Die Schweiz kann neue Kampfflugzeuge kaufen. Das Stimmvolk hat der 6 Milliarden Franken schweren Beschaffung am Sonntag hauchdünn mit 50,1 Prozent Ja-Stimmen zugestimmt.
Nach Angaben der Kantone gaben knapp 9000 Stimmen den Ausschlag. Rund 1'606'000 Ja-Stimmen standen 1'597'000 Nein-Stimmen gegenüber. Die Stimmbeteiligung lag demnach bei 58,7 Prozent.
Die Umfragen hatten ein deutlicheres Ergebnis erwarten lassen: Anfang September wollten 56 Prozent der Stimmberechtigten zustimmen. Alle bürgerlichen Parteien sprachen sich für die Beschaffung aus. Das Referendum ergriffen hatten SP und Grüne zusammen mit der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (Gsoa).
«Pandemie-Effekt»
Das Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Lager dauerte den ganzen Sonntagnachmittag. Erst um 17 Uhr war klar, dass sich die Befürworter durchgesetzt hatten. Das Resultat offenbarte einen deutlichen Röstigraben: Mit Ausnahme des Wallis sagten alle Westschweizer Kantone Nein zu den Kampfjets, ebenso das Tessin und beide Basel. Im Kanton Jura fiel die Ablehnung mit 68,9 Prozent am deutlichsten aus.
«Es ist ein Ja», bilanzierte Verteidigungsministerin Viola Amherd vor den Bundeshausmedien. Obwohl fast die Hälfte der Stimmenden Nein zu den Kampfjets gesagt hat, will sie den eingeschlagenen Kurs nicht ändern. Die Evaluation ist derzeit in der Endphase, Mitte nächsten Jahres will der Bundesrat den Typenentscheid fällen. Den vorgesehenen Zahlungsrahmen will Amherd nicht kürzen. Die Mehrheit habe dazu Ja gesagt, erklärte sie.
Das knappe Resultat hatte Befürworter und Gegner überrascht. In einer ersten Analyse vermutete Lukas Golder von gfs.bern gegenüber Fernsehen SRF einen «Pandemie-Effekt». In der Corona-Krise hätten möglicherweise finanzpolitische Bedenken eine Rolle gespielt.
Nur ein Grundsatzentscheid
Anders als bei der gescheiterten Gripen-Beschaffung 2014 fällte das Stimmvolk nur einen Grundsatzentscheid. Mit dem Planungsbeschluss wird der Bundesrat beauftragt, bis 2030 neue Kampfflugzeuge zu beschaffen. Dafür darf er höchstens 6 Milliarden Franken ausgeben. Das Geld dafür stammt aus dem Armeebudget, das schrittweise erhöht wird. 60 Prozent des Vertragsvolumens müssen durch Gegengeschäfte in der Schweiz kompensiert werden.
Über den Flugzeugtyp wurde nicht abgestimmt. Die Kandidaten sind jedoch bekannt. Im Rennen sind zwei Flugzeuge aus den USA, der F-35 von Lockheed Martin und der F/A-18 Super Hornet von Boeing. Ebenfalls evaluiert werden der Rafale des französischen Herstellers Dassault und das Airbus-Flugzeug Eurofighter. Zum gewählten Flugzeugtyp kann sich das Stimmvolk nicht mehr äussern.
Die ersten Jets sollen etwa 2025 in Dienst gestellt werden, 2030 soll die Beschaffung abgeschlossen sein. Parallel dazu werden die F/A-18 und die letzten Tiger ausser Dienst gestellt.
Umstrittene Offset-Geschäfte
Die Gegner hatten die hohen Kosten für die Kampfjets ins Feld geführt. Nach ihren Berechnungen belaufen sich diese über die gesamte Lebensdauer hinweg auf 24 Milliarden Franken.
Sie halten moderne Kampfflugzeuge aber ohnehin für unnötig und überholt. SP und Grüne wären allenfalls bereit gewesen, für einen Bruchteil der Kosten Trainingsflugzeuge zu kaufen, die einen Teil der Aufgaben übernehmen könnten. Mit dem knappen Resultat dürfte die Forderung wieder Aufwind erhalten.
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