Schweizer Sozial-Studie Jeder vierte Jugendliche ohne fremde Wurzeln ist gegen Ausländer

SDA/phi

6.11.2018

«Patriotischer» Aufmarsch von Neo-Nazis am 5. August 2012 auf dem Rütli: Junge Rechtsextreme gibt es (unter den Teilnehmern der Umfrage einer Studie) hierzulande selten.
«Patriotischer» Aufmarsch von Neo-Nazis am 5. August 2012 auf dem Rütli: Junge Rechtsextreme gibt es (unter den Teilnehmern der Umfrage einer Studie) hierzulande selten.
Keystone

Eine Studie hat unter die Lupe genommen, wie extremistisch Schweizer Jugendliche eingestellt sind. Das Ergebnis: Radikal sind nur wenige, intolerant dafür mehr. 

Gewisse linksextreme Ideologien wie eine kapitalismusfeindliche Einstellung finden unter Schweizer Jugendlichen hohe Zustimmung. Nur eine Minderheit befürwortet jedoch Kommunismus und linksextreme Gewalt. Zu diesem Schluss kommt eine Umfrage der ZHAW und der HETS-FR mit rund 8'300 Jugendlichen. 

Fast jeder zweite Jugendliche ist dem Kapitalismus gegenüber feindlich eingestellt, rund jeder fünfte auch gegenüber Polizei und Staat. Andere Aspekte einer linksextremen Ideologie finden jedoch deutlich weniger Zuspruch bei jungen Schweizern. Gewalt als Mittel lehnt die grosse Mehrheit jedoch ab. Dieses Muster findet sich auch bei rechtsextrem oder islamistisch eingestellten jungen Leuten.

Gut 8300 Jugendliche befragt

Zu diesem Schluss kommt die Studie «Verbreitung extremistischer Einstellungen und Verhaltensweisen unter Jugendlichen in der Schweiz» der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und der Haute École de Travail Social Fribourg (HETS-FR). Die Umfrage unter 8317 Jugendlichen im Alter von 17 bis 18 Jahren in zehn Kantonen zeigt, dass Linksextremismus unter Jugendlichen in der Schweiz verbreiteter ist als Rechtsextremismus oder Islamismus. 

Unter Jugendlichen ohne fremde Wurzeln sind 7 Prozent rechts, während von muslimischen Jugendlichen 2,6 Prozent zu den Islamisten zählen.
Unter Jugendlichen ohne fremde Wurzeln sind 7 Prozent rechts, während von muslimischen Jugendlichen 2,6 Prozent zu den Islamisten zählen.
Keystone

Trotz der hohen Ablehnung gegenüber Kapitalismus (47,1 Prozent), Polizei und Staat (21,7 Prozent) unter allen befragten Jugendlichen, befürworten nur 5,6 Prozent den Kommunismus und 8,1 Prozent Gewalt gegen Polizisten. Insgesamt können 7 Prozent aller Studienteilnehmenden als linksextrem eingestellt gelten. Tatsächlich linksextreme Gewalt verübt hatten dabei nur 4,4 Prozent in den zurückliegenden zwölf Monaten.

Jeder Vierte gegen Ausländer

Als rechtsextrem einzustufen sind der Studie zufolge knapp sechs Prozent der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund, die knapp die Hälfte der Befragten ausmachten. Die Auswertungen zu Rechtsextremismus bezogen sich nur auf diese Gruppe, da diese Form des politischen Extremismus aus Sicht der Einheimischen die eigene Gruppe aufwertet und verschiedene Zuwanderergruppen abwertet, wie es im Bericht heisst.

Autonome bei einer Demonstration in Zürich 2011.
Autonome bei einer Demonstration in Zürich 2011.
Keystone

Unter den Jugendlichen ohne Migrationshintergrund fand sich bei jedem Vierten eine ausländerfeindliche Einstellung. 21,1 Prozent waren nationalistisch eingestellt, hiess es weiter. Gewalt gegen Ausländer befürworteten aber nur 4,8 Prozent, 5,4 Prozent waren für eine Diktatur. Gewalt oder Sachbeschädigung gegenüber Ausländern oder Linksextremen hatten jedoch nur 2,6 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten verübt.

Wenig Schweizerfeindlichkeit

Unter den muslimischen Jugendlichen gelten nur 2,7 Prozent als islamistisch extrem eingestellt, jedoch sind 43 Prozent der Jugendlichen gegenüber westlichen Gesellschaften abwertend eingestellt: «Aus ihrer Sicht werden Muslime durch den Westen unterdrückt und die Ausbeutung durch die westliche Welt ist in ihren Augen verantwortlich für Gewalt und Krieg in den islamischen Ländern», erklärt Dirk Baier von der ZHAW zitieren.

28,8 Prozent der befragten Muslimen zeigten sich ausserdem feindlich gegenüber nicht-traditionellen Muslimen. Eine Schweizerfeindlichkeit stellten die Forschenden allerdings nur bei 3,7 Prozent fest, eine Gewaltbereitschaft gegenüber nichttraditionellen Muslimen nur bei 5,1 Prozent.

Als Extremismusdefinition verwendete die Studie Einstellungen und Verhaltensweisen, die sich durch Ablehnung des demokratischen Verfassungsstaats auszeichnen und anstreben, diesen auch durch Gewalt zu überwinden und eine andere politische Ordnung zu ersetzen.

Da die zehn einbezogenen Kantone jedoch bewusst ausgewählt wurden und es zahlreiche Absagen von Schulen gab, an der Befragung teilzunehmen, könnten die Ergebnisse allerdings nicht ohne Weiteres auf die gesamte Schweiz verallgemeinert werden, heisst es im Bericht.

Bilder der Schweiz:

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