Sicherheitslücke Jugendlicher konnte unbemerkt aufs Bundeshaus klettern

gbi

15.5.2023

Die Schweizerfahne weht auf dem Dach des Bundeshauses in Bern.
Die Schweizerfahne weht auf dem Dach des Bundeshauses in Bern.
Archivbild: Keystone

Ein Jugendlicher konnte am Wochenende unbemerkt auf das Bundeshaus-Dach gelangen. Der Vorfall wirft auch Fragen zur Sicherung des Parlamentsgebäudes auf.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ein Jugendlicher habe am Wochenende zum Spass das Dach des Bundeshauses in Bern erklommen, melden verschiedene Medien.
  • Dieses sogenannte Roofing ist verboten – und lebensgefährlich.
  • Dem Teenager droht eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs oder wegen Sachbeschädigung, teilt die Bundespolizei Fedpol mit.
  • Der Vorfall wirft auch die Frage auf, ob die Sicherheitsvorkehrungen am Bundeshaus genug scharf sind.

Das sogenannte Roofing ist ein problematischer Trend. Zum einen ist diese Tätigkeit illegal. Zum anderen lebensgefährlich.

Um sich auf den sozialen Medien in Szene zu setzen, erklimmen vornehmlich junge Anhänger dieses Trends auf Gebäude, Baukräne und andere hoch gelegene Aussichtspunkte und stellen die Aufnahmen davon ins Netz.

Ein Roofer hat am Wochenende das Dach des Bundeshauses in Bern erklommen. Das melden am Montag verschiedene Medienportale wie «Nau.ch» oder der «Tages-Anzeiger». Den Berichten zufolge handelte es sich um einen 18-jährigen Berner. blue News verzichtet bewusst auf nähere Angaben zu seiner Kletteraktion oder seinen Beweggründen.

Die Bundespolizei (Fedpol), die für die Sicherung des Bundeshauses zuständig ist, bestätigt auf Anfrage von blue News, man habe Kenntnis von dem Video. «Weitere Abklärungen zum Vorfall sind im Gang», schreibt die Fedpol-Medienstelle. Das Fedpol stehe diesbezüglich auch mit den Parlamentsdiensten im Austausch – und mit dem Bundesamt für Bauten und Logistik, da es vor dem Bundeshaus eine Baustelle gebe. 

Aktuell stelle der Bundessicherheitsdienst (BSD) sämtliche vorhandenen Fakten zum Ereignis zusammen. «Wer war beteiligt? Wie und wann geschah was? Diese und weitere Fragen müssen geklärt werden», schreibt das Fedpol.

Durch das Erklimmen des Bundeshauses könnte sich der junge Mann grundsätzlich des Hausfriedensbruchs und der Sachbeschädigung strafbar gemacht haben, so das Fedpol weiter.

Erinnerungen an Evakuierungs-Aktion

Der Fall wirft auch die Frage auf, ob die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Bundeshaus angepasst werden müssten. Diese hatten erst im Februar zu reden gegeben, als ein Mann in Kampfmontur sein Auto auf dem Bundesplatz abgestellt und versucht hatte, in das Parlamentsgebäude zu gelangen. Das Bundeshaus musste deswegen evakuiert werden. Mehrere Parlamentsmitglieder kritisierten im Nachgang das Notfall-Prozedere. Ständeratspräsidentin Brigitte Häberli-Koller (Mitte/TG) arbeitete sogar in ihrem Büro weiter, ohne etwas von der Evakuierung mitzubekommen.

Es habe «ewig» gedauert, bis alle Personen aus dem Gebäude gebracht worden seien, monierte Ständerat Andrea Caroni (AR/FDP). «Als wir evakuiert wurden, liessen uns die Türen nur einzeln raus, also sehr, sehr langsam. Und als alle draussen waren, haben wir uns zusammen auf dem Platz versammelt, ohne jeglichen Schutz», sagte er etwa zu RTS.

Auch die Aargauer SVP-Nationalrätin Stefanie Heimgartner hielt in einer Fragestunde im Parlament fest: «Die Evakuierung der drei Gebäude verlief langsam und schlecht koordiniert. Die Evakuierten mussten alle durch die gleiche Tür und standen dann unbeaufsichtigt hinter dem Bundeshaus.»

Das Fedpol schreibt auf Anfrage, die Erkenntnisse der Analyse würden «in aktuelle Lagebeurteilungen» miteinfliessen. «Die Sicherheitsmassnahmen auf und rund um das Bundeshaus werden laufend evaluiert und in Absprache mit den beteiligten Stellen gegebenenfalls angepasst.»

Aus heutiger Sicht habe zwar keine Gefahr für Dritte oder Parlamentarierinnen und Parlamentarier bestanden. «Dennoch muss es aus Sicht von Fedpol das Ziel sein, dass solche oder ähnliche Aktionen künftig nicht mehr möglich sind.»

«Stille Evakuierung» hat sich nicht bewährt

Die Verwaltungsdelegation des Parlaments hat bereits im Nachgang zur Evakuierung entschieden, dass eine externe Firma die Notfallorganisation im Parlamentsgebäude überprüfen solle.

Erste Anpassungen am Sicherheitskonzept haben die Parlamentsdienste im Februar schon mitgeteilt: In einem künftigen Evakuierungsfall würden – wenn nicht gerade Sessionsbetrieb herrsche – die Alarmhörner eingesetzt. Die «stille Evakuierung» des Parlamentsgebäudes im Februar hätte Panik vermeiden sollen, habe sich aber «rückblickend nicht bewährt», heisst es in einer Mitteilung der Verwaltungsdelegation. 

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