMEDA-Gründers. Er schliesst sich dem Plädoyer des Anwalts des Psychiaters an und sagt zu Beginn, er werde auf Wiederholungen verzichten. Über die Ausführungen hinaus habe er noch mehrere Anmerkungen.
Zunächst kritisiert der Anwalt des PMEDA-Gründers die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft. «Dass Sie 14 Seiten brauchen, um die Anklagepunkte niederzuschreiben, spricht Bände», sagt der Anwalt. Die Schrift sei «lange und verschachtelt», selbst er habe Mühe gehabt, die genauen Vorwürfe zu verstehen, sagt der Anwalt.
14.19 Uhr
Psychiater soll vollumfänglich freigesprochen werden
«Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft sind haltlos», sagt der Anwalt. Das Tätigkeitsverbot und der Landesverweis seien haltlos und hätten enorme negative Konsequenzen. «Die Staatsanwaltschaft hat sich vom medialen Interesse und der politischen Entwicklung rund um die PMEDA massiv beeinflussen lassen», sagt der Anwalt des Psychiaters weiter. Deswegen sei der Psychiater vollumfänglich freizusprechen.
14.06 Uhr
«Kein Interesse an bewussten Falschangaben»
Der Psychiater habe, so fasst der Anwalt zusammen, keinerlei falsche Angaben gemacht. Er habe auch kein falsches Gesamtbild gezeichnet. Zudem habe er nichts verschwiegen, wie dies ihm die Staatsanwaltschaft vorwerfe. Der Psychiater könne heute nicht mehr genau sagen, ob die beiden erwähnten Tests durchgeführt wurden. Sollte dem nicht so sein, handle es sich wohl um ein redaktionelles Versehen bei der Abfassung des Gutachtens. Eine Absicht würde jedoch nicht vorliegen, sagt der Anwalt. «Es muss zudem mit Nachdruck festgehalten werden, dass die beiden Tests zum Nachweis einer psychiatrischen Erkrankung nicht nötig waren.»
Dass die eingenommenen Medikamente nicht namentlich erwähnt worden sei, sei irrelevant, so der Anwalt weiter. Diese hätten beim Entscheid keine Rolle gespielt. «Der Vorwurf, dass der Psychiater bewusst falsche Angaben gemacht habe, findet schlicht und ergreifen keine Stütze», sagt der Anwalt weiter.
Die Versicherungen seien an Gutachten interessiert, welche eine abschliessende Fallbeurteilung ermöglichen. Der Psychiater habe keinerlei Interesse daran, bewusste Falschangaben zu machen, die zweifelsfrei widerlegt werden können.
14.01 Uhr
Kardiologischer Bericht noch einmal Thema
Auch der kardiologische Bericht wird noch einmal erwähnt. Der Anwalt hält noch einmal fest, dass der Psychiater dazu keine Stellung nehmen konnte und auch nicht dürfe, würden ihm hier doch die Kompetenzen fehlen. Das betonte auch der Psychiater am Morgen bei der Befragung (siehe Tickereintrag um 9.53 Uhr). Im Wesentlichen betont der Anwalt, dass sich der Psychiater selbst habe ein Bild verschaffen müssen.
13.56 Uhr
Privatkläger veröffentlichte 600-Seiten-Buch
Der Grad der Depression habe sich aufgrund der Behandlung klar verbessert, sagt der Anwalt weiter. Der Privatkläger habe zwischenzeitlich ein Buch mit Umfang von 600 Seiten veröffentlicht. «Es ist unklar, wie das mit den vorhin genannten Einschränkungen hätte möglich sein sollen», sagt der Anwalt weiter.
13.53 Uhr
«Problembehaftetes» Arbeitsverhältnis
Der Psychiater habe den Schluss gezogen, dass nur noch eine leichtgradige Depression vorliege. Zum damaligen Zeitpunkt habe es keine Hinweise auf eine andere Diagnose gegeben. Es habe sich um ein gekündigtes Arbeitsverhältnis gehandelt, welches «problembehaftet» gewesen sei, führt der Anwalt weiter aus.
Auch der Vorwurf, dass sich der Psychiater nicht ausreichend mit den Berichten der anderen Kliniken auseinander gesetzt habe, weist der Anwalt ebenfalls zurück. Diese seien im Gutachten klar und deutlich zur Sprache gekommen. Im Gutachten werde nicht in Abrede gestellt, dass der Privatkläger an einer mittelschweren Depression gelitten hätte haben können – zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens sei allerdings nur noch eine leichte depressive Phase festgestellt werden. Es sei aufgrund der Behandlung zu einer klaren Besserung gekommen.
13.48 Uhr
Schweregrad der Depression weicht ab
Laut der Staatsanwaltschaft habe sich der Psychiater nicht dafür interessiert, welcher Arbeit der Kläger genau nachgehe. Das sei aber nicht der Fall, sagt der Anwalt. Der Psychiater habe sehr wohl die Berichte gelesen und sich auch mit dem Hintergrund des Klägers beschäftigt. Er sei allerdings zum Schluss gelangt, dass die Grundlage für eine Arbeitsunfähigkeit fehle. Das habe später auch eine weitere Ärztin in einem separaten Gutachten dargelegt.
Der Schweregrad der depressiven Episoden würden bei den verschiedenen Gutachten voneinader abweichen. Das sei bei depressiven Episoden normal, sagt der Anwalt weiter. Es gebe gute und schlechte Zeiten. Deswegen könnten von bewussten Falschangaben keine Rede sein.
13.42 Uhr
«Tests waren nicht nötig»
Nun geht es um die Tests. Der Psychiater könne heute nicht mehr genau sagen, ob die beiden erwähnten Tests durchgeführt wurden. Sollte dem nicht so sein, handle es sich wohl um ein redaktionelles Versehen bei der Abfassung des Gutachtens. Eine Absicht würde jedoch nicht vorliegen, sagt der Anwalt. «Es muss zudem mit Nachdruck festgehalten werden, dass die beiden Tests zum Nachweis einer psychiatrischen Erkrankung nicht nötig waren.» Die Tests würden bei Demenz und Alzheimer zur Anwendung kommen, nicht aber bei einer Depression wie beim Privatkläger.
Ob die Tests durchgeführt worden seien oder nicht, sei daher irrelevant, sagt der Anwalt. Sie seien ohnehin nicht relevant.
13.32 Uhr
Verhandlung wird fortgesetzt
Die Verhandlung wird nach der Mittagspause fortgesetzt. Der Rechtsanwalt des Psychiaters führt weiter aus, weshalb dieser von allen Vorwürfen freizusprechen sei. So habe nach dem Gespräch eine redaktionelle Bündelung und Dokumentation stattgefunden, um die Lesbarkeit des Gutachtens zu erhöhen. Eine Falschangabe zur Dauer der Erstellung sei damit nicht gegeben.
Auch der Vorwurf, dass die Dauer des Gesprächs deutlich zu kurz gewesen sei, um einen fundierten Entscheid zu treffen könne, weist der Verteidiger ebenfalls zurück. Auch hier liege keine Falschbeurteilung vor, denn die Dauer des Gesprächs spiele keine Rolle bei der Diagnostizierung.
Nun geht es um die Medikamente. Das Schlafmittel werde zwar nicht genau im Gutachten erwähnt, dabei handle es sich aber lediglich um eine allfällige Ungenauigkeit. Die Schlafstörungen würden aber thematisiert. Die Besserung der Schlafstörung, namentlich dass der Kläger «besser schlafe», wie dies festgehalten sei, spreche aber für einen positiven Therapieeffekt.
12 Uhr
Zusammenfassung der Geschehnisse bis Mittag
Das Bezirksgericht Zürich ist am Montag Schauplatz eines IV-Prozesses. (Symbolbild)
sda
Der Verteidiger eines IV-Gutachters hat am Montag am Bezirksgericht Zürich einen Freispruch gefordert. Der Staatsanwalt sprach sich für eine Verurteilung aus, obwohl er das Verfahren ursprünglich einstellen wollte.
Auf Anweisung des Zürcher Obergerichts musste der Staatsanwalt die Ärzte anklagen, wie er vor Gericht sagte. Dennoch zeigte er sich nun überzeugt: «Der Sachverhalt ist gleich mehrfach bewiesen.» Von der Befragung gebe es eine Aufzeichnung und die Aussagen des Klägers. Diese zeigten, dass die Befragung viel kürzer gewesen sei und Aussagen des Klägers im Gutachten falsch wiedergegeben worden seien.
Der Staatsanwalt beharrte auf den geforderten Freiheitsstrafen von drei beziehungsweise zwei Jahren. Der Chef des Gutachters habe den «Pfusch» des Mitarbeiters unterzeichnet, obwohl er fachfremd gewesen sei. «Gutachter dürfen nie und nimmer so arbeiten. Solche Gutachter wollen wir nicht», sagte der Staatsanwalt.
Der Verteidiger des 52-Jährigen hielt fest, dass bereits gerichtlich festgestellt worden sei, dass das Gutachten korrekt war. Er forderte einen Freispruch von allen Vorwürfen. Der Kläger habe erst fünf Jahre nach der Befragung Strafanzeige eingereicht.
Die heimliche Aufnahme durch den Kläger, die er später dem «Kassensturz» weiterleitete, bezeichnete der Verteidiger als nicht verwertbar. Diese sei rechtswidrig erlangt worden und könnte unvollständig sein, hielt er fest. «Ein strafbares Verhalten kann meinem Klienten auch mit der Aufnahme nicht nachgewiesen werden.»
Der Prozess wird am Nachmittag fortgesetzt.
11.47 Uhr
Mittagspause bis 13.30 Uhr
Die Staatsanwaltschaft werfe dem Psychiater vor, dass dieser vorsätzlich relevante Tatsachen falsch dargestellt oder verschwiegen habe, führt der Anwalt weiter aus – dies unter anderem mit der Absicht der Bereicherung. Aus einem früheren Verfahren gehe bereits hervor, dass die vom Psychiater erstellten Gutachten als ärztliche Zeugnisse gelten würden, sagt der Anwalt sinngemäss weiter.
Der Richter unterbricht den Anwalt für die Mittagspause. Um 13.30 Uhr geht es weiter.
11.34 Uhr
Tonaufnahme ist noch einmal Thema
Nun geht es noch einmal um die Tonaufnahme. Diese würde keine Aspekte beinhalten, welche ein strafbares Verhalten des Psychiaters eingeht. Zudem sei die Aufnahme nicht rechtlich verwertbar, da sie heimlich erstellt worden sei. Die Staatsanwaltschaft habe den Privatkläger bereits wegen mehrfacher unerlaubter Erstellung einer Tonaufnahme angeklagt. Das Verfahren gegen ihn sei wegen Verjährung eingestellt worden. Die Tonaufnahme sei rechtswidrig erlangt worden und könne deshalb nicht verwertet werden – der Rechtsanwalt begründet dies mit Verweis auf die bestehende Rechtssprechung in verschiedenen Fällen.
Es gebe Hinweise, dass die eingereichte Tonaufnahme nicht die gesamte Begutachtung wiedergebe, sagt der Anwalt weiter. So habe er seiner Anwältin mitgeteilt, dass die Aufnahme rund 45 Minuten gedauert habe. Die Tonaufnahme habe jedoch nur rund 35 Minuten gedauert.
11.27 Uhr
Psychiater soll erst fünf Jahre später von Vorwürfen erfahren haben
Aus den Akten ergebe sich, dass die Krankentaggeldkasse eine psychiatrische Sicht und eine Zweitmeinung zur Arbeitsunfähigkeit habe einholen wollen. Diese habe einen Fragekatalog vorgelegt, die Fragestellung sei eingeschränkt gewesen. Das Gutachten habe lediglich zur Beantwortung der vorgegebenen Fragen gedient, sagt der Anwalt des Psychiaters.
Nun zitiert der Anwalt aus einer Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft aus einem anderen Fall. Verschiedene Ärzte würden bei gleichen Patienten oft zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, habe der PMEDA-Gründer damals ausgesgat. Diesen Aussagen habe sich die Staatsanwaltschaft vollumfänglich angeschlossen.
Anschliessend geht der Anwalt des Psychiaters auf die verschiedenen Gutachten und medizinischen Berichte ein. «Von den Vorwürfen gegen ihn hat der Psychiater erst 5 Jahre später erfahren – mit Einreichung der Strafanzeige. Dabei vermochte er sich nicht mehr an die einzelnen Details erinnern.»
11.21 Uhr
«Es kann zu Fehlern kommen»
Der Psychiater habe die Vorwürfe von Beginn weg in Abrede gestellt, führt der Anwalt weiter aus. Trotzdem habe die Staatsanwaltschaft das Verfahren fortgeführt. Im April 2023 habe die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt, diese Verfügung sei anschliessend vom Obergericht Zürich aufgehoben worden. «Es kann auch im psychiatrischen Umfeld zu Fehlern oder Ungenauigkeiten kommen, das ist auch im vorliegenden Gutachten nicht ausgeschlossen. Ausschliessen kann der Psychiater aber, dass er bewusst Fakten oder Ergebnisse falsch dargestellt habe.»
11.16 Uhr
Jetzt folgt das Plädoyer des Psychiater-Anwalts
Jetzt spricht der Anwalt des Psychiaters. Sein Plädoyer dauere zwischen 1,5 und 2 Stunden, kündigt er an. Seine Strafanzeige habe er erst rund fünf Jahre nach dem Untersuch eingereicht. «Er war einfach nicht mit dem Ausgang einverstanden und versucht, die Strafbehörden zu instrumentalisieren», sagt der Anwalt.
Das Sozialversicherungsgericht der Stadt Zürich habe bereits 2015 entschieden, dass das Gutachten «nicht in Zweifel zu ziehen sei», so der Anwalt. Dass die Staatsanwaltschaft trotzdem am Vorwurf festgehalten habe, spreche für sich. «Die Staatsanwaltschaft hat sich rund um die Berichterstattung zu PMEDA beeinflussen lassen», wirft der Anwalt dem Staatsanwalt vor. «Für den Psychiater steht heute seine gesamte berufliche Existenz auf dem Spiel.» Es sei sehr gefährlich, wenn der Psychiater vor Gericht müsse, «weil der Ausgang des Verfahrens dem Kläger nicht passen.»
11.12 Uhr
Klägeranwalt schliesst sich an
Der Anwalt des Privatklägers hält sich kurz. Er schliesst sich den Ausführungen des Staatsanwaltes grundsätzlich an.
11.10 Uhr
«Wir wollen keine solchen falschen Gutachter»
«Wir wollen keine solchen falschen Gutachter», sagt der Staatsanwalt zum möglichen Landesverweis. Deshalb halte er daran fest.
11.02 Uhr
«Geradezu vorsätzlich gehandelt»
«Das ist ganz und gar nicht seriös», sagt der Staatsanwalt. «Niemand wird ernsthaft behaupten wollen, der Fall sei medizinisch komplex. Der Fall war selbst für uns Juristen relativ klar. Alle Fachstellen sagen, der Mann habe sich komplett übernommen – bis hin zum Herzanfall. Das alles will er erklären, und wird dennoch immer wieder abgewürgt. Wer so wie der psychiatrische Gutachter vorgeht, handelt geradezu vorsätzlich», sagt der Staatsanwalt weiter. «Und was den PMEDA-Gründer angeht: Dass dieser, ohne den Mann je gesehen zu heben, das Gutachten mitunterschreibt, obwohl er Kardiologe und nicht Psychiater ist, nimmt ärztlichen Pfusch geradezu in Kauf.»
Der Psychiater habe gewusst, dass der Kardiologe keine Befugnisse habe – trotzdem hätten beide unterschrieben. «Das Gutachten wurde trotzdem an die Versicherung gesandt und zeigte dort die erwartete Wirkung.»
Einer der Vorwürfe, die Erstellung eines falschen ärztlichen Zeugnisses, sei mittlerweile verjährt – nicht aber der Tatbestand der Urkundenfälschung und des Betrugs. Das Obergericht habe in seinem Urteil klar angewiesen, dass man diesen Straftatbestand weiter verfolgen müsse – obwohl die Staatsanwaltschaft das Verfahren habe einstellen wollen, sagt der Staatsanwalt.
10.58 Uhr
Wie gefährlich war die Wiederaufnahme der Arbeit?
«Es muss ein Minimum an Sorgfalt geben», sagt der Staatsanwalt. «Die Tonaufnahme bestätigt auch, dass der Kläger sagte, dass er nur aufgrund der Medikamente gut schlafe. Das ist aber im Gutachten eben gerade nicht angegeben. Sie gehören ganz klar in das Gutachten, weil sie rechtlich relevant sind.» Auch die beiden Tests (siehe Tickereintrag 9.44 Uhr) seien nie durchgeführt worden, obwohl es sich um rechtlich relevante Tatsachen handle. Mehrmals habe der Kläger Tatsachen darstellen wollen und sei dabei vom Psychiater «regelrecht abgewürgt worden.»
Die beiden Ärzte hätten das Gutachten gemeinsam unterzeichnet, obwohl einer der beiden den Kläger gar nie gesehen habe, sagt der Staatsanwalt weiter.
Auch die beiden Arztberichte kommen noch einmal zur Sprache. Der Staatsanwalt sagt dazu, die Berichte seien vorgelegt worden. In einem der medizinischen Berichte sei klar festgestellt worden, «dass die Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit auch aus kardiologischer Sicht» Gefahr mit sich bringen würde. In einem weiteren Bericht sei festgehalten worden, dass eine Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit mit reduzierter Stressresitenz seine depressiven Symptome verstärken würde. All das habe der Psychiater gewusst und habe sogar im Gutachten daraus zitiert.
10.48 Uhr
Exploration habe nur rund 45 Minuten gedauert
Die Exploration habe nicht über 90 Minuten gedauert. Sie habe mindestens 35 Minuten gedauert, höchstens aber 45 Minuten. «Eine Dreiviertelstunde nach der Begrüssung stand er wieder auf der Strasse, wie er auch in seiner Mail an die Anwältin schrieb – also nur rund die Hälfte der im Gutachten aufgeführten Dauer», sagt der Staatsanwalt. «Da fehlt doch einfach die Hälfte.»
10.37 Uhr
Nun spricht der Staatsanwalt
Nun ist die Verhandlung wieder aufgenommen. Der Staatsanwalt spricht jetzt. Er hält an den Anträgen fest. Der Privatkläger habe die Gespräche mit den Ärzten jeweils fast wörtlich wiedergegeben können – auch nach so vielen Jahren. Die Aussagen seiner ehemaligen Anwältin, welche sich die Tonaufnahme des PMEDA-Gesprächs nie angehört habe, würden sich mit den Aussagen des Privatklägers decken. Sie seien also klar belegt.
Der Privatkläger habe erst an der Rezeption erfahren, dass er zu Mast müsse. Er habe daraufhin recherchiert, dass dieser über keine fachliche Qualifikation verfüge. Der Kläger habe an der Rezeption protestiert und sich mit der Anwältin ausgetauscht – der Mail-Verkehr sei dem Gericht vorgelegt worden.
Auch die Tonaufnahme ist Thema. Es steht die Frage der Verwertbarkeit im Raum. «Eine Einstellung der Tonaufnahme des Gesprächs hätte gravierende Konsequenzen für den Kläger bedeutet», sagt der Staatsanwalt. «Eine Ankündigung der Tonaufnahme hätte bedeuten können, dass das Gutachtungsgespräch abgebrochen werde – ebenfalls mit gravierenden Konsequenzen.»
10.10 Uhr
Komplexer Fall
Der Fall ist relativ komplex. Der Richter arbeitet sich nun Schritt für Schritt durch die Vorwürfe, welche in der Anklageschrift erhoben werden. Der Psychiater sagt, er habe die Kritikpunkte der vergangenen Monate und Jahre ausführlich gelesen. «Glücklicherweise durfte ich dabei feststellen, dass ich an meiner Arbeitsweise nichts verändern muss. Die Kritikpunkte beziehen sich denn auch ganz sicher nicht auf das Gutachten, über das wir heute reden», sagt der Psychiater.
Nun geht es um die geforderten Strafen. Im Raum stehen eine Gefängnisstrafe, eine Landesverweisung, ein Tätigkeitsverbot und die Zivilansprüche des Privatklägers. Dazu verweist der Psychiater auf das Plädoyer des Verteidigers.
Das Gericht unterbricht die Verhandlung bis 10.35 Uhr
10.03 Uhr
Vorwurf der Bereicherung steht im Raum
Nun geht es um den Vorwurf der Bereicherung. Die Ärzte hätten sich, so die Anklageschrift, die PMEDA «und damit sich selbst bezüglich des Honorars für das in Wahrheit weit weniger aufwändige Gutachten» bereichert. Das sei unzutreffend, sagt der Psychiater. Die Anklage hält weiter fest, dass mit dem Gutachten «die Versicherung, Behörden und Dritten durch die Geldersparnis sich hätten bereichern können.» Dazu sagt der Psychiater: «Ich könnte vieles dazu sagen. Aber es ist einfach unzutreffend.»
10 Uhr
Welche Rolle spielte der PMEDA-Gründer wirklich?
Nun geht es um die Rolle des PMEDA-Gründer, der heute nicht anwesend ist. Dieser habe eine Beurteilung vorgenommen, ohne den Privatkläger je gesehen zu haben, heisst es in der Anklageschrift. Der PMEDA-Gründer habe das fertige Gutachten gegengelesen und nur formale Aspekte geprüft, sagt der Psychiater.
In der Anklageschrift ist weiter festgehalten, dass der PMEDA-Gründer Facharzt für Neurologie sei, also nicht befähigt gewesen sei, psychiatrische Gutachten und Urteile vorzunehmen. Der Facharzt verweist erneut darauf, dass dieser nur formale Aspekte geprüft habe. «Also hätten Sie auch einen Germanisten nehmen können?», fragt der Richter. «Theoretisch Ja», so der Psychiater.
9.53 Uhr
Andere Berichte nicht gewürdigt?
Nun geht es darum, dass laut Anklageschrift bereits früher ein medizinischer Bericht erstellt wurde. Der Arzt sei Kardiologe, sagt der Psychiater, er sei nicht befugt, diese Diagnosen zu kommentieren. Laut Anklageschrift wird ihm vorgeworfen, diesen Bericht nicht genügend wahrgenommen zu haben. «Das kann ich recht klar zurückweisen», sagt der Psychiater. «Die kardiologische Erkrankung war laut Bericht Auslöser für die Verschlechterung der Depression, die schliesslich zum Untersuch geführt hat», sagt der Psychiater. Er wolle das nicht kommentieren, habe das aber entsprechend gewürdigt.
Auch weitere Berichte kommen zur Sprache. «Die beiden Bewertungen sind in deutlich zeitlichem Abstand durchgeführt worden. Eine depressive Episode erscheint mir plausibel, das habe ich auch festgehalten. Zum Zeitpunkt meiner Untersuchung war das aber nicht mehr der Fall. Als Psychiater muss ich mir aber ein eigenes Bild machen.»
9.46 Uhr
Eingeordnet, nicht abgetan
Den Vorwurf, dass der Privatkläger nach einem medizinisch unzureichenden Untersuch arbeitstauglich geschrieben worden sei, weist der Psychiater klar zurück. «Man beobachtet dabei als Psychiater natürlich immer verschiedene Dinge und stellt diese in Kontext mit allen anderen Informationen. Als Kernstück erhebt man dann einen Befund.»
Der Privatkläger habe ausgesagt, dass er «alles gegen einen inneren Antrieb erledigen müsse.» Dazu sagt der Psychiater, dass man bei solchen Aussagen immer eine Einordnung vornehmen müsse. Er habe diese Beschwerden nicht abgetan, aber eingeordnet. Das sei seine Aufgabe als Psychiater.
9.44 Uhr
Tests nicht durchgeführt
In der Anklageschrift heisst es weiter, der Psychiater habe laut Gutachten während des Begutachtungsgesprächs mit dem Privatkläger den 3-Begriffe-Test und den Subtraktionstest ausgeführt – beide Ärzte hätten diesen Test aber nicht durchgeführt. «Ich weise klar zurück, dass Dinge absichtlich falsch oder anders dargestellt wurden», sagt der Psychiater. «Sollte dem aber so sein, handelt es sich um einen redaktionellen Fehler, dass die Tests nicht herausgestrichen wurden oder Ähnliches»
Der Psychiater sagt zudem, die beiden Tests seien für die Krankheitsdiagnose des Privatklägers nicht relevant gewesen.
9.40 Uhr
Wurde das Schlafmittel erwähnt
Nun geht es um die Erwähnung eines Schlafmittels. Laut der Anklageschrift hätten die beiden Ärzte angegeben, dass der Privatkläger «aktuell gut durchschlafe» und dabei wissentlich nicht erwähnt hätten, dass dies nur mit Medikamenten möglich sei. «Sollten diese nicht erwähnt worden sein, handelt es sich dabei um ein maximales Versehen. Aber wir haben darüber gesprochen, das ist auch so im Gutachten festgehalten.»
9.37 Uhr
Wie lange dauerte die Untersuchung?
Die ganze Untersuchung habe nur rund zwischen 35 und 45 Minuten gedauert, heisst es in der Anklageschrift. Das genüge den Anforderungen klar nicht. «Die reine Zahl ist dafür nicht geeignet, das hängt auch von der Komplexität des Falles ab», sagt der Psychiater. Das Sozialgericht habe in solchen Fällen auch schon ziemlich klare Urteile gefällt. Den Vorwurf, dass dies den Anforderungen nicht genüge, weist der Psychiater klar zurück. «Auch das wurde von anderen Instanzen, namentlich dem Sozialgericht, klar bejaht.»
9.30 Uhr
Wie lief die Vorbereitung ab?
Der Privatkläger sei seit 2012 arbeitsuntauglich geschrieben worden und 2013 zu besagtem Untersuch aufgeboten worden, sagt der Richter. Er will wissen, wie genau sich der Psychiater auf den Untersuch vorbereitet habe. «Das ist jetzt 12 Jahre her, im Detail sind solche Angaben nicht möglich», sagt der Psychiater. Er habe aber im Vorfeld die Akten studiert, die Geschichte angeschaut. Wie viel Zeit das in Anspruch nehme, sei jeweils von der Komplexität des Falles und weiteren Faktoren abhängig. «Es gibt Fälle, da erhält man gar keine Informationen. Manchmal erhält man 2500 Seiten Akten, da dauert die Vorbereitung mehrere Tage», gibt der Psychiater Einblick.
9.28 Uhr
Für Gutachten beauftragt
Nun geht es um die Sache. Gutachten verfasse er seit Beginn seiner ärztlichen Tätigkeit durchgehend, sagt der Psychiater. Gutachten gehörten auch zur Ausbildung als Psychiater, antwortet er auf die Fragen des Richters. Er habe sich dann auch privat weitergebildet. Er sei selbstständig gewesen und von der PMEDA für Gutachten beauftragt worden – deshalb sei er auch in die Schweiz gekommen.
9.21 Uhr
«Bin natürlich aufgeregt»
Das Gericht hat entschieden, dass das Verfahren fortgeführt wird – gegen beide Beschuldigte. Nun geht die Einvernahme des 52-jährigen Psychiaters los. «Ich bin natürlich aufgeregt. Es hängt doch einiges an der heutigen Verhandlung», sagt er. Fragen zu seiner Person will er heute nicht beantworten, «aufgrund des medialen Interesses». Er habe bereits im Voraus zahlreiche Angaben schriftlich eingereicht. Auf diese verweist er nun bei sämtlichen Fragen des Richters.
9.14 Uhr
Erste Verhandlungsunterbrechung
Der Rechtsanwalt des Privatklägers will wissen, ob die Aussage, dass das rechtliche Gehör nicht verletzt werde, unwiderruflich sei. Der Anwalt des PMEDA-Gründers bejaht dies. Das Gericht unterbricht die Verhandlung.
9.11 Uhr
«Hätten die Verweigerung der Aussage empfohlen»
Der Rechtsanwalt des Firmengründers sagt, auch für den 72-Jährigen sei das Verfahren eine grosse Belastung. Er beantragt allerdings, die Verhandlungen nicht abzutrennen. «Wir hätten unserem Klienten sowieso empfohlen, die Aussage zu verweigern.» Der Richter fragt nach, ob der Anwalt dann das rechtliche Gehör nicht verletzt sehe. «Ich denke nicht.»
9.08 Uhr
Verfahren soll abgetrennt werden
Der Richter erklärt, dass das Verfahren bereits seit sieben Jahren andauert. Der Gründer der Firma sei bereits beim letzten Termin aufgrund medizinischer Gründe entschuldigt gewesen. Deshalb wolle das Gericht das Verfahren gegen den Gründer abtrennen – damit das Verfahren gegen den anwesenden Psychiater fortgeführt werden kann.
9.03 Uhr
Prozess beginnt
Der vorsitzende Richter eröffnet den Prozess. Der jüngere der beiden Ärzte ist vor Ort, der Gründer der Firma ist nicht anwesend – aus medizinischen Gründen, wie der Richter mitteilt.
Zwei ehemalige IV-Gutachter der umstrittenen Firma PMEDA müssen sich in Zürich wegen Betrug und Urkundenfälschung verantworten. Sie sollen einen arbeitsunfähigen Mann zu Unrecht für gesund erklärt haben.
Die Staatsanwaltschaft fordert happige Strafen für die beiden Deutschen, wie die Anklageschrift zeigt. Sie sollen Landesverweisungen und Tätigkeitsverbote kassieren.
Für den jüngeren der beiden Ärzte, einen 52-jährigen Psychiater, fordert die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und eine Busse über 10'000 Franken. Ein Jahr der Freiheitsstrafe soll er absitzen, der Rest würde mit einer zweijährigen Probezeit belegt.
Der Gründer der Firma, ein 72-jähriger Neurologe, soll eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren erhalten sowie eine Busse über 5000 Franken. Auch für seine Freiheitsstrafe würde eine Probezeit von zwei Jahren gelten.
IV-Stellen bestellten Gutachten über 14 Millionen Franken
Beide Personen sollen zudem für fünf Jahre des Landes verwiesen werden, fordert die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift.
Die Ereignisse gehen auf das Jahr 2013 zurück. PMEDA fertigte ein psychiatrisches Gutachten über einen krankgeschriebenen Arbeitnehmer an. Die Ärzte attestierten diesem, gesund zu sein. Der Mann nahm die Gespräche auf, was ihm ein eigenes, noch hängiges Strafverfahren, einbrockte. Die Aufnahmen leitete er später dem «Kassensturz» weiter.
Wie sich später zeigte, gehörte die PMEDA mindestens in den Jahren 2013 bis 2018 zu den grossen Mitspielern auf dem Markt. Die Schweizer IV-Stellen bestellten in den sechs Jahren bei der PMEDA Gutachten für über 14 Millionen Franken.
Bund beendete Zusammenarbeit
In der Anklageschrift heisst es, dass die Arbeit der Ärzte im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung des Patienten «in keiner Weise genügte» und Falschaussagen beinhalte. Zusätzlich zum Betrug sollen die beiden Beschuldigten wegen Urkundenfälschung belangt werden. Für sie gilt die Unschuldsvermutung. Gegenüber SRF teilte der 52-Jährige im Januar mit, sicher nicht bewusst falsche Angaben gemacht zu haben.
Der Firma wurde immer wieder für fehlerhafte Gutachten kritisiert. 2023 ging sie in Liquidation. Zuvor hatte das Bundesamt für Sozialversicherungen die Zusammenarbeit aufgekündigt.