Terrorismus Ja zu präventiven Massnahmen gegen Gefährder

SDA

8.11.2019 - 16:27

Hausarrest mit Fussfesseln: Das sieht der Bundesrat als mögliche Massnahme für terroristische Gefährder vor. Nach dem Willen der Ständeratskommission könnte die Massnahme immer wieder verlängert werden. (Symbolbild)
Hausarrest mit Fussfesseln: Das sieht der Bundesrat als mögliche Massnahme für terroristische Gefährder vor. Nach dem Willen der Ständeratskommission könnte die Massnahme immer wieder verlängert werden. (Symbolbild)
Source: Keystone/DPA/JULIAN STRATENSCHULTE

Die Behörden sollen terroristische Gefährder unter Hausarrest stellen können. Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates (SiK) ist damit einverstanden – und will weiter gehen als der Bundesrat: Die Massnahme soll immer wieder verlängert werden können.

Zur Bekämpfung des Terrorismus hat der Bundesrat dem Parlament zwei Gesetzesvorlagen vorgelegt. Die eine soll die Verfolgung terroristischer Straftaten erleichtern, die andere sieht präventive Massnahmen vor. Die Ständeratskommission hat beide Vorlagen einstimmig gutgeheissen, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten.

Die präventiven Massnahmen sollen zum einen dann greifen, wenn die Hinweise zur Eröffnung eines Strafverfahrens nicht ausreichen. Zum anderen sollen sie den Behörden ermöglichen, jemanden nach der Entlassung aus dem Gefängnis weiterhin unter Kontrolle zu haben.

Konkrete Anhaltspunkte

Als terroristische Gefährder gelten Personen gemäss dem Gesetz dann, wenn aufgrund konkreter und aktueller Anhaltspunkte davon ausgegangen werden muss, dass sie eine terroristische Aktivität ausüben werden.

Als solche gelten Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderung der staatlichen Ordnung, die durch die Begehung oder Androhung von schweren Straftaten oder mit der Verbreitung von Furcht und Schrecken verwirklicht oder begünstigt werden sollen. Wer als Gefährder eingestuft wird, entscheidet das Bundesamt für Polizei (fedpol) gemeinsam mit den Kantonen und dem Nachrichtendienst.

Von Meldepflicht bis Hausarrest

Vorgesehen ist eine Kaskade von Massnahmen. So sollen die Behörden verfügen können, dass sich jemand regelmässig bei der Polizei meldet. Genügt das nicht, könnten sie dem Betroffenen den Kontakt zu einer bestimmten Gruppierung oder den Zugang zu einem bestimmten Gebiet verbieten. Als letztes Mittel soll – mit richterlicher Genehmigung – Hausarrest angeordnet werden können.

Geht es nach dem Bundesrat, soll die Massnahme auf drei Monate begrenzt sein und höchstens zwei Mal um drei Monate verlängert werden können. Die Obergrenze läge damit bei neun Monaten. Die SiK will keine Begrenzung: Nach ihrem Willen soll die Massnahme beliebig oft verlängert werden können. Das beschloss die SiK einstimmig.

Verfügung anfechtbar

Die Rechtsstaatlichkeit bleibe gewahrt, weil die betroffene Person die Verfügung jeweils anfechte könnte und somit auch immer höhere Anforderungen an die Verhältnismässigkeit erfüllt werden müssten, argumentiert die Kommission.

Auch bei den anderen präventiven Massnahmen, die auf sechs Monate begrenzt sind, und nach dem Willen des Bundesrates nur einmal verlängert werden könnten, will die Kommission eine wiederholte Verlängerung um sechs Monate ermöglichen.

Ausnahme nur aus medizinischen Gründen

Weiter beantragt die Kommission mit 4 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen, dass das Bundesamt für Polizei (fedpol) Ausnahmen vom Hausarrest nur aus medizinischen Gründen bewilligen kann. Der Bundesrat sieht weitere Ausnahmegründe vor.

Der Ruf nach präventiv-polizeilichen Massnahmen war vor allem im Zusammenhang mit drei Irakern laut geworden, die ihre Strafe abgesessen hatten, aber immer noch als gefährlich eingestuft wurden und nicht ausgeschafft werden konnten.

Härtere Strafen

Auch im Strafrecht sind Verschärfungen geplant. Die SiK hat sich dafür ausgesprochen, das Strafmass sowohl für kriminelle als auch für terroristische Organisationen auf bis zu zehn Jahre festzulegen. Der Entwurf des Bundesrates sieht ein unterschiedliches Strafmass vor. Aus Sicht der Kommission würde dies aber in der Auslegung zu Unklarheiten führen.

Strafbar ist schon die blosse Beteiligung an einer kriminellen oder terroristischen Organisation sowie deren Unterstützung. Die Beteiligung muss sich durch eine Handlung manifestieren, die nicht kriminell zu sein braucht.

Bestimmung klarer fassen

Im Zentrum der Strafrechtsvorlage steht eine neue Strafbestimmung, die das Anwerben, die Ausbildung sowie das Reisen für terroristische Zwecke unter Strafe stellt. Finanzierungshandlungen fallen ebenfalls darunter. Heute gibt es Bestimmungen dazu in einem befristeten Gesetz. Nun sollen diese auf eine ständige Rechtsgrundlage gestellt und klarer gefasst werden.

Nicht unter die strafbare Anwerbung fällt die Rechtfertigung oder Glorifizierung von Terrororganisationen. Dagegen kann der Antritt einer Reise bereits genügen. Dass die Person am Bestimmungsort ankommt, ist nicht notwendig. Weiter will der Bundesrat die internationale Zusammenarbeit verstärken. Damit ist die SiK ebenfalls einverstanden.

Gegen Verbot von «Lies!»

Die Kommission befasste sich auch mit Motionen zum Terrorismus. Dabei sprach sie sich dagegen aus, die salafistische Organisation «Lies!» zu verbieten, die in Schweizer Städten Korane verteilt.

Sie beantragt ihrem Rat mit 6 zu 1 Stimmen bei 4 Enthaltungen, eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat abzulehnen. Über andere Vorstösse will sie erst entscheiden, wenn die Beratungen zu den Gesetzesvorlagen abgeschlossen sind.

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