Mitgliederboom bei ParteienPandemie politisiert viele junge Erwachsene
sda
13.4.2021 - 04:43
Die Corona-Pandemie lässt die Zahl von neuen Mitgliedern bei den Schweizer Jungparteien von links bis rechts in die Höhe schnellen. So verzeichneten alleine die Jungsozialist*innen zehnmal so viele Neumitglieder wie in einem normalen Jahr.
Keystone-SDA, sda
13.04.2021, 04:43
13.04.2021, 08:39
dor/SDA
Während der Pandemie konnten Jungparteien von links bis rechts unerwartet stark zulegen. Das geht aus einer Umfrage hervor, die die Tamedia-Zeitungen am Dienstag veröffentlicht haben. Die Jungsozialist*innen, die Junge SVP, die Junge Mitte und die Jungfreisinnigen verzeichneten in den letzten Monaten deutlich mehr neue Mitglieder. «Wir spüren einen starken Zuwachs seit Beginn der Corona-Pandemie», zitieren die Zeitungen Juso-Chefin Ronja Jansen.
Allein 750 neue Mitglieder zählten die Jungsozialisten im letzten Jahr – ein Plus von 10 Prozent. Gewöhnlich sind es pro Jahr nur 1 Prozent. Jansen führt die Zunahme auf wachsende Ungleichheiten zurück und den Wunsch vieler junger Menschen, dies zu ändern.
Die Junge Mitte ist um 530 Mitglieder gewachsen, was einer Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Für deren Präsidentin, Sarah Bünter, hat das mit der eignen, lösungsorientierten Politik zu tun.
Stark zulegen konnten auch die Jungfreisinnigen. Seit Jahresbeginn meldeten sich 300 neue Mitglieder an. Das ist so viel wie gewöhnlich in einem ganzen Jahr. Die Junge SVP hat ihrerseits Hunderte von neuen Mitgliedern verzeichnet, wie sie mitteilte.
Die Nachwuchs-Organisationen der Umweltparteien konnten ihr Wachstum aus dem Klimajahr 2019 nicht ganz halten. Die Jungen Grünen zählten im letzten Jahr 737 neue Mitglieder nach 913 Neuzugängen im Vorjahr. Bei der Jungen GLP waren es 673 (Vorjahr 1173) Eintritte.
Der Umschwung kommt überraschend, wollten sich in den vergangenen Jahren doch immer weniger junge Menschen in Parteien engagieren. Dem Politikwissenschaftler Lukas Golder zufolge haben viele Junge durch die Pandemie erst realisiert, wie Politik überhaupt funktioniert. Beinahe in Echtzeit hätten sie erfahren, wie Politikerinnen und Politiker auf die Probleme der Zeit reagieren, sagte Golder in dem Bericht. In ihnen rege sich der Wunsch, mitzugestalten. Es bleibe allerdings abzuwarten, wie nachhaltig der Aufwärtstrend sei, sagte Golder weiter.
Der Leiter des Markt- und Meinungsforschungsinstituts GFS Bern hat zudem ausgemacht, dass die Generation Z – anders als die Generation Y – politisch sei. Die Jungen hätten das Smartphone «verinnerlicht», so Golder: «Wie man sich auf Instagram zeigt, so geht man auf die Strasse und sagt seine Meinung.» Weiterhin schrecken laut Golder viele vom Beitritt in eine Partei zurück, doch die Hürden seien nicht mehr ganz so hoch. Er vermutet, dass viele Junge gemerkt haben, dass spontanes Engagement nicht sehr nachhaltig ist, wenn es darum geht, die Potenziale der direkten Demokratie zu nutzen.